Konflikt-Kultur: Streiten will gelernt sein

von Sina Rühland




Braunschweig. Sich streiten kann jeder. Wie man sich jedoch richtig streitet und vor allem auch wieder verträgt, haben Studierende der Ostfalia Hochschule am Donnerstag anhand eines neuen Projektes erklärt. Eine spezielle Methode soll Kindern nun helfen, Konflikte zu lösen – das ,,Palaverzelt''.

Anlässlich des Internationalen Tages der Mediation haben Studierende der Ostfalia Hochschule innerhalb ihres Projektstudiums Mediation und Konfliktmanagement eine spezielle Methode für Kinder vorgestellt. Das Palaverzelt ist ein Konfliktlösungsritual, das Kinder bei schwierigen Auseinandersetzungen unterstützen soll. Julia Hesse, Gentiana Halili und Muhammed Acar wenden diesen Methode bereits seit einiger Zeit in unterschiedlichen Grundschulen und Kindertagesstätten an. Mit Erfolg, wie Initiator Prof. Dr. jur. Ansgar Marx, Professor für Zivilrecht, Familienrecht und Mediation, erklärt. Laut der Evaluation der bisher 800 erstellten Protokolle konnten die Mediatoren 91 Prozent der Streitfälle zielführend schlichten.

Konflikte sind ein Motor


Streitsituationen zwischen Kindern auf dem Schulhof, in der Kita oder in der Familie sind alltäglich. Es gibt Gerangel um den Ball, die Reihenfolge auf der Schaukel oder das letzte Päckchen Kakao. Um Kinder zwischen fünf und zehn Jahre möglichst früh an die Konfliktlösung heranzuführen, haben Prof. Dr. jur. Ansgar Marx und ein Team aus Studierenden, Kitaleitern und Erzieherern das Projekt Palaverzelt entwickelt. Mit spielerischen Elementen sollen Kinder üben, ihre Konflikte selbstbestimmt zu lösen. So besteht das Palaverzelt aus einem Koffer mit einem halboffenen Zelt, einem Anleitungsheft sowie Spielmaterial. Um das Ritual in den Alltag zu integrieren, lernen Erzieher und Lehrer die Durchführung in einem eintägigen Kurs. Ziel der Übung ist immer die gewaltfreie Kommunikation.

"Konflikte sind ein Motor, um soziales Verhalten zu lernen. Nicht der Konflikt ist das Problem, sondern die Art und Weise, wie wir damit umgehen", so Prof. Dr. Marx. Der Kern des Rituals sehe vor, dass Kindern möglichst frühzeitig ein positives und gewaltfreies Konfliktverhalten vermittelt würde. "Kinder sollen erfahren, dass es bei einem Streit immer eine Lösung gibt. Außerdem sollen sie lernen, Bedürfnisse zu erkennen und ernst zu nehmen, aber gleichzeitig auch die Wünsche des anderen Kindes zu respektieren."

Der Konfliktlösungs-Kompass


Erwachsene sind oft unmittelbar zur Stelle, wenn Kinder sich streiten. So können sie den Streit mittels einer Anweisung unterbrechen oder die Kinder sich selbst überlassen. Ratsam ist jedoch keine der Methoden. Erwachsene sind nach dem Prinzip Palaverzelt angehalten, den Streit zu moderieren und zu vermitteln. Erst einmal sollten die Kinder ihre Sicht der Situation darstellen und ihre Gefühle ausdrücken. Ein weiteres und unverzichtbares Element auf dem Weg zu einer konstruktiven Streitbeilegung sei es, Bedürfnisse und Wünsche darzustellen, so Marx. Im letzten Schritt sollten dann Lösungsvorschläge erbracht und eine Einigung erzielt werden. Dabei ist immer wichtig, dass sich der Mediator auf die Probleme der Kinder einlässt – das heißt, nachfragt, zuhört, wertschätzt und unparteilich vermittelt.

Mittlerweile wenden die Methode nicht mehr nur Schulen und Kindertagesstätten an, auch das Mütterzentrum Braunschweig und der Verein Abrahams Kinder wollen das Wissen um eine gewaltfreie Konfliktkultur an Kinder und Eltern weitergeben. Im Herbst dieses Jahres soll das passende Gesellschaftsspiel für die ganze Familie herauskommen, das sich ebenfalls mit der Thematik Konfliktlösung beschäftigt. Weitere Informationen zu dem Projekt und Unternehmen Palaverzelt finden Sie hier.


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