Solidaritätskundgebung vor Synagoge: Mehrere hundert Menschen setzten Zeichen für Demokratie

Der eigentliche Anlass, eine Kundgebung der Partei Die Rechte, war dagegen abgesagt worden.

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Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Braunschweig (re.), sprach zu den mehreren hundert Teilnehmern der Kundgebung.
Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Braunschweig (re.), sprach zu den mehreren hundert Teilnehmern der Kundgebung. | Foto: Alexander Dontscheff

Braunschweig. Für den heutigen Donnerstagabend hatte die Partei Die Rechte eine gegen den Staat Israel gerichtete Kundgebung angemeldet. Die Uhrzeit (von 19.33 bis 19.45 Uhr) und den Versammlungsort in unmittelbarer Nähe der Braunschweiger Synagoge muss man wohl als offene Provokation werten. Die Stadt Braunschweig hatte daher auch verfügt, die Kundgebung müsse an einem anderen Ort, zu einer anderen Zeit stattfinden (regionalHeute.de berichtete). Letztendlich hatten die Veranstalter die Anmeldung komplett zurückgezogen, wie die Polizei vor Ort gegenüber regionalHeute.de erklärte. Doch gekommen - und zwar zahlreich - waren die Braunschweiger Bürgerinnen und Bürger sowie Menschen aus der Region, die ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinde setzen wollten.


Angemeldet hatte das Braunschweiger Bündnis gegen Rechts die Kundgebung für 100 Personen. Gekommen waren deutlich mehr. Die Polizei spricht von gut 500, Veranstalter Udo Sommerfeld gar von 800. Überrascht über den großen Zulauf zeigte sich auch Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Allerdings hatte er auch eine klare Botschaft im Gepäck: "Sie unterstützen hier nicht die jüdische Gemeinde, Sie unterstützen die Demokratie in unserem Lande!" Man verstehe sich als ganz normale Bürger dieses Landes. Man wolle keinen Stacheldraht vor den Synagogen. Und man wolle möglichst auch keine Polizei. Man sei dieser zwar dankbar, doch es wäre schöner, wenn ihr Schutz nicht nötig wäre.

"Was sind das bloß für Idioten?"


Klare Worte fand Fürst für solche Menschen, die sich auf Demonstrationen gegen die Corona-Maßnahmen mit Nazi-Opfern wie Anne Frank oder Sophie Scholl verglichen. "Was sind das bloß für Idioten? Haben die den gar nichts mehr im Kopf?", fragte er. Er sei klar für Meinungsfreiheit. Der, dem die Maßnahmen der Regierung nicht passten, könne dagegen demonstrieren. Aber die Pflicht, eine Maske zu tragen, oder das Verbot, sich mit mehr als fünf Personen zu treffen, mit dem Leid der durch die Nazis Ermordeten gleichzusetzen, dafür fehle ihm jedes Verständnis. Dennoch warnte er vor Überreaktionen. Es mache keinen Sinn zu hassen. Jeder habe das Recht auf eine eigene Meinung. Nazis werde es immer geben. Wichtig sei es, dass dann die Demokraten - wie heute Abend - zusammenstünden.

Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen.
Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen. Foto: Alexander Dontscheff


Ähnlich hatte sich zuvor Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Braunschweig, geäußert. Der Antisemitismus in Deutschland sei nie weg gewesen. Auch andere Minderheiten hätten unter Vorurteilen zu leiden. Aktuell würden Verschwörungstheoretiker zum Beispiel behaupten, die Juden seien nicht nur die Verursacher, sondern auch Profiteure der Corona-Pandemie. "Man kann nicht erwarten, dass jeder Mensch anständig aufgeklärt wurde oder klug ist", befand Wagner-Redding. Man selbst müsse aber mit Anstand und Takt auf die Ausfälle reagieren. Von der Justiz erwarte sie allerdings, dass bestehende Gesetze auch angewendet und Verfahren nicht einfach eingestellt würden. Allgemein hoffe sie auf ein friedliches Zusammenleben. Nicht nur in Braunschweig.


Sämtliche Straßen rund um die Synagoge waren voller Menschen.
Sämtliche Straßen rund um die Synagoge waren voller Menschen. Foto: Alexander Dontscheff


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