Ehe für alle: Das sagen Politiker aus der Region

von Frederick Becker


Auch Christdemokraten zeigen sich größtenteils offen für die "Ehe für alle". Symbolfoto: Anke Donner
Auch Christdemokraten zeigen sich größtenteils offen für die "Ehe für alle". Symbolfoto: Anke Donner | Foto: Anke Donner

Region/Berlin. "Die Ehe für alle" bewegt derzeit die Gemüter. Am morgigen Freitag stimmt der Bundestag in dieser Frage ab. regionalHeute.de fragte Politiker aus der Region nach ihrer Meinung.


Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter für Braunschweig
"Ein solcher Austausch über unterschiedliche Auffassungen, die es nicht nur in meiner Partei zu diesem Thema gibt, ist nach wie vor notwendig. Ich selbst habe mir noch keine abschließende Meinung gebildet, befinde mich noch im persönlichen Abwägungsprozess, in den ich die verschiedenen Positionen einfließen lasse", erklärt Müller gegenüber unserer Online-Zeitung.

Für Carsten Müller stehe jedoch folgendes fest: „Menschen, die sich lieben und dauerhaft Verantwortung füreinander übernehmen, die einander Stabilität und Halt geben wollen, verdienen Anerkennung und Wertschätzung – unabhängig davon, ob sie gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind.

Das sagt Uwe Lagosky, Bundestagsabgeordneter für Salzgitter und Wolfenbüttel
"Als Christdemokraten begrüßen wir es, wenn Menschen füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Zudem ist eine Diskriminierung gleichgeschlechtlicher Lebenspartner mit unserem christlich-liberalen Menschenbild nicht vereinbar. Wir erkennen an, dass auch in solchen Beziehungen Werte gelebt werden, die grundlegend für unsere Gesellschaft sind und Menschen ihren Lebensentwurf verwirklichen. Wenn zwei Menschen füreinander Verantwortung übernehmen und sich zueinander bekennen, dann verdient dies unseren Respekt!

Deshalb haben wir die eingetragene Lebenspartnerschaft geschaffen. Ehe und Lebenspartnerschaft unterscheiden sich in der gesetzlichen Ausgestaltung nur noch geringfügig. Von Diskriminierung kann nicht die Rede sein, da das Zustandekommen der rechtlichen Bindung, die gegenseitigen Rechte und Pflichten, die gemeinsame Wohnung, der gemeinsame Name, Erbrecht, Sozialrecht, Unterhalt und sogar die Regelungen zur Scheidung angeglichen wurden. Im Hinblick auf Kinder gibt es jedoch Unterschiede. Hierbei geht es nicht um die Bewertung von Lebensentwürfen, sondern um das Wohl des Kindes.

Generell gilt: Kindeswohl vor Elternwille. Das muss oberste Priorität haben. Gleichgeschlechtliche Lebenspartner dürfen ein Kind adoptieren, das der andere Partner bereits adoptiert hat (Sukzessivadoption). Eine Gleichstellung bei der Adoption fremder Kinder sehe ich jedoch kritisch. Aus meiner Sicht ist es erstrebenswert, einem Kind das Aufwachsen mit Elternteilen beider Geschlechter zu ermöglichen. Momentan ist die Zahl der adoptionswilligen Eltern um ein Vielfaches höher, als die der zu adoptierenden Kinder.

Lassen Sie mich abseits der Sachebene noch auf die Art und Weise eingehen, wie Martin Schulz versucht hat, sich mit dieser Abstimmung in Szene zu setzen:

Ein vom Bundesrat beschlossener Gesetzentwurf liegt seit Jahren auf dem Tisch. In dieser Abstimmung waren Grüne und Sozialdemokraten nicht geschlossen. Ohne konkret zu werden, redet die SPD schon jahrelang darüber. In der letzten Woche dieser Legislaturperiode wird ohne jede Absprache in der Koalition eine Abstimmung herbeigeführt.

Eindeutig ist, dass die SPD das Thema für ihren Wahlkampf nutzt. Das Erzwingen dieser Abstimmung kommt durch Rot-Rot-Grün zu Stande, was ein klares Signal für die angestrebte Koalitionsbildung ist. Die SPD hat den Koalitionsbruch riskiert und verabschiedet sich aus ihrer Regierungsverantwortung. Die Union regiert dieses Land, während die SPD sich mit ihren Umfragewerten beschäftigt.

Letztlich wäre die Thematik bei den nächsten Koalitionsverhandlungen zu lösen gewesen, da FDP, Grüne und SPD das Thema als zentrales Wahlkampfversprechen propagiert haben. Es bleibt zu hoffen, dass wir den Rest dieser Legislaturperiode geordnet zu Ende bringen können."

Dr. Carola Reimann, SPD-Bundestagsabgeordnete aus Braunschweig
"Hätten Sie mich Anfang der Woche gefragt, ich hätte nicht gedacht, dass wir diese Woche noch die „Ehe für alle“ im Bundestag beschließen könnten. Doch dann trat die Kanzlerin am Montag bei einer Veranstaltung der Zeitschrift Brigitte auf und legte eine 180 Grad-Kehrtwende hin. Das kennen wir ja schon von ihr. Es ist schließlich nicht das erste Mal in ihrer Amtszeit.

Ihre Aussage war aber nicht wirklich durchdacht. Ihr Plan war es, erst den nächsten Bundestag über die „Ehe für alle“ abstimmen zu lassen. Aber nicht mit uns! Natürlich reagieren wir als SPD sofort. Deshalb hat unser Kanzlerkandidat Martin Schulz umgehend angekündigt, dass es im Bundestag noch diese Woche - voraussichtlich am Freitag - eine namentliche Abstimmung geben wird. Grundlage dafür ist ein Bundesratsantrag aus Rheinland-Pfalz.

Damit setzen wir um, wofür sich die SPD-Bundestagsfraktion sehr lange eingesetzt hat und was die CDU/CSU-Bundestagsfraktion seit langen Monaten blockiert: Dass jedes Paar, das sich liebt, heiraten kann und das volle Adoptionsrecht erhält. Damit wird endlich eine vollständige Gleichstellung erreicht.

Schon in den Koalitionsverhandlungen 2013 haben wir uns für die Öffnung der Ehe stark gemacht. Das war mit der ideologisch verbohrten Union nicht zu machen. Doch wir sind unserer Linie treu geblieben und haben das Thema immer wieder in Gesprächen mit der Union auf die Tagesordnung gesetzt. Unter anderem beim letzten Koalitionsausschuss.

Ich freue mich mit allen, die sich die „Ehe für alle“ lange sehnlichst gewünscht haben! Was lange währt, wird endlich gut."

Angelika Jahns, CDU-Landtagsabgeordnete aus Wolfsburg
"Innerhalb der CDU ist dieses Thema immer sehr kontrovers diskutiert worden. Der Begriff Ehe für alle trifft meines Erachtens nach nicht den tatsächlichen Sachverhalt, da es sich um die Ehrschließung von gleichgeschlechtlichen Paaren handelt. Als Christdemokratin bin ich persönlich sehr konservativ und halte die Lebensform Ehe zwischen Mann und Frau , das heißt auch Familie mit Kindern, für die beste Form des Zusammenlebens.

Allerdings muss der gesellschaftlichen Entwicklung Rechnung getragen und zur Kenntnis genommen werden, dass von vielen Menschen andere Lebensweisen bevorzugt werden. Während früher die gleichgeschlechtliche Partnerschaft sogar zum Teil bestraft wurde, geht man heute Gott sei Dank offen mit dieser Thematik um. Deshalb sollte man meiner Meinung nach die persönliche Entscheidung eines jeden Menschen, ob er als Mann und Frau oder sich für gleichgeschlechtliche Beziehung entscheidet, respektieren. Ich begrüße sehr, dass Frau Merkel sich dafür entschieden hat, das Thema auf die Tagesordnung zu nehmen (auch wenn die SPD, Grüne und Linke es erzwungen haben) und freue mich, dass jeder Abgeordnete der CDU, wie auch grundgesetzlich vorgesehen, nach seiner persönlichen Entscheidung votiert. Meine Entscheidung ist klar dafür weil ich überzeugt bin, dass die hohe Zahl an Scheidungen der Gesellschaft viel mehr schadet, als Eheschließungen zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen.

2. In der Christdemokratischen Union Deutschlands gibt es die LSU, die Lesben und Schwulen in der Union. Auch die CDU muss zur Kenntnis nehmen, dass sich die Gesellschaft so weiterentwickelt hat, dass ganz offen mit den verschiedenen Lebensbeziehungen umgegangen wird. Während noch vor vielen Jahrzehnten ein Outing verpönt war, sind derartige Beziehungen heute normal. Bei der letzten großen Parteitagsdiskussion zu diesem Thema gab es nur eine knappe Mehrheit dagegen. Viele bekannte Politiker, auch innerhalb der CDU, haben sich ebenfalls für eine gleichgeschlechtliche Beziehung entschieden. Deshalb ist es wichtig und richtig, auch für gleichgeschlechtliche Paare die letzten noch fehlenden gesetzlichen Bestimmungen zu schaffen, um diese Partnerschaften der Ehe gleich zu stellen. Beim gestrigen Kreisparteitag der CDU Wolfsburg gab es nach intensiver Diskussion ein einstimmiges Votum bei zwei Enthaltungen von zirka 60 Anwesenden, den Weg von Frau Merkel zu unterstützen."

Christoph Plett, CDU-Landtagskandidat aus Peine
"Die CDU schätzt es, wenn sich Menschen finden, um füreinander zu sorgen. Dabei ist und war die Frage, ob man eine Beziehung zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern Ehe oder Lebenspartnerschaft nennt, für die CDU immer eine ganz besondere gewesen. Eine Frage, die wir nicht als gemeinsame Partei beantworten können, sondern die frei dem eigenen Gewissen unterliegen sollte. Deswegen spreche ich auch nicht für die Partei als Ganzes, sondern als deren langjähriges Mitglied, wenn ich sage: Für mich steht die Ehe von Mann und Frau zu Recht unter dem besonderen Schutz des Staates, denn nur die Ehe zwischen Mann und Frau bringt Kinder hervor.
Wir haben gleichgeschlechtliche Partnerschaften bereits weitgehend gleichgestellt und ich sehe deshalb keinen Handlungsbedarf."

Roy Kühne, CDU-Bundestagsabgeordneter für Goslar
"Die Gleichstellung der Ehe für Homosexuelle – Ehe für alle – ist für mich überhaupt kein Problem. Es geht um Menschen, welche sich lieben, bei Krankheit füreinander sorgen, sich im Alter stützen. Ich bin sehr froh darüber, dass wir dieses Thema zeitgemäß entscheiden. Was ich nicht möchte, dass dieses wichtige Thema über Menschlichkeit, Liebe und Fürsorge populistisch im Wahlkampf benutzt wird. Ich werde für die Gleichstellung stimmen und halte dies für absolut richtig."

Norbert Schecke, CDU-Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Goslar
"Aus meiner persönlichen Sicht und Auffassung ist die Ehe für alle ein absolut zeitgemäßes 'Modell' für ein gemeinsames Leben mit Liebe und gegenseitiger Fürsorge. Von daher begrüße ich die aktuelle Diskussion und würde mich über ein mehrheitlich positives Votum freuen."

Cornelia Rundt (SPD), niedersächsische Sozial- und Gleichstellungsministerin
"Wenn - wie zu erwarten - am Freitag der Bundestag den auch von Niedersachsen im September 2015 miteingebrachten Gesetzentwurf des Bundesrates für die Gleichstellung von Ehen Homosexueller beschließt, könnte das Vorhaben am 7. Juli 2017, also am Freitag nächster Woche im zweiten Durchgang im Bundesrat beschlossen werden und in Kraft treten.

Ich freue mich sehr darüber, dass diesem wichtigen Anliegen des Landes, das ich stellvertretend für die Landesregierung immer wieder vorangetrieben habe, endlich Rechnung getragen wird. Endlich folgen dem Gleichheitsgrundsatz Taten. Deutschland wäre damit der 15. europäische Staat, der die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnet. Die staatliche Diskriminierung hätte damit ein Ende.

Die Niedersächsische Landesregierung setzt sich für eine Fristverkürzung ein, die eine zeitnahe erneute Bundesratsbefassung ermöglichen würde. Durch eine Änderung von Paragraph1353 des Bürgerlichen Gesetzbuchs muss endlich geregelt werden, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen und dann auch Kinder adoptieren können."


Björn Altmann, Stellvertretender Kreisvorsitzender der CDU Salzgitter


Es ist eine Gewissensfrage und jeder sollte und darf hier seine eigene ganz persönliche Meinung haben und kundtun. Eine sich der Moderne nicht ausschließende Partei mit Führungsanspruch wie die CDU, die mit Sinn und Verstand traditionelle Werte ständig mit gesellschaftlichem Wandel erfolgreich ausbalanciert, wird auch hier Konsequenz zeigen und diesem noch nicht einmal neuen Verlangen der Gesellschaft nachkommen und sich somit auch diesem fundamentalem Wandel uralter Strukturen öffnen. Daher steht die CDU-Salzgitter hinter Angela Merkel



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