40 Stunden Woche für Lehrer gefordert


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Symbolfoto: Pixabay | Foto: pixabay

Goslar. Mit Kritik an der von Rot-Grün Landesregierung hat der Niedersächsische Philologentag 2016 in Goslar begonnen. Es wurde die Senkung schulischer Anforderungen und die damit einhergehenden Inflationierung qualifizierter schulischer Abschlüsse thematisiert.


Vor zahlreichen Gästen aus Politik und Verwaltung sowie den 350 Delegierten aus den niedersächsischen Gymnasien und Gesamtschulen hielt der Vorsitzende des Philologenverbandes, Horst Audritz, Kultusministerin Heiligenstadt ein langes Sündenregister vor. So habe sie mit dem Wegfall der Schullaufbahnempfehlung nach der Grundschule signalisiert, dass für den Besuch des Gymnasiums keine besondere Eignung mehr erforderlich sei. Im Sekundarbereich I des Gymnasiums sei der Stundenanteil der anspruchsvollen naturwissenschaftlichen Fächer gegenüber dem früheren G9 reduziert worden. Durch die neue Oberstufenverordnung habe das Kultusministerium zudem die Zahl der schriftlichen Klausuren reduziert. Die Verbindlichkeit der zweiten Fremdsprache in Klasse 11 könne künftig unterlaufen werden, und die Fachhochschulreife werde jetzt zu wesentlich herabgesetzten Anforderungen vergeben.

Ein besonders eklatantes Beispiel für diese „Erleichterungspädagogik" stelle auch die Einführung einer sogenannten Präsentationsprüfung anstelle der mündlichen Abiturprüfung dar, bei der der Prüfling die Prüfung weitgehend zu Hause mit fremder Hilfe vorbereiten könne. In zahlreichen Äußerungen vermittle die Ministerin zudem den Eindruck, dass Selbstverantwortung für den schulischen Erfolg und eigene Anstrengung nicht mehr erforderlich seien, heißt es in einer Mitteilung des Philologenverbandes.

Klagen der Hochschulen


Dies alles geschehe vor dem Hintergrund einer Studienabbruchquote von bis zu 50 Prozent und den massiven Klagen der Hochschulen über schwerwiegende Defizite zahlreicher Studenten. Auch die Wirtschaft übe laufend Kritik am Fehlen von Grundkenntnissen und an Grundtugenden wie etwa Anstrengungsbereitschaft. In einem zukunftsorientierten Bildungswesen gehörten Fördern und Fordern zusammen, unterstrich Audritz. Der Druck auf die Lehrkräfte, die Anforderungen ständig zu senken, müsse endlich gestoppt werden. Alle Anstrengungen müssten darauf konzentriert werden, die von den Hochschulen und der Wirtschaft benannten Defizite systematisch abzubauen, forderte er.

In diesem Zusammenhang kritisierte Audritz auch die Kompetenzorientierung, nach der die Schüler nur noch allgemeine instrumentale Fähigkeiten lernen müssten, während die Auswahl der Lerninhalte gleichgültig und Grundlagenwissen nicht mehr wichtig seien. Mit dem Leitspruch des Philologentages „Wissen – Urteilen – Handeln" wolle der Philologenverband unterstreichen, dass Wissen die Grundlage für jedes qualifizierte Urteilen und Handeln sei und es unverzichtbare Unterrichtsinhalte gebe. Ziel eines anspruchsvollen Bildungsganges müsse der mündige Mensch sein, nicht der auf bloßes Funktionieren in einer globalisierten Wirtschaftswelt reduzierte Schüler.

Kritik an Heiligenstadt


Für den Philologenverband stehe ferner die überfällige Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen 40-Stunden-Woche für Lehrkräfte ganz vorn auf der Tagesordnung, unterstrich Audritz. Auf diesem Feld sei die Kultusministerin bisher gänzlich untätig geblieben, obwohl Ministerpräsident Weil auf dem letztjährigen Philologentag den Abbau überflüssiger bürokratischer Belastungen zugesagt habe. In ihrer Online-Befragung der Lehrkräfte habe sie eine konkrete Feststellung der Arbeitsbelastungen ebenso abgeblockt wie eine echte Aufgabenkritik. Die Lehrer hätten diese Befragung als Ablenkungsmanöver durchschaut und sich ihr zu über 90 Prozent verweigert.

Als Oppositionspolitikerin habe Heiligenstadt 2009 das Kultusministerium aufgefordert, „die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte so zu verbessern, dass die Aufgaben in der Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden zu schaffen sind“. Audritz: „Folgen Sie heute Ihren eigenen Erkenntnissen von damals - das wäre ein notwendiger Beitrag zur Arbeitszeitgerechtigkeit und zur Sicherung einer leistungsfähigen Schule in Niedersachsen", heißt es weiter in der Mitteilung.


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