Aktenmanipulation: Oberbürgermeister Junk weist Vorwürfe lautstark zurück

SPD, FDP, CDU und der Oberbürgermeister lieferten sich im Rat am heutigen Dienstag einen harten Schlagabtausch.

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Oberbürgermeister Oliver Junk soll Akten manipuliert haben. Die Vorwürfe hörte er sich in der Ratssitzung am heutigen Dienstag zunächst ohne jede Gefühlsregung an.
Oberbürgermeister Oliver Junk soll Akten manipuliert haben. Die Vorwürfe hörte er sich in der Ratssitzung am heutigen Dienstag zunächst ohne jede Gefühlsregung an. | Foto: Marvin König

Goslar. In einer extra zu diesem Zwecke einberufenen aktuellen Stunde konfrontierten Ratsherr Stefan Eble (SPD) und sein Kollege Stephan Kahl (FDP) Oberbürgermeister Dr. Oliver Junk mit dem Vorwurf der Aktenmanipulation im Vergabeverfahren beim Investorenwettbewerb zum Verkauf des Grundstücks Kattenberg. Ihnen sei ein Dokument zugespielt worden, welches in der - laut Verwaltung vollständigen - Akte zur Causa Kattenberg fehle. Junk weist die Vorwürfe in ungewohnt lautem Tonfall von sich. Das niedersächsische Innenministerium erklärt gegenüber regionalHeute.de, in der Angelegenheit tatsächlich zu ermitteln.


"Bevor jedoch eine Prüfung stattfinden kann, ist zunächst eine umfassende Aufklärung des komplexen Sachverhalts erforderlich, die noch nicht abgeschlossen ist", mahnt Ministeriumssprecherin Simone Schelk eindringlich auf die Frage, was denn mögliche Ergebnisse dieser Ermittlung sein könnten. Währenddessen ