Gefährlicher Eiertanz - Wie Deutschland die Corona-Krise verbockt

Leichtsinn, leere Versprechungen und jetzt auch noch ein Wortbruch? Die politischen Verantwortungsträger haben in den letzten Monaten kein gutes Bild abgegeben.

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Symbolbild | Foto: pixabay

"Einen weiteren Lockdown wird es in Deutschland nicht geben", hieß es in diesem Sommer fast einstimmig seitens der Politik, als die Impfkampagne zwar ins Stocken geriet, aber dennoch ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung zweifach geimpft oder auf dem besten Weg dorthin war. Dass diesen Satz heute wohl keiner mehr in den Mund nehmen würde, dürfte klar sein. Obwohl die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ in Deutschland am heutigen Donnerstag offiziell endet, sind die Zahlen der Neuinfizierten so hoch wie nie, stoßen die Krankenhäuser vielerorts an ihre Grenzen und befinden sich Teile von Deutschland auch schon wieder in Lock-Down-ähnlichen Zuständen. Doch wie konnte es dazu kommen?



Die Politik macht es sich leicht und schiebt den "Schwarzen Peter" den Ungeimpften zu. Und sicherlich: Wenn deutlich mehr Menschen sich hätten impfen lassen, wären die Zahlen jetzt vermutlich niedriger. Denn dass die Impfung eine Wirkung hat, sollte außer Frage stehen. Länder wie Israel und Portugal zeigen es, dass sie mit einer höheren Impfquote beruhigter in die Weihnachtszeit starten können.

Doch das allein kann es nicht sein. Einen großen Anteil der Verantwortung trägt auch die Politik. Viel zu lange hat man sich selbst und vor allem die (geimpfte) Bevölkerung in falscher Sicherheit gewogen. Dass der Impfschutz doch nicht so stark ist wie gehofft, dafür gab es schon länger Anzeichen. Doch man wollte sich das nicht eingestehen. Zum einen, um die Anreize für eine Impfung nicht zu schwächen. "Was soll ich mich impfen lassen, wenn ich trotzdem weiter Maske tragen soll oder mich testen lassen muss?", hätte vielleicht tatsächlich mancher gefragt. Zum anderen wollte aber natürlich vor der Bundestagswahl keine Partei den Menschen erzählen, dass es doch wieder dazu kommen kann, dass man Weihnachten im kleinen Kreis feiern muss und die Läden zwei Wochen vor dem Fest schließen müssen. Die Ignoranz ging sogar so weit, dass man kostenlose Tests abschaffte, um vielleicht dadurch ein paar Ungeimpfte dazu zu bewegen, sich impfen zu lassen.


Warnstufensystem hat versagt


Doch der gefährliche Eiertanz setzte sich auch auf anderen Ebenen fort. In Niedersachsen wurde eine extrem komplizierte Corona-Verordnung erlassen, die ein Warnstufensystem beinhaltete, das offenbar versagt hat. Denn wie ist es sonst zu erklären, dass man nun nach mehreren Monaten die Warngrenzen herabsetzen musste, damit überhaupt mal was passiert und wo das Kind schon fast in den Brunnen gefallen ist?

Und auch in der in dieser Woche neu erlassenen Fassung finden sich einige Dinge, die Fragezeichen aufwerfen. Während es in der Gastronomie und für die an der frischen Luft stattfindenden Weihnachtsmärkte strenge Regeln gibt, wurde der Einzelhandel komplett außen vor gelassen. Das führt zu dem Kuriosum, dass nach dem neuen Bundesinfektionsschutzgesetz für die Verkäufer eine 3G-Regel gilt, die Kunden aber außer an die Maskenpflicht an nichts gebunden sind. Auch dass die Impfzentren, die erst vor zwei Monaten geschlossen wurden, jetzt vielerorts mit hohem Aufwand wieder hochgefahren werden, zeugt nicht gerade von Weitsicht (wobei dafür die Kommunen am wenigsten Verantwortung tragen).

Impfpflicht wäre schwerer Fehler


Nun ist die Politik dabei, einen weiteren schweren Fehler zu machen: die Einführung der allgemeinen Impfpflicht. Das, was von allen wichtigen politischen Vertretern bis vor kurzem immer wieder, fast Mantra-artig kategorisch ausgeschlossen wurde. Nun wird es also doch ernsthaft in Erwägung gezogen. Mit nicht absehbaren Konsequenzen und zweifelhaftem Nutzen. Zum einen würde dies in der aktuellen Situation nichts helfen. Denn wer jetzt beginnt sich impfen zu lassen, dürfte erst im Januar oder Februar seinen vollen Impfschutz haben. Glaubt man den - manchmal auch zu Übertreibungen neigenden - Virologen, dürften einige von denen dann bereits tot sein. Viel schwerwiegender wäre aber der erneute Vertrauensverlust in die Politik. Würde man auch hier das Wort brechen, dürfte der Eiertanz erst so richtig gefährlich werden. Die Stimmung im Land ist bereits jetzt aufgeheizt. Da auch noch Öl ins Feuer zu gießen dürfte keine gute Idee sein.


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