Keine Ermittlungen nach rechter Bedrohung gegen Ratsherren

Der BIBS-Ratsherr ist kein Einzelfall.

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Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Braunschweig. BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum ist besorgt. Seit Monaten wird er von nächtlichen Terroranrufen heimgesucht. Auch vor seinem familiären Umfeld und seinem Privateigentum macht der Unruhestifter keinen Halt. Peter Rosenbaum glaubt zu wissen, wer für die Angriffe - zumindest zum Teil - verantwortlich ist. Und auch die Staatsanwaltschaft ist darüber informiert, sieht aber von rechtlichen Schritten gegen den mutmaßlichen Täter, der der rechtsextremen Szene angehören soll, ab.


Seit Februar läutet des Nachts das Telefon im Hause Rosenbaum. "Meist mit nur Klingelnlassen, aber auch mit beängstigendem Geraunze, Tiergeräuschen oder auch Messerwetzen", berichtet Peter Rosenbaum gegenüber regionalHeute.de. Und damit nicht genug: Auch mehrere Autoreifen seien zerstochen und die Stolpersteine vor seinem Haus mehrmals mit Nazi-Aufklebern geschändet worden. Zudem sei es zu offensichtlichen Beobachtungsszenarien des Wohnhauses der Familie gekommen, berichtet Rosenbaum weiter. 2018 wurde Rosenbaum von acht Anhängern der rechtsextremen Szene daheim "besucht". Sie hinterließen einen Flyer mit der Aufschrift "wir hängen nicht nur Plakate." Aus Rosenbaums damaliger Sicht eine klare Morddrohung. Auch den Brandanschlag auf das Antifaschistische Café in der Eichtalstraße im März ordnet Rosenbaum dem rechten Spektrum zu.

BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum.
BIBS-Ratsherr Peter Rosenbaum. Foto: Alexander Dontscheff



Peter Rosenbaum spricht von hunderten von nächtlichen Anrufen, die ihn und seine Familie seit Februar um Schlaf und Frieden bringen. Daher wurde er selbst aktiv und hat eine Fangschaltung für seinen privaten Telefonanschluss in Auftrag gegeben. "Nach unserer Beauftragung einer Fangschaltung konnten für die Zeit zwischen dem 24. Februar und 9. März acht Anrufe vom Telefonanbieter dokumentiert werden - die vielen Weiteren mit nur klingeln lassen werden nicht gefangen. Zwei Namen der Anrufer wurden mir mitgeteilt und wir haben das an die Polizei/Abteilung Staatsschutz weitergegeben. Staatsschutz deswegen, weil uns zusätzlich ab dem 18.Februar fünf Reifen zerstochen worden sind und zeitgleich auch der Stolperstein mit Nazi-Aufklebern mehrfach geschändet wurden", so Peter Rosenbaum.

Ermittlungen eingestellt


Die Staatsanwaltschaft habe dann wohl die polizeilichen Ermittlungen übernommen. Von der Staatsanwaltschaft Braunschweig erhielt Rosenbaum nun kürzlich die Mitteilung, dass deren Ermittlungen ergeben hätten, dass einige Anrufe dem Handy eines stadtbekannten Nazis zugeordnet werden konnten. "Trotzdem wurde von weiteren Ermittlungen und Erhebung öffentlicher Anklage seitens der Staatsanwaltschaft abgesehen. Mir bleibe es aber überlassen, Privatklage gegen den Beschuldigten vor dem zuständigen Amtsgericht zu erheben, so die Mitteilung der Staatsanwaltschaft", erklärt Peter Rosenbaum und kann nicht nachvollziehen, dass die Staatsanwaltschaft keine weiteren Ermittlungen anstrebt. "Strafrechtliche Schritte wurden von uns nunmehr auch auf die bekanntgewordenen Personen eingeleitet - vorher immer nur gegen Unbekannt", so der BIBS-Ratsherr.


