Gifhorn. In der letzen Kreistagssitzung vor der Sommerpause stand das Thema "Änderung der Modalitäten der Sperrmüllabfuhr" auf der Tagesordnung. Der Vorschlag der Verwaltung, die Modalitäten auf eine Abfuhr nach vorheriger Terminvereinbarung zu ändern, fand keine Mehrheit (regionalHeute.de berichtete). Nun gibt es wegen stehen gelassenen Sperrmülls in der Stadt Ärger.
regionalHeute.de hat nochmal bei den Fraktionsvorsitzenden der Kreistagsfraktionen nachgefragt, was die Beweggründe der Fraktionen bei der Abstimmung über die künftige Regelung der Sperrmüllabfuhr gewesen sind und ob sie vor dem Hintergrund des andauernden Ärgers ihr Votum bedauern.
Schliephacke (SPD): Straßensammlung muss verbessert werden
Die Mehrheit der SPD-Kreistagsfraktion hat für die Beibehaltung des bisherigen Systems der Sperrmüllabfuhr gestimmt. Dieses sieht vor, dass der Sperrmüll an mehreren festgelegten Terminen im Jahr zur Abholung bereit gestellt werden kann und in einer Tour abgeholt wird.
"Nach einer intensiven Diskussion wurden die festen und regelmäßigen Termine, der geringe Aufwand für die Verwaltung und für das Entsorgungsunternehmen, der geringere finanzielle Aufwand und die Wiederverwertung positiv gesehen", erläutert Rolf Schliephacke die Vorteile der bisherigen Modalitäten.
Die Klagen über liegen bleibenden Müll seien nicht neu, so der Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion. Er habe Verständnis dafür, dass Bürger und betroffene Gemeinden wegen des damit verbundenen Aufwands verärgert sein, doch auch bei einem Abrufsystem wären diese Probleme nicht ausgeschlossen, auch wenn sie sicherlich geringer wären. "Die Mitglieder des Kreistages haben es sich mit der Entscheidung nicht leicht gemacht, aber sie haben entschieden. Verwaltung und Politik sind aufgefordert, weiterhin an einer Verbesserung der Straßensammlung zu arbeiten", schließt Schliephacke sein Statement.
Rautenbach (Grüne) verweist auf eigene Erfahrungen vor Ort
Die Grüne-Kreistagsfraktion hat geschlossen für den Vorschlag der Verwaltung gestimmt, Sperrmüll in Zukunft nur noch auf Anfrage abholen zu lassen. Man habe sich in der Fraktion schon relativ lange mit dem Thema beschäftigt, so dass alle Mitglieder sehr bewusst so abgestimmt haben, erklärte Klaus Rautenbach.
Es habe ein ganzes Bündel von Maßnahmen gegeben, die zu dieser Entscheidung geführt haben, so der Fraktionsvorsitzende weiter. Die Kreisverwaltung habe sehr ausführlich und sehr überzeugend beraten - und das mehrfach und in allen Fraktionen. Die ursprünglich durchaus nachvollziehbare Begründung, dass man den "armen" Sperrmüllsammlern die Gelegenheit gibt, ihre Wohnungen in Polen auszustatten, ziehe schon lange nicht mehr. Das Sammeln sei zu einem kommerziellen Geschäft geworden, das von Osteuropa gesteuert werde, so Rautenbachs Einschätzung "Die gesetzlich vorgegebene Reststoffverwertung sollte noch unserer Meinung aber professionell vor Ort in Deutschland geregelt werden."
Der mit festen Sperrmüllterminen verbundene "Mülltourismus" mit ständigen Fahrten durch die Wohnstraßen des Landkreises und einer massiven Belastung der Menschen durch Abgase, Feinstaub und Lärm müsse endlich aufhören, so die Forderung der Grüne-Fraktion. "Immer wieder verbleiben auf den Sammelplätzen große Reste des Sperrmülls zurück, teilweise herrschen auf diesen Sammelplätzen nicht hinnehmbare hygienische Zustände. Innerorts sind dann anschließend die Gemeinden am Zuge und müssen diese Reste - nicht nur bei den Sammelplätzen - auf eigene Kosten entsorgen", verdeutlicht Rautenbach das Problem.
Gerade die letzten Argumente seien von den Kreistagsmitgliedern gekommen, die in den Kommunen Verantwortung übernommen haben, betont der Fraktionsvorsitzende. Als langjähriger stellvertretender Bürgermeister der Gemeinde Isenbüttel und ehrenamtlicher Gemeindedirektor spricht er aus eigener Erfahrung.
Völke (Unabhängige): Landkreis hinkt hinterher
Jürgen Völke bezeichnet die Entscheidung des Kreistages, das bisherige Sperrmüllsystem beizubehalten, als nicht nachvollziehbar. "Hier scheinen sich viele Mitglieder der großen Fraktionen keine Gedanken gemacht zu haben oder sie haben sich nicht angemessen auf die Abstimmung vorbereitet oder sie sind schlicht und ergreifend beratungsresistent", kritisiert der Vorsitzende der Unabhängige-Fraktion. Als Ortsbürgermeister sei er mit der Sperrmüll-Problematik direkt konfrontiert und hätte sich gewünscht, dass sich die Mehrheit der Kreistagsabgeordneten/in genau wie seine Fraktion ebenfalls für eine Änderung der Modalitäten ausgesprochen hätte. Die überwiegende Anzahl der Kreise in Niedersachsen haben diesen Schritt schon längst hinter sich gebracht. Die Politik des Landkreises Gifhorn sei in dieser Hinsicht etwas "behind the times".
AfD will die Situation beobachten und ihre Entscheidung eventuell überdenken
In den Reihen der AFD-Fraktion sprach sich die Mehrheit der Abgeordneten für die Beibehaltung des aktuellen Sperrmüllabfuhr-Systems. Nurein Abgeordneter hattefür die Umstellung auf das von der Verwaltung vorgeschlagene neue System gestimmt. Nachdem der Vorschlag der Verwaltung sehr kontrovers diskutiertworden sei, hätten dieFraktionsmitglieder, die für die Beibehaltung des alten Systems gestimmt haben, die geringeren Kosten für den Landkreis sowie bessere Chancen auf Restverwertungen durch Sperrmüllsammler, im Vordergrund gesehen berichtet Stefan Marzischewski-Drewes. Das Fraktionsmitglied, das für das neue von der Verwaltung vorgeschlagene Verfahren gestimmt hat, habe hingegenden Aspekt der Sicherheit sowie die sich aus illegaler Müllentsorgung durch Sperrmüllsammler folgenden Probleme im Vordergrund gesehen, so der Fraktionsvorsitzende der AfD weiter.
"In einer ganzheitlichen, das heißt kreisweiten und rückblickenden Betrachtung wurden Probleme mit illegaler Müllentsorgung im Zusammenhang mit der Sperrmüllabfuhr zum Zeitpunkt der Entscheidung im Kreistag durch die Mehrheit unserer Kreistagsmitglieder (wie auch in den meisten anderen Fraktionen) als nicht nennenswert bewertet" räumt Marzischewski-Drewes ein. "Sollte es sich bei dem derzeitigen Ärger in Gifhorn nicht um einen bedauerlichen Einzelfall handeln, sondern sich als grundsätzliches und flächendeckendes Problem herausstellen beziehungswieseentwickeln, würden wir unsere Position zu dieser Frage überdenken.
Natürlich haben wir auch vonallen in Kreistag vertretenen Fraktionen Statements angefragt. Sollten wir diese noch erhalten, wird es im Artikel ergänzt.
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https://regionalgifhorn.de/sperrmuellabholung-alles-bleibt-wie-es-ist/
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