100 Real-Beschäftigte kämpfen um ihre Zukunft: "Man fühlt sich im Stich gelassen"

Am 31. Januar 2021 ist es endgültig aus bei Real an der Gutenbergstraße in Goslar. Die Zukunftsperspektiven der knapp 100 Beschäftigten sehen düster aus. Auch auf einen Nachfolger auf dem Gelände hoffe man nicht.

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Etwa 100 Mitarbeiter sind bei Real in Goslar beschäftigt. Ihnen fehlt eine Perspektive nach der Schließung im Jahr 2021.
Etwa 100 Mitarbeiter sind bei Real in Goslar beschäftigt. Ihnen fehlt eine Perspektive nach der Schließung im Jahr 2021. | Foto: Marvin König

Goslar. Immer mehr Spekulationen umhüllen die Zukunft des real-kauf Gebäudes von 1976. Weniger war jedoch in den vergangenen Wochen der Blick auf die Zukunft der knapp 100 Beschäftigten gewandt, die mit der Schließung Anfang 2021 ihren Job verlieren. Torsten Röpke und Martin Mahnkopf von der Goslarer SPD trafen sich vergangene Woche mit dem Betriebsrat, um Lösungen zu erörtern. Das Ergebnis sei jedoch bislang ernüchternd, wie regionalHeute.de vom Betriebsrat erfuhr. Man sei sehr pessimistisch, was die eigene Zukunft angeht.


„Real ist nicht irgendein Supermarkt, die 101 Beschäftigten haben eine hervorragende kaufmännische Ausbildung als Basis sowie eine langjährige verantwortungsvolle Fachtätigkeit in den unterschiedlichen Fachabteilungen“, betont Mahnkopf. Dazu zählen die Bereiche Sport und Textil, Haushaltswaren, Elektrofachbereich, Drogerie, Fleischerei und natürlich der Bereich Lebensmittel. Im Durchschnitt sei die Belegschaft 49 Jahre jung, die meisten Beschäftigten seien zwischen 40 und 50 Jahre alt, wie aus einer gemeinsamen Pressemitteilung der SPD-Politiker hervorgeht. „Die Kombination aus Fachkraft mit langjähriger Erfahrung sowie Alter ist doch ein echtes und gutes Angebot für unsere städtischen Arbeitgeber“, ergänzt Torsten Röpke.

Bislang sei jedoch jegliche Resonanz ausgeblieben. "Uns hat nicht eine einzige E-Mail erreicht", schildert der Betriebsrat. Auch wenn noch einige der Mitarbeitenden vor der Schließung in Rente gehen, blieben immer noch 90 zum Teil hoch qualifizierte Mitarbeiter, die ende Januar - teilweise nach mehreren Jahrzehnten im Betrieb - keinen Job mehr haben. "Wir haben sehr viele ausgebildete Kräfte, Kauffrauen- und Männer im Einzelhandel, teils mit Spezialisierungen für den Verkauf von Fleisch, Käse und Fisch. Dann haben wir welche mit viel Fachwissen in der Elektroabteilung. Dann gibt es wiederum viele, die nicht unbedingt im Einzelhandel bleiben wollen, sondern etwas völlig anderes planen. Das reicht von Produktionshelfer über Paketdienst bis zum städtischen Ordnungsdienst. Aber bis jetzt sieht es schlecht aus", heißt es aus dem Betriebsrat.