Die Staatsanwaltschaft Braunschweig bestätigt den Fall auf Nachfrage von regionalHeute.de, macht aber deutlich, dass es nicht genügend Beweise gegen den Beschuldigten gebe, die ein weiteres Ermittlungsverfahren rechtfertigen würden. "Es ist richtig, dass aufgrund einer Strafanzeige des Ratsherrn Peter Rosenbaum ein Ermittlungsverfahren wegen Bedrohung gegen einen 29-jährigen Braunschweiger geführt wurde, der bereits in der Vergangenheit wegen Straftaten im Zusammenhang mit seiner mutmaßlich rechten Gesinnung auffällig geworden ist. Gegenstand der Ermittlungen waren Drohanrufe, die beim Anzeigeerstatter eingegangen sind. Durch eine Fangschaltung, die allerdings erst nach den verfahrensgegenständlichen Drohanrufen installiert worden ist, konnte bei weiteren Anrufen eine dem Beschuldigten zuzuordnende Rufnummer festgestellt werden. Dieser Umstand allein reichte aber nicht aus, um dem Beschuldigten auch die früheren Drohanrufe zweifelsfrei zuordnen zu können. Im Ergebnis konnte nicht nachgewiesen werden, dass es sich bei dem Anrufer, der die Drohungen ausgestoßen hatte, um den Beschuldigten gehandelt hat. Das Ermittlungsverfahren ist deshalb gem. § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden", macht Christian Wolters, Erster Staatsanwalt und Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, gegenüber regionalHeute.de deutlich.

Kein Einzelfall


Peter Rosenbaum hat sich mit den Vorfällen nicht nur an Polizei, Staatsschutz und Medien gewandt. Auch die Stadt Braunschweig und Oberbürgermeister Ulrich Markurth hat er über die Vorfälle informiert und um ein klärendes Gespräch gebeten. Aus Rosenbaums Sicht sollten die Drohungen ausgesprochen ernst genommen werden. Er bittet sogar um behördlichen Schutz. "Der Oberbürgermeister hat sich noch nicht gerührt. Es geht hierbei natürlich auch um die in letzter Zeit laut verkündeten Maßnahmen zum Schutz von Mandatsträger", so Rosenbaum.

Peter Rosenbaum ist nicht der erste Mandatsträger, der Opfer von Übergriffen geworden ist. Im Oktober des vergangenen Jahres wurde der Ratsherr Maximilian Hahn von der Fraktion P2 auf dem Friedrich-Wilhelm-Platz von amtsbekannten Angehörigen der rechten Szene körperlich und verbal angegriffen.

Und auch "Bündnis gegen Rechts"-Sprecher David Janzen wurde in der Vergangenheit immer wieder Opfer von Übergriffen, die eine rechtsextreme Handschrift trugen.

Jüdischer Name und Arbeit gegen Rechts machen ihn zum Ziel


Darüber, warum ausgerechnet er immer wieder Ziel solcher, zumeist rechtsextremer, Übergriffe wird kann Peter Rosenbaum auch nur spekulieren. "Wahrscheinlich, weil wir rund um die BIBS für Nazis," Die Rechte", NPD und andere als Hindernis wahrgenommen werden, mit rechtem Gedankengut an die Zivilgesellschaft andocken zu können? Persönlich trage ich dann auch noch einen jüdischen Namen - der Stolperstein vor unserem Haus ist jedenfalls ständiges Angriffsziel für Überklebungen und offene antisemitische Parolen. Vielleicht bin ich, oder auch die BIBS, einfach im Wege, der Zivilgesellschaft mit völkischen Parolen näher zu kommen", versucht Rosenbaum zu erklären und gibt einige Beispiele, wie man sich gegen rechte Aktivitäten zur Wehr setzte. So seien Versammlungsanmeldungen beispielsweise am 9.11.2021, dem Datum der Reichspogromnacht um 18:18 (Anfangsbuchstaben Adolf Hitler) durch die schnelle Reaktion von Sebastian Wertmüller vom Braunschweiger Bündnis und Rosenbaum konterkariert werden. Ähnlich sei es dann bei einer weiteren Versammlungsanmeldung im vergangenen November gewesen- da sollte die Versammlung von 19:33 bis 19:45 Uhr stattfinden. "Solche Provokationen werden leider bei den Versammlungsbehörden nur "beraten" statt verboten, worüber wir uns im Verwaltungsausschuss ständig mit dem zuständigen Dezernenten streiten müssen", kritisiert Rosenbaum.

Angriffe und Bedrohungen gegen seine Person habe es in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben und hätten von "Rosenbaum mit der Eisenstange erschlagen" bis "Giftspritze für Rosenbaum" gereicht. Selbst in Online-Foren, in denen er selbst gar nicht schreibe. "Die jüngste Serie von Angriffen, Anrufen, immer anonym, sticht nun aber hervor", sagt Peter Rosenbaum


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