Bürgschaften für Flüchtlinge: Urteil gegen die Kostenübernahme

von Sandra Zecchino


Entsprechend eines Urteils der Verwaltungsgerichtes Hannover dürften die Behörden die Kosten für Sozialleistungen nach Anerkennung des Flüchtlings nicht auf den Bürgen abwälzen. Foto: pixabay/Marc Angerstein
Entsprechend eines Urteils der Verwaltungsgerichtes Hannover dürften die Behörden die Kosten für Sozialleistungen nach Anerkennung des Flüchtlings nicht auf den Bürgen abwälzen. Foto: pixabay/Marc Angerstein | Foto: pixabay/Marc Angerstein

Region. Medienberichten zu Folge gibt es im Zusammenhang mit den Bürgschaften für Flüchtlinge ein erstes Gerichtsurteil. Demnach dürften die Behörden die Kosten für Sozialleistungen nach Anerkennung des Flüchtlings nicht auf den Bürgen abwälzen. regionalHeute.de fragte bei den Landtagsabgeordneten der Region nach, wie sie das Urteil sehen.


Bis Mitte 2015 herrschte eine unterschiedliche Rechtsauffassung, welche Auswirkungen eine Verpflichtungserklärung – wie die Bürgschaft offiziell heißt – für die Unterzeichner habe. Prinzipiell verpflichtet sich der Unterzeichner, die Kosten für den Lebensunterhalt zu tragen. „Die Verpflichtung umfasst die Erstattung sämtlicher öffentlicher Mittel, die für den Lebensunterhalt, einschließlich der Versorgung mit Wohnraum aufgewendet werden“, steht im Kleingedruckten der entsprechenden Formulare. Trotzdem vertrat das Land zu dem damaligen Zeitpunkt die Auffassung, dass diese Verpflichtung erlöschen würde, sobald die Flüchtlinge offiziell als Flüchtlinge anerkannt werden würden. Zwischenzeitlich sei durch ein Gerichtsurteil des Bundesverwaltungsgerichts jedoch klargestellt worden, dass die Rechtsauffassung des Bundes zutreffend gewesen sei. Die finanzielle Verpflichtung der Bürgen erlösche nicht, wenn der Status Flüchtling offiziell anerkannt ist.

Da die unklare Rechtslage nach Einschätzung des Ministeriums für Inneres und Sport mit dazu hat beitragen können, dass sich Verpflichtungsgeber nicht über die Reichweite der Verpflichtungen bewusst waren, hat sich Minister Boris Pistorius der Thematik angenommen und die Behandlung der Frage der Inanspruchnahme von Verpflichtungsgebern bei der Innenministerkonferenz (IMK) am 7. und 8.Dezember 2017 initiiert.

Dabei wurde folgender Beschluss gefasst:
1. Die IMK stellt fest, dass im Rahmen der Programme der Länder zur Aufnahme syrischer Flüchtlinge viele Verpflichtungsgeber bei der Abgabe ihrer Verpflichtungserklärung davon ausgegangen sind, dass ihre Verpflichtung mit der Anerkennung des Betroffenen als Schutzberechtigter endet. In einigen Ländern sehen sich Betroffene mit hohen Rückforderungen von öffentlichen Leistungen konfrontiert.

2. Die IMK bittet daher die Länder Niedersachsen und Hessen, mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) Gespräche zur Lösung der Problematik zu führen.

Das sagen die Landtagsabgeordneten:


Marcus Bosse (SPD):

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Foto: SPD



"Wichtig ist, dass die bisher in Unsicherheit gelassenen Bürgen nun Klarheit haben. Die im Zuge der Flüchtlingssituation ab Herbst 2015 übernommenen Bürgschaften haben Menschen, die sich in einer extrem schwierigen Situation befunden haben, sehr geholfen. Dieser Akt der Menschlichkeit darf meiner Meinung nach im Nachhinein nicht bestraft werden, das hat das Gericht nun entschieden. Wichtig ist mir allerdings auch, keine dauerhaften Ausnahmeregelungen zu schaffen. Für Bürgschaften aller Art muss stets Rechtssicherheit bestehen."

Susanne Schütz (FDP):

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Foto: FDP



"Das jetzt vorliegende Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover stützt die Auffassung, dass Bürgen aus der finanziellen Verantwortung für Flüchtlinge entlassen sind, sobald deren Asylstatus anerkannt ist. Das Thema ist juristisch allerdings noch nicht abschließend geklärt - der Bund vertritt hier ja eine andere Rechtsauffassung.

Die FDP-Landtagsfraktion ist der Auffassung, dass geklärt werden muss, welche Auskünfte die beteiligten Behörden den Bürgen jeweils gegeben haben. Dazu gibt es immer noch keine klaren Aussagen. Sollten Auskünfte fehlerhaft gewesen sein, darf das Land die Bürgen ohnehin nicht im Regen stehen lassen, nirgendwo in Niedersachsen."

Immacolata Glosemeyer (SPD):

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Foto: SPD



"Auch auf mich sind viele Bürgerinnen und Bürger aus unserer Region zugekommen, die eine Bürgschaft für Geflüchtete übernommen haben und sich horrenden Kosten auf Grund von Rückforderungen von Sozialleistungen und auch Verfahrenskosten konfrontiert sahen. Ich habe mich daraufhin mit Innenminister Boris Pistorius und Betroffenen zusammengesetzt und an einer Lösung gearbeitet, damit diese hilfsbereiten Menschen nicht auf dem gesamten finanziellen Risiko der unklaren Rechtslage sitzenbleiben.

Ich begrüße daher das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover sehr, das die Bürgen von der Rückzahlung von Sozialleistungen für anerkannte Asylbewerber freistellt. Als Flüchtlingsströme Deutschland und ganz Europa erreichten, waren wir sehr froh, dass sich Vereine und Privatpersonen bereit erklärten zu helfen und Verantwortung zu übernehmen. Diese Menschen dürfen nicht im Nachhinein bestraft werden und müssen vor einer Existenz bedrohenden Belastung geschützt werden. Ich freue mich, dass mit dem Urteil nun ein Stück Rechtssicherheit hergestellt wurde und hoffe, dass Bund und Kommunen die Rückforderungen in diesen Fällen ruhen lassen und den Bürgen diese Sorge genommen werden kann."

Philipp Raulfs (SPD):

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Foto: SPD



"Das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover, das Bürgen von der Rückzahlung von Sozialleistungen für anerkannte Asylbewerber freistellt, begrüße ich sehr. Dies entspricht auch weitestgehend der bisherigen Interpretation des Niedersächsischen Innenministeriums. Menschen, die in einer unglaublich schwierigen Situation Bürgschaften für Geflüchtete geleistet haben, die später als Asylsuchende anerkannt wurden, dürfen für diesen Akt der Menschlichkeit im Nachhinein nicht bestraft werden. Ich appelliere daher auch an die Kommunen und den Bund, die Rückforderungen von Sozialleistungen in diesen Fällen ruhen zu lassen und die Unsicherheit für die Bürgen zu beenden.“

Dunja Kreiser (SPD):

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Foto: SPD/Henning Scheffen



"Ich begrüße, dass das Urteil Bürgerinnen und Bürger von der Rückzahlung von Sozialleistungen für anerkannte Asylbewerber freistellt. Menschen, die in einer unglaublich schwierigen Situation Bürgschaften für Geflüchtete geleistet haben, die später als Asylsuchende anerkannt wurden, dürfen für diesen Akt der Menschlichkeit nicht im Nachhinein bestraft werden. Die SPD in Niedersachsen appelliert daher auch an die Kommunen und den Bund, die Rückforderungen von Sozialleistungen in diesen Fällen ruhen zu lassen und die Unsicherheit für die Bürgen zu beenden.“

Veronika Koch (CDU):

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Foto: CDU Helmstedt



"Wir müssen das Urteil jetzt zeitnah auswerten. Da die Thematik aber nicht nur Menschen in Niedersachsen, sondern in ganz Deutschland betrifft, muss auf Ebene des Bundes endlich Klarheit geschaffen werden. Dies könnte zum Beispiel durch eine Aussetzung der Forderungseintreibungen erfolgen. Damit wäre auch den Menschen in unserer Region, die für Flüchtlinge gebürgt haben, geholfen."

Oliver Schatta (CDU):

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Foto: Privat



„Das Urteil ist ein Etappensieg für die Betroffenen auf dem Weg zu einer bundesweit einheitlichen und rechtssicheren Entscheidung.“

Annette Schütze (SPD):



Die Freistellung von der Rückzahlung ist aus menschlicher und sozialer Sicht die richtige Antwort auf die Frage, ob die Bürgen die Kosten für Sozialleistungen auch nach Anerkennung als Asylbewerber übernehmen müssen. Diese Menschen haben im Vertrauen auf die Aussagen der Behörden gehandelt. Daher ist das Urteil des Verwaltungsgerichtes zu begrüßen. Ich kenne persönlich Familien aus Braunschweig, die für ihre Angehörigen Bürgschaften übernommen haben. Sie taten dieses aus Angst um deren Leben im syrischen Kriegsgebiet. Wenn nun sie nun, wie zunächst angekündigt, Rückzahlungen leisten müssten, würde dieses ihre finanziellen Möglichkeiten erheblich überschreiten. Mit dem Urteil gibt das Gericht ein eindeutiges Signal an alle Ehrenamtlichen, die sich für Menschen in Not einsetzen und dabei auch auf die Unterstützung der Bundesrepublik Deutschland hofften."

Stefan Wirtz (AfD):

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Foto: AfD



"Im noch nicht rechtskräftigen Urteil widerspricht das Verwaltungsgericht Hannover der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. In der Entscheidung auf Bundesebene setzte sich die Ansicht durch, dass Bürgschaften eine verbindliche Verpflichtung darstellen, wie es ihrem Wesen nach auch zu erwarten ist. Bei einigen laufenden Verfahren haben Bürgen nun die Behauptung geäußert, daß sie nicht oder mißverständlich über die Bedeutung des Bürgens aufgeklärt wurden. Im Verfahren von Hannover hatte der Bürge jedoch seine eigene Schwester vermeintlich legal in die Sozialhilfe einwandern lassen, aber sich dann aber gegen die amtliche Rückforderung dieser Gelder gerichtlich gewehrt, obwohl er sich verpflichtet hatte, für den Lebensunterhalt seiner Verwandten aufzukommen.

Bisher galt das Bürgschaftssystem als hohe Hürde, um genau einen solchen Umzug in die soziale Hängematte durch Unberechtigte zu verhindern.

Hier wird, wenn es nicht zu einer anderen Grundsatzentscheidung kommt, erneut ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, der unerwünschte massenhafte Zuwanderung ermöglicht, das Bürgschaftsverfahren ad absurdum führt und ein weiteres Zwei-Klassen-Recht unter Benachteiligung von Einheimischen, die sich keineswegs aus Bürgschaftsverpflichtungen herauswinden können, etabliert.
Die AfD verurteilt eine solche Rechtsauslegung zu Lasten der gesetzestreuen Bürger und Steuerzahler, der Einladungseffekt eines solchen Fehlurteils wird katastrophale Folgen durch den weiteren Zustrom illegaler Zuzugswilliger haben."

Die Statements sind in der Reihenfolge des Eingangs aufgeführt. Weitere Statements werden nachgepflegt, sobald sie die Redaktion erreichen.

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