Neue Planungsrichtlinie: Vorrang für Fußgänger und Radfahrer

Die Stadt Braunschweig will bei Verkehrsprojekten die Vorgaben von „E-Klima 2022“ anwenden. Konkret kann das bedeuten: weniger Parkplätze und längere Ampelwartezeiten für Autofahrer.

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Symbolfoto. | Foto: Pixabay

Braunschweig. Bei Planungen zu Straßenbauprojekten gelten jetzt neue Prioritäten. Die Stadt Braunschweig will sich an die Richtlinie „E-Klima 2022“ halten, nach der Fußgänger, Radfahrer und auch der ÖPNV gegenüber dem motorisierten Individualverkehr priorisiert werden. Die Verwaltung hatte dies bereits im Rahmen einer Ausschusssitzung Ende September erläutert. Die Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen weist aktuell in einer Pressemeldung darauf hin und spricht von einem Pradigmenwechsel.



Das deutsche Regelwerk für Planung und Bau von Verkehrsanlagen werde innerhalb der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) von anerkannten Fachleuten aus Wissenschaft und Forschung, von Baufirmen und Ingenieurbüros sowie den Bauverwaltungen erarbeitet, erläuterte die Stadtverwaltung im Ausschuss für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben am 28. September.

Mehr als nur Empfehlungen


Richtlinie „E-Klima 2022“ heißt zwar vollständig „Empfehlungen zur Anwendung und Weiterentwicklung von FGSV-Veröffentlichungen im Bereich Verkehr zur Erreichung von Klimaschutzzielen“, doch nach Auslegung der Stadt sind es mehr als nur Empfehlungen. Es handle sich um ein verbindliches Regelwerk, das neben Empfehlungen und Handlungsoptionen auch Standards, Regelfälle, Vorgaben und Anforderungen enthalte.

„E-Klima 2022“ gelte als „Stand der Technik“ und werde damit zum Beispiel in Streitfragen als Bewertungsmaßstab herangezogen. Dabei würden Planungsgrundsätze, Entwurfselemente und Ausstattungsmerkmale für ein jeweiliges Themengebiet behandelt und es würden dabei immer auch Ermessensspielräume eröffnet, die es den Planern ermöglichen, eine für den jeweiligen Einzelfall unter Abwägung aller Belange sinnvolle Lösung zu finden. Bei Planungen der Stadt Braunschweig werde grundsätzlich auf den „Stand der Technik“ zurückgegriffen, in dem zum Beispiel die Richtlinie für die Anlage von Stadtstraßen, die Richtlinie für Lichtsignalanlagen oder die Empfehlung für Radverkehrsanlagen Anwendung finden.

Autofahrer sollen länger warten


Durch die „E-Klima 2022“ würden sich zukünftig mehrere Planungsgrundsätze verändern, da die Belange des öffentlichen Verkehrs sowie des Fuß- und Radverkehrs gegenüber dem fließenden und dem ruhenden Kfz-Verkehr zu priorisieren seien, heißt es konkret seitens der Verwaltung. Dies werde beispielsweise beim Planen und Bauen im Bestand dazu führen, dass bei Flächenkonkurrenz deutlich weniger Parkplätze als heute hergestellt würden.

Ein anderes Beispiel sei die Verteilung der Wartezeiten an Ampeln. Auch hier würden dem Umweltverbund zukünftig die höchsten Qualitätsstufen A bis C – also die geringsten Wartezeiten – zugeordnet, während für den Autoverkehr Qualitätsstufe D als ausreichend erachtet werde. Grundsätzlich sei anzumerken, dass Planungen insbesondere im Bestand immer Kompromisslösungen darstellen müssten und daher von theoretisch angelegten Planungsvorgaben abgewichen werden müsse, räumt die aber Verwaltung ein.

"Neue Möglichkeiten bei Umsetzung der Verkehrswende"


„Mit der Richtlinie ‚E Klima 2022‘ leitet die FGSV einen wichtigen Paradigmenwechsel bei der Verkehrsplanung ein, den wir sehr begrüßen", wird Sabine Kluth, Sprecherin für Mobilität der Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzende des Ausschusses für Mobilität, Tiefbau und Auftragsvergaben in der Pressemeldung der Grünen zitiert. Künftig würden sich alle Planungen an der Frage messen lassen müssen, welcher Beitrag zum Klimaschutz konkret geleistet werde. "So eröffnet die ‚E Klima 2022‘ uns neue Möglichkeiten bei der Umsetzung der Verkehrswende und ermöglicht es uns, Planungen stärker als bisher an den Bedürfnissen des ÖPNV, des Radverkehrs und des fußläufigen Verkehrs auszurichten“, so Kluth.


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