Braunschweig. Ohne deutschen Pass zur Wahlurne? Geht es nach der rot-grünen Landesregierung und der FDP, dann soll dies in Zukunft umgesetzt werden. So könnten die rund 175 000 derzeit im Land lebenden Ausländer aus Drittstaaten, künftig bei den Wahlen von Bürgermeistern, Kreistagen und Landräten mitbestimmen. Der Antrag verfolgt das Ziel, sich im Bundesrat mit anderen Bundesländern für die notwendige Änderung des Grundgesetzes einzusetzen. Nur die CDU stimmte im Landtag, gegen den Vorschlag. Wie sehen die Ratsfraktionen der Stadt Braunschweig das Vorhaben?
Dr. Wolfgang Büchs, BIBS-Fraktionsvorsitzender, sagte: "Die BIBS-Fraktion setzt sich schon immer für ein Kommunalwahlrecht auch für "Nicht-EU-Ausländer" ein, die länger in unserer Stadt leben. Die politische Teilhabe über Wahlen und Abstimmungen ist ein Kernelement unserer demokratischen Verfassung. Kommunales Wahlrecht ist wichtig für die ldentifikation der MigrantInnen mit dem Land, in dem sie leben und damit ein entscheidender Baustein für den Erfolg von lntegrationsprozessen."
Gerald Heere, Grüne, gab an: "Wir Grünen fordern schon seit langem das kommunale Wahlrecht für alle Einwohner/innen. Menschen, die in unserer Stadt dauerhaft leben, sollten auch politisch mitentscheiden dürfen! Das gilt auch für sog. „Drittstaatsangehörige“ ohne deutschen Pass, die nicht aus einem EU-Mitgliedsland stammen. Daher sind wir hocherfreut, dass sich der Niedersächsische Landtag mit den Stimmen von SPD, GRÜNEN und FDP unlängst für die Einführung dieses kommunalen Wahlrechts ausgesprochen hat.
Gerald Heere nahm Stellung für die Grünen. Foto: Bündnis 90 die Grünen
Als parlamentarischer Bremsklotz fungiert bei diesem Thema mittlerweile nur noch die CDU – und zwar auf allen Ebenen (Stadt, Land, Bund). Wir hoffen, dass die CDU diese Position nicht mehr lange aufrechterhalten kann und möglichst bald eines Besseren belehrt wird. Denn es ist absurd, zugewanderte Migrantinnen und Migranten immer wieder zur gesellschaftlichen Integration aufzufordern und
ihnen gleichzeitig die politische Partizipation zu verweigern!
Udo Sommerfeld begrüßt den eingeschlagenen Weg. Foto: Thorsten Raedlein
Auch Udo Sommerfeld ist dafür: "Ein Kommunalwahlrecht für Ausländer wird von der Linken schon seit langem gefordert. Daher begrüßen wir jeden Fortschritt in diese Richtung."
"Politische Teilhabe gehört nämlich auch zur Integration!"
Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann schließt sich den Vorrednern an: "Wir begrüßen es ausdrücklich, dass sich die niedersächsische Landesregierung dem Initiatior des Gesetzes-Entwurfes Rheinland-Pfalz und den Ländern Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg und Schleswig-Holstein anschliesst und somit auch dafür sorgt, dass wieder ein Teil des Piraten-Grundsatzprogramms umgesetzt wird.
Jens-Wolfhard Schicke-Uffmann äußerte sich für die Piratenfraktion. Foto: Piratenfraktion Braunschweig
Unsere europäischen Nachbarn sind da weiter: 12 Mitgliedstaaten der EU sowie insgesamt 45 Demokratien weltweit haben diese Forderung bereits umgesetzt. Auch die Beteiligung an weiteren politischen Prozessen, zum Beispiel Volksbegehren, -initiativen und -entscheiden etc. sollte unabhängig von der Staatsangehörigkeit möglich sein. Politische Teilhabe gehört nämlich auch zur Integration!"
Beteiligung stärken
Auch die SPD-Ratsfraktion in Braunschweig begrüßt die von SPD, Grünen und FDP beschlossene Initiative für ein kommunales Wahlrecht auch für Bürgerinnen und Bürger aus Nicht-EU Staaten. "Es ist gut, dass die Landesregierung sich nun für eine entsprechende Grundgesetzänderung einsetzt, damit die Einführung eines kommunalen Wahlrechts in Niedersachsen ermöglicht wird.
SPD-Unterbezirksvorsitzender, Christoph Bratmann findet klare Worte. Foto: Sina Rühland
Schließlich leben auch in Braunschweig mehrere tausend Bürgerinnen und Bürger aus sogenannten Drittstaaten, die bislang von politischer Teilhabe weitgehend ausgeschlossen sind. Ein kommunales Wahlrecht ist für diese Menschen, die zum Teil seit vielen Jahren hier leben, arbeiten und ihre Steuern zahlen, ein wichtiger Schritt zu politischer Partizipation. Integration funktioniert dann am besten, wenn man den Menschen die hier dauerhaft leben unabhängig von ihrer Herkunft ermöglicht, sich an der Gestaltung der Lebensverhältnisse in Braunschweig zu beteiligen", so Christoph Bratmann.
CDU kritisiert Vorhaben
Und die CDU? Sie ist anderer Meinung: Zum derzeit auf Landesebene mal wieder diskutierten Kommunalwahlrecht für Ausländer erläutert Klaus Wendroth, Vorsitzender der CDU-Fraktion im Rat der Stadt Braunschweig: "Alle Jahre wieder versucht die SPD in Niedersachsen ihre Inaktivität beim Thema Integration durch einen Vorstoß zum Kommunalwahlrecht für Ausländer zu kaschieren, doch diese Initiative ist aus mindestens zwei Gründen falsch: Erstens weiß die SPD genau, dass für die Einführungeines Wahlrechtes auf kommunaler Ebene auch für Ausländer eine Grundgesetzänderung mit zwei Dritteln der Stimmen im Bundestag notwendig wäre, CDU und CSU aber dagegen stimmen würden und diese Initiative deshalb zum Scheitern verurteilt ist.
Klaus Wendroth antwortete für die CDU-Ratsfraktion. Foto: CDU-Braunschweig
Vielmehr wird den Migrantinnen und Migranten suggeriert, als wenn das Kommunalwahlrecht eine reelle Chance auf Umsetzung hat. Und zweitens tun die Vertreter der SPD, genauso wie übrigens die Kollegen von den Grünen und von der FDP so, als wenn alle Probleme der Integrationspolitik mit dem Kommunalwahlrecht für Ausländer erledigt wären. Dem ist aber mit Nichten so und darüber hinaus gibt es triftige Gründe gegen diesen Vorstoß. Zum einen steht für die CDU am Ende eines gelungenen Integrationsprozesses die deutsche Staatsbürgerschaft. Mit ihr werden nicht nur einige Pflichten übernommen sondern man erhält auch zahlreiche Rechte, unter anderem das aktive sowie das passive Wahlrecht bei allen Wahlen. Und zum anderen würde durch ein Wahlrecht bei Kommunalwahlen eine tatsächliche Partizipation nur vorgegaukelt, denn bei Landtags-, Bundestags- und Europawahlen wäre der betroffene Personenkreis weiterhin ausgeschlossen. Abgesehen davon dürften Ausländer dann zwar alle fünf Jahre einmal an die Wahlurne treten und wählen, dürften aber nicht selbst kandidieren. Gerade im Hinblick auf die derzeitige Situation der vielen Flüchtlinge in unserem Land sollte die SPD aufhören den Menschen Sand in die Augen zu streuen, denn wir haben wichtigere Probleme als ein kommunales Wahlrecht für Ausländer!"
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