Mordfall Manczak: Angeklagter schweigt vor Gericht zu Mordvorwürfen

Der Angeklagte kündigte an, sein Schweigen im Laufe des Prozesses möglicherweise brechen zu wollen.

von und


Der Angeklagte Martin G. (hinten Mitte) und seine Verteidiger (links und rechts) vor dem Landgericht in Braunschweig.
Der Angeklagte Martin G. (hinten Mitte) und seine Verteidiger (links und rechts) vor dem Landgericht in Braunschweig. | Foto: Anke Donner

Braunschweig. Am 13. April 2021 verschwand der 51-jährige Karsten Manczak spurlos aus seiner Wohnung in Liebenburg. Am heutigen Mittwoch um 9 Uhr begann nun - nach einem gescheiterten Versuch vor exakt zwei Wochen - der Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder. Der 50-jährige Bundespolizist Martin G. soll Manczak laut Gerichtssprecherin Lisa Rust "heimtückisch und aus niederen Beweggründen" getötet haben, um eine ungestörte Liebesbeziehung mit dessen Frau führen zu können. Die Witwe und ihre Söhne erschienen heute ebenfalls vor Gericht - als Nebenkläger.


Der Angeklagte ließ auf die Frage nach seinem Beziehungsstand mitteilen, dass er seit dem 16. November von seiner Frau geschieden ist, er lebt aber schon seit 2018 schon von seiner Frau getrennt. Ansonsten schwieg der 50-Jährige zur Sache und folgte - ebenso wie die Frau des Opfers - der Verlesung der Anklage, ohne eine Miene zu verziehen. Beide würdigten sich keines Blickes. Durch seine Verteidiger, die Anwälte Nitschmann und Zott, ließ der Angeklagte nur die kryptische Mitteilung verlesen, dass er sein Schweigen möglicherweise im Laufe des Prozesses brechen werde. Vorsitzender Richter bei der Verhandlung ist Dr. Ralf Michael Polomski. An der Hauptverhandlung, die aktuell bis Mitte Februar angesetzt ist, nehmen drei Nebenkläger, 38 Zeugen und ein Sachverständiger teil.


Verteidiger wirft Polizei Täuschung vor


Als Zeuge wurde am heutigen ersten Prozesstag zunächst ein Polizist befragt, der Martin G. am 18. Mai als Zeugen vernommen hatte. Ebenfalls zu Wort kamen eine Nachbarin, die am Tag des Verschwindens des Opfers einen Streit aus ihrer Wohnung gehört haben will. Ein weiterer Zeuge ist der Hausarzt von Manczak, der Fragen zum Gesundheitszustand des Opfers beantwortete.

Konfliktpotenzial lag nach der ersten Pause in der Aussage des Polizisten. Verteidiger Martin Nitschmann ist der festen Auffassung, dass die Polizei seinen Mandanten als Beschuldigten hätten vernehmen müssen. Der Polizist hatte ausgesagt, dass man den Bundespolizisten Martin G., einen "Kollegen", aus "Eigensicherungsgründen" mit vier Polizisten abgeführt habe. Nitschmann erscheint das exzessiv: "Da können sie sich ja die Frage stellen, ob der Herr aus Sicht der Polizei als Zeuge fungiert, oder als Beschuldigter." Dem Richter, so führt Nitschmann weiter aus, sei der Punkt offenbar bewusst gewesen - er hatte die passende BGH-Rechtssprechung schon parat: "Alles, was wir heute gehört haben, spricht dafür, dass er (Martin G.) über seine Eigenschaft als Beschuldigter bewusst getäuscht worden ist."

"Wird die Sache nicht entscheiden"


Der Unterschied liegt im Detail, wie der Rechtsanwalt erklärt: "Wenn ich Beschuldigter in einem Verfahren bin und ich werde darüber belehrt, dann habe ich auch die entsprechenden Rechte. Dann kann ich zur Sache schweigen und dann kann ich einen Anwalt beauftragen. Wenn ich Zeuge bin und die Vernehmung ist durch die Staatsanwaltschaft angeordnet, dann bin ich in der Pflicht auszusagen. Man wollte hier von dem Herrn G. eine Aussage 'erzwingen', vor diesem falschen Hintergrund." Er sei nun gespannt, wie die Kammer mit der Sache umgeht.

Entscheiden, so gibt Nitschmann zu, wird der Vorgang die Sache nicht. Es gehe jedoch um die Frage, ob die Zeugenaussage verwertbar sei oder nicht. "Sollte die Kammer letztendlich dazu kommen, dass es nicht verwertbar sein sollte, dann ist es ein Punkt, der in der Beweiswürdigung auch wegbricht."

Nachbarin hörte Männer streiten


Als Nächstes sprach eine Nachbarin des Opfers im Zeugenstand. Sie gab an, am frühen Morgen des 13. April laute Männerstimmen und Geschrei vom angrenzenden Grundstück gehört zu haben. Dieser Streit sei dann abrupt geendet. Anchließend sei nur noch ein Ächzen zu hören gewesen, als würde jemand etwas Schweres hochheben, sowie die Schiebetür eines Autos.

Eine Frage nach Drogen warf anschließend die Staatsanwaltschaft auf, als der Hausarzt des Opfers verhört wurde. Manczak war aufgrund einer Herzerkrankung auf Blutverdünner angewiesen. Eine Vermutung, dass er aufgrund der Einnahme dieser stärker geblutet habe, revidierte der Arzt. Seitens der Staatsanwaltschaft wurde daraufhin die Frage laut, welche Wechselwirkung die Herzmedikamente mit Amphetaminen hätten. Ein Grund für diese Frage ist aus den bisherigen Erkenntnissen zum Fall nicht abzuleiten.

Ein Mord ohne Leiche


Es handelt sich um einen Mord ohne Leiche. Von Karsten Manczak fehlt nach wie vor jede Spur. Wie Gerichtssprecherin Rust zum Prozessauftakt mitteilt, habe Martin G. seinen besten Freund Karsten Manczak am 13. April 2021 aus seinem Haus in Liebenburg gelockt und schwer verletzt. Dabei habe der Beschuldigte Manczak um 4:30 Uhr abgepasst, als dieser seine Katze - wie jeden Tag - ins Freie brachte.Als Tatwaffe wird eine Armbrust vermutet, da auf dem Grundstück ein Pfeil gefunden werden konnte und der mutmaßliche Täter im Besitz einer solchen Waffe war. Die Staatsanwaltschaft erklärt, dass G. daraufhin den Schlüssel des Privatwagens von Manczak aus dem Haus entwendete, in dem die Familie im Obergeschoss schlief. Mit dem Wagen brachte er die Leiche an einen unbekannten Ort. Der Wagen wurde wenige Tage nach der Tat am Messegelände in Hannover gefunden. Die Staatsanwaltschaft geht aufgrund des hohen Blutverlustes - und weil der geschädigte Medikamente einnehmen musste - nicht mehr davon aus, dass Manczak noch lebt. Trotz des Fehlens der Leiche sind die Ermittler sicher, dass die Beweise für eine Anklage wegen Mordes reichen. Martin G. sitzt in der Sache seit dem 18. Mai in Untersuchungshaft.


mehr News aus Braunschweig


Themen zu diesem Artikel


Polizei Katze