Auch das Gehalt spielt eine Rolle


"Man fühlt sich einfach im Stich gelassen", betont der Betriebsrat mit Blick auf die Tatsache, dass der nächste Termin zur Zukunft der Beschäftigten mit Oberbürgermeister Oliver Junk erst im Januar anberaumt ist. Außer der Intervention der beiden SPD Politiker seien bislang auch Gespräche mit der Wirtschaftsförderung Region Goslar gelaufen. Diese habe angeboten, Lebensläufe einzusenden, um bei der Vermittlung behilflich zu sein. Das Ergebnis: "Es gab bislang zwei Arbeitgeber, die sich gemeldet haben." Besonders glücklich hört der Betriebsrat sich jedoch nicht darüber an. Man erklärt: "Das Problem ist ja auch, zu welchen Bedingungen abgeworben wird. Viele bieten nur Teilzeit an. Auch der Verdienst spielt eine große Rolle. Die Leute müssen sehen, wo sie bleiben." Real bezahle nach dem Niedersächsischen Tarifvertrag für den Einzelhandel. Man könne also nicht klagen, wie es aus dem Betriebsrat heißt: "Aber der Branchentarifvertrag wird in vielen Bereichen nicht angewandt." Kaufland und Lidl würden beispielsweise nach Tarif zahlen. Bei Edeka zahle man nur in einem Teil der Filialen nach Tarif. Der Betriebsrat nennt noch ein weiteres Beispiel: "Globus zahlt auch nicht nach Tarif."

Nichts bleibt, wie es war


"Globus" war als zukünftiger Betreiber des Real-Geländes zuletzt heiß gehandelt. Wie genau es mit dem Areal an der Gutenbergstraße weitergeht, wisse man auch beim Betriebsrat nicht. "Man lässt sich da sehr wenig in die Karten schauen", seufzt der Betriebsrat. Das dreigeschossige Gebäude von 1976 beherbergte ursprünglich nicht nur den real-kauf. Das erste Obergeschoss beherbergte Möbel-Unger. Im zweiten Obergeschoss bezog der Unger SB-Markt Quartier. Beides war über das Atrium erreichbar, an welches heute noch eine Apotheke, ein Imbiss und ein Tabakladen nebst Postfiliale anschließen. Nach dem Umzug von Unger in eine eigene Immobilie wurde eine Rolltreppe ins erste Obergeschoss in den Markt integriert, in welchem aktuell die Non-Food Artikel zu finden sind. Aus Sicht des Betriebsrates stehen die Zeichen auf Abriss: "Mit dem Teil kann man nichts mehr anfangen, es regnet durch die Decke, wenns richtig regnet stellen wir Eimer auf. Und das Parkdeck hat Probleme mit der Statik. Der obere Teil darf gar nicht mehr genutzt werden." Ein kompletter Abriss sei wahrscheinlich, doch auch beim Betriebsrat könne man sich nur auf Gerüchte berufen. "Aber wenn die wirklich richtig neu bauen, könnte das eine Weile dauern. Es wird auf jeden Fall nicht mehr so groß wie es jetzt ist." Aus diesem Grund hoffe man auch nicht darauf, vom neuen Betreiber des Geländes übernommen zu werden. Der Flächenbebauungsplan der Stadt Goslar lasse laut Betriebsrat nur ein kleineres Geschäft zu: "Eine große Nonfood-Abteilung soll es auch nicht mehr geben, um die Innenstadtsortimente nicht zu gefährden.

Raus aus Goslar


Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien auch bereit, in Zukunft eine Wegstrecke außerhalb der Stadtgrenzen für einen neuen Job zu fahren. Auch stehen neue Herausforderungen neben den bisherigen Tätigkeiten nicht im Weg. Dazu gehören Jobs in den Bereichen Logistik, Service oder Bürotätigkeiten. „Wir möchten helfen die Real-Beschäftigten in neue Jobs zu bringen und rufen daher alle Arbeitgeber mit freien Stellen auf, sich an den Real-Betriebsrat zu wenden“, appellieren Röpke und Mahnkopf an die Wirtschaft. Auch der Betriebsrat appelliert: "An alle Firmen rundum bis nach Braunschweig: Wir haben viele, die sagen würden sie machen was komplett anderes. Wir hoffen wirklich, dass sich der ein- oder andere noch meldet!"

Interessierte Unternehmen können sich unter br8213@real.de an den Betriebsrat wenden.


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