Nazi-Parolen auf Schützenfest: "Es ist beschämend"

Nach den Ereignissen auf dem Altendorfer Schützenfest melden sich nun Stimmen aus der Politik zu Wort. Solch ein Verhalten sei nicht hinnehmbar.

Symbolbild.
Symbolbild. | Foto: Pixabay

Gifhorn. Übergriffe auf Politiker, ein Angriff auf eine Flüchtlingsunterkunft: in den vergangenen Tagen erschütterten gleich mehrere Fälle von Ausländerfeindlichkeit die Menschen in Deutschland. Besondere Aufmerksamkeit erweckte ein Vorfall auf Sylt, dort grölten Partygänger Naziparolen (mehr dazu). Einen ähnlichen Vorfall gab es wohl auch auf einem Schützenfest in Gifhorn. Politiker zeigen sich schockiert.



In der Nacht zum vergangenen Sonntag sei im Rahmen des Altendorfer Schützenfestes das Lied "L'amour toujours" von Gigi d'Agostino abgespielt worden. Hierzu sollen mehrere Personen der Festgesellschaft einen verfremdeten Text mit Inhalt "Ausländer raus" gesungen haben.

Philipp Raulfs, Vorsitzender der SPD im Landkreis Gifhorn, äußert sich zu den Vorfällen:
"Es ist beschämend zu erfahren, dass offenbar auch auf Schützenfesten in unserem Landkreis Nazi-Parolen gesungen wurden. Schützen- und Volksfeste stehen für ein friedliches, gesellschaftliches Miteinander, für Vielfalt und für Gemeinschaft verschiedenster Menschen. Rassistische und menschenverachtende Äußerungen haben dort und auch anderswo nichts verloren und sind auch durch eine Bier-Laune in keinster Weise zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Denn wer unsere Geschichte kennt, der weiß, dass es das Wegschauen und das Akzeptieren von Fremdenfeindlichkeit war, was den Nazis den Weg ebnete. Ich bin froh, dass die Schützenvereine hier klare Kante zeigen. Gleichzeitig fordere ich Vereine und Gäste bei solchen Festen in Zukunft dazu auf, es nicht hinzunehmen, wenn sich Menschen auf so schreckliche Art und Weise äußern. Unsere Gesellschaft muss hier ganz klar sein, das ist der eindeutige Auftrag von jedem einzelnen und jeder einzelnen von uns!"


Kritik auch aus dem Bundestag


Bundestagsabgeordneter Hubertus Heil (SPD) appelliert an die Menschen:
"Das Singen von menschenverachtenden Parolen ist durch nichts zu entschuldigen. Es ist gut, dass der Staatsschutz der Gifhorner Polizei den Vorfall in Altendorf nun untersucht. Der Vorstand des Schützenvereins Altendorf von 1812 hat sich klar von rechtem und rassistischem Gedanken distanziert und zeigt damit, dass das Schützenwesen als wichtige Tradition unserer Heimat klar auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht. Ich appelliere an alle anständigen Bürgerinnen und Bürger, Zivilcourage gegen solche Ausfälle und für unsere freie Gesellschaft zu zeigen."


Innenministerin Daniela Behrens


Die Niedersächsische Ministerin für Inneres und Sport, Daniela Behrens, erklärte am heutigen Montag in einer Pressemitteilung:
„Allein in den vergangenen Tagen haben wir in Niedersachsen eine Reihe von Vorfällen verzeichnen müssen, die uns sehr deutlich vor Augen führen, mit welchem Selbstbewusstsein und mit welcher Schamlosigkeit die Gegner unserer Demokratie mittlerweile auftreten. Der tätliche Angriff auf die Grünen-Abgeordnete Marie Kollenrott, den ich zutiefst verurteile, ist ein weiterer trauriger Beleg für die Verrohung der politischen Debatte. Dieser Fall zeigt einmal mehr wie drastisch die Hemmungen gefallen sind, physische Gewalt gegen Andersdenkende, insbesondere aber gegen Politikerinnen und Politikern auszuüben. Darüber hinaus müssen wir bundesweit und leider auch in Niedersachsen feststellen, dass auf Schützenfesten und anderen Feiern rassistische Parolen zu einem eigentlich harmlosen Song gegrölt werden, ohne dass in der unmittelbaren Umgebung jemand einschreitet und diesem Treiben ein Ende setzt. Dass die Verbreitung dieses widerlichen Gedankengutes nicht nur ein harmloser Partyspaß ist, zeigte sich am Wochenende in Braunschweig, wo mutmaßlich Besuchende eines Schützenfestes Steine auf eine Unterkunft für Geflüchtete geworfen und dabei ebenfalls rassistische Parolen skandiert haben."


"Mit aller Härte des Rechtsstaates"


Auch der Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion Sebastian Lechner äußert sich: „Rassistische Parolen jeglicher Art verurteilen wir auf das Schärfste. Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit haben in unserem Land keinen Platz und gehören strafrechtlich verfolgt. Ein solches Verhalten ist keinesfalls zu tolerieren und muss konsequent mit aller Härte des Rechtsstaates bestraft werden.“

Bündnisse äußern sich zu Vorfällen


Verschiedene Bündnisse im Landkreis Gifhorn, darunter Bunt statt braun, Bündnis für Demokratie, Faireint, gaben eine gemeinsame Presseerklärung ab:
"Die Bündnisse für Demokratie, Vielfalt und Toleranz im Landkreis Gifhorn verurteilen Rassismus in jedem Zusammenhang: auf der Straße, im Betrieb oder bei Veranstaltungen. Überall nehmen rechtsextreme, antisemitische und rassistische Äußerungen und Aktionen zu. Die Hemmung, sich antidemokratisch zu positionieren, nimmt stetig ab. Dies ist in allen gesellschaftlichen Bereichen und Schichten zu beobachten. Wir sehen nicht tatenlos zu und rufen alle Menschen dazu auf, Stellung zu beziehen. Rassisten und Rechtsextreme sind in der Minderheit. Sie sind laut und fühlen sich stark. Wir stellen uns ihnen an jedem Ort und in jeder Situation entgegen und solidarisieren uns mit den Opfern. Alle demokratischen Kräfte müssen gemeinsam den Feinden unserer offenen und toleranten Gesellschaft entgegenwirken und die Menschenrechte verteidigen. Rassismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus bedrohen uns alle. Den öffentlichen Raum überlassen wir nicht den Demokratiefeinden."


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