Streit um Stolpersteine

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| Foto: Sina Rühland



Braunschweig. In Braunschweig wurden seit März 2006 mehr als 250 Stolpersteine verlegt, um an die jüdischen Opfer der NS-Zeit zu erinnern. Laut Medienberichten gibt es in Hamburg und Göttingen derzeit Kritik an den Steinen. Sie würden aus Profitgier und zur Profilierung der Initiatoren genutzt, man solle lieber etwas für die Lebenden kümmern. Wird das in der Löwenstadt auch so gesehen? 

Das Projekt “Stolpersteine” wurde in Deutschland im Jahr 2000 vom Berliner Künstler Gunther Demning ins Leben gerufen. Demning setzt mit den kleinen Messingschildern ein Zeichen zur Erinnerung an die vertriebenen und getöteten Juden zur Zeit des Zweiten Weltkriegs. Bis heute sind in zehn Ländern Europas knapp 35.000 Steine in Gehwege und Straßen eingelassen. Demning initiierte damit eines der größten Mahnmale der Welt. Braunschweig ist ein Teil dieses Andenkens.

Es kommt Kritik auf


In einigen Städten wird das Erinnern und Verlegen der Steine nun als reine Profitgier und als Profilierung der Initiatoren gewertet. Man solle sich lieber um die Lebenden kümmern und kulturelle Angebote schaffen. Daniel Killy (Sprecher, Jüdische Gemeinde Hamburg) hält nichts von den Stolpersteinen: "Für mich sind sie zu einer moralischen Stolperfalle geworden", sagte er in der "Jüdischen Allgemeinen". Eva Tichauer Moritz (Jüdischer Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen e.V) sagte gegenüber dem NDR man solle die Toten endlich ruhen lassen: "Wir tragen sie jeden Tag in unseren Herzen und geben sie von Generation zu Generation weiter. Dafür brauchen wir Ihre Füße nicht."



Ob man auch in Braunschweig inzwischen eher skeptisch auf die Messingsteine reagiert, vermochte die Pressestelle des Zentralrats der Juden mit Sitz in Berlin nicht zu sagen. So teilte man auf die Nachfrage von BraunschweigHeute.de hin mit: "Konkret zu den geplanten Verlegungen der Stolpersteine in Braunschweig möchten wir uns nicht äußern. Es gibt innerhalb der jüdischen Gemeinschaft unterschiedliche Ansichten zu diesem Thema", so Pressesprecherin Jutta Wagemann und verwies auf eine Pressemitteilung des Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dr. Josef Schuster, bei einer Veranstaltung des Arbeitskreises Stolpersteine.

Darin äußerte Schuster, dass er die Verlegung der Steine und das damit verbundene Erinnern, gut und wichtig findet. "Die kleinen Messingsteine lassen uns immer wieder mitten im Alltag innehalten. Wir beugen uns hinunter, um den Namen lesen zu können. Wir verbeugen uns vor den Menschen, die den Nationalsozialisten zum Opfer fielen. Und uns wird bewusst: Sie lebten hier, mitten unter uns. Es waren Nachbarn. Und auch wenn es heute keine Angehörigen mehr gibt: Sie sind nicht vergessen."

Großer Zuspruch in Braunschweig


Ein ähnliches Bild zeigt sich im Statement der Jüdischen Gemeinde Braunschweig: "Die Jüdische Gemeinde Braunschweig findet die Idee der Stolpersteine sehr gut und gehört auch zu den Gründungsmitgliedern des Vereins "Stolpersteine für Braunschweig e.V."Bei der Vereinsgründung haben wir uns darauf verständigt, eng mit den Schulen zusammen zu arbeiten. Diese Form des Schulunterrichtes mit einer Art "Forschungsarbeit" zu individuellen Beispielen ermöglicht den Schülern einen konkreten Zugang zur Geschichte der Judenverfolgung. Nach anfänglichen Koordinationsproblemen mit den Schulen, können wir uns heute über ein großes Interesse von Seiten der Braunschweiger Schulen freuen. Bei der Verlegung von Stolpersteinen sind neben den Projektschülern Vertreter des Vereins anwesend und die Öffentlichkeit dazu eingeladen. Es gibt immer begleitende Informationsveranstaltungen zu den gedenkenden Opfern durch die Schüler", sagte Renate Wagner-Redding, Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft in Braunschweig.


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