Region. In der vergangenen Woche gaben die Veranstalter des Kölner Christopher Street Days bekannt, dass sie ihr geplantes Motto "Einigkeit! Recht! Freiheit!" verwerfen würden und stattdessen "Für Menschenrechte!" als Leitspruch der LGBT*-Veranstaltung nutzen wollen. Grund hierfür sei der Druck einiger Gruppen, die das ursprüngliche Motta als "diskriminierend und nationalistisch" ausgemacht hatten. Aber wie stehen die Bundes- und Landtagsabgeordneten unserer Region zu dem Thema? regionalHeute.de hat nachgefragt.
"Das Motto "Einigkeit! Recht! Freiheit!" halte ich in keiner Weise für diskriminierend oder nationalistisch. Es ist, unschwer erkennbar, an den Text unserer Nationalhymne angelehnt. "Einigkeit und Recht und Freiheit" sind aber gerade im 21. Jahrhundert zutiefst integrative Leitbegriffe. Ich verstehe darunter vor allem die Einigkeit darin, dass wir die Lebenswelten unserer Mitmenschen akzeptieren und tolerieren und in einem gemeinsamen Deutschland des Rechts und der Freiheit leben. "Einigkeit! Recht! Freiheit!" wäre ein tolles Motto für den Kölner Christopher-Street-Day gewesen."
"In meinen Augen war „Einigkeit! Recht! Freiheit.“ ein gutes Motto. Die Diskussion und der Druck auf die Veranstalter des Kölner CSD zeigen eine für mich befremdliche Einstellung mancher Gegner zur Nationalhymne und auch zu unserem Staat streckenweise. Was ist gegen die Begriffe selber zu sagen? Was gegen „Einigkeit“ - außer man will (wie manche Stellungnahmen im Netz deutlich machen) gar keine Einigkeit - kein Dazugehören, kein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft sein? Was ist gegen „Recht“ zu sagen? Möchte man keinen Rechtsstaat? Ich finde er ist eine großartige Errungenschaft - und er schützt explizit auch die Rechte derjenigen, die in dieser Diskussion zeigen, dass sie ihn offenbar ablehnen. Was gegen „Freiheit“? Für mich als Liberale ein zentraler Begriff unseres Weltbildes - die Freiheit des Einzelnen zum Beispiel von staatlicher Willkür zu schützen. Ich bedauere den Rückzug des Mottos - sehe die Veranstalter einem völlig entgleisten Shitstorm einiger lauter Gegner ausgesetzt ... das hatten sie nicht verdient. Es war ein gutes Motto. Schade.“
"In letzter Zeit kommt es um die Symbole unseres Staates zu beunruhigenden Irritationen: So wurden in der Vergangenheit schon Demonstranten polizeilich aufgefordert, mitgeführte schwarz-rot-goldene Bundesflaggen einzurollen und nicht mehr zu zeigen, um aggressive Gegendemonstranten „nicht zu provozieren“. Nun sind sogar die Anfangsworte unserer Nationalhymne in der Kritik. Sie sind entstanden zu einer Zeit, als Deutschland von einer Einigkeit weit entfernt war, Rechte und Freiheiten sehr begrenzt blieben. Die Worte Einigkeit und Recht und Freiheit sind in meiner Sichtweise immer eine Reihenfolge, quasi ein Rezept: Wenn die Deutschen sich einig waren, konnten sie ihr Recht und dann auch ihre Freiheit erringen. So zuletzt 1989 bei der friedlichen Revolution in der DDR. Dort waren sich die Menschen, zuletzt zu Hunderttausenden, einig im Aufstand gegen die SED-Herrschaft. Die Wiedervereinigung der Staatsgebiete war dann am Ende ein Ausdruck freiheitlichen Willens. Wer heutzutage zwar von den errungenen Rechten und Freiheiten im Höchstmaß profitieren kann, aber gleichzeitig die Ursprünge und Tradition dieser Freiheit verächtlich macht, abwertet und ernsthaft für diskriminierend(!) hält, hat von der Basis unserer freiheitlichen Rechtsstaatlichkeit nichts verstanden. Und es gibt tatsächlich in unserer uneins gewordenen Gesellschaft schon Anzeichen für schwindende Rechte und Freiheiten, etwa bei Meinungsäußerungen, unbelästigter Ausübung von Ehrenämtern und Mandaten und weiteren Merkmalen. Die „Kritiker“ an Einigkeit, Recht und Freiheit als Motto tragen leider völlig unnötig eine weitere Bruchlinie in die Gesellschaft; sie sägen damit an dem Ast, auf dem sie selber sitzen."
"Der Wechsel des Mottos zum diesjährigen CSD in Köln löst in mir eine große Verwunderung aus. Es war der sozialdemokratische Reichspräsident Friedrich Ebert, der im Jahr 1922 Hoffmann von Fallerslebens „Deutschlandlied“ erstmals zur Hymne erklärte. Damals sollte es dies die Einträchtigkeit eines bis dato in Kleinstaaten zersplitterten Deutschlands und die demokratische Freiheit der Weimarer Republik darstellen, der Missbrauch des Liedes durch die Nazis war noch nicht geschehen. Und so ist insbesondere die dritte Strophe der Hymne auch bis heute zu verstehen: Einigkeit, Recht und Freiheit sind die Grundwerte unserer Demokratie, so wie es für die Sozialdemokratie Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit sind. In Zeiten einer verunsicherten und durch Populisten angegriffenen Gesellschaft ist es umso wichtiger, wenn sich die Bürgerinnen und Bürger hinter unumstößlichen Grundwerten versammeln können - und umso schwerer wiegt diese Entscheidung: Wer selbst derartige Grundfeste der Bundesrepublik Deutschland wie unsere Hymne in Frage stellt, treibt jene Menschen in die Hände der Populisten, die eigentlich moderat denken, denen für derartige Handlungen aber jegliches Verständnis fehlt. Ich hätte mir gewünscht, dass gerade der CSD dieses Motto nutzt, um unsere Gesellschaft zu einen, gern auch kontroverse Diskussionen anstößt und in jedem Fall Werte vermittelt. Dass dies nun offenbar nicht geschieht, ist schade und eine leider vertane Chance."
Die Statements der Abgeordneten werden in der Reihenfolge ihrer Rückmeldung veröffentlicht. Weitere Antworten werden ergänzt, sobald sie eintreffen.
*LGBT= Lesbian, Gay, Bisexual, Trans
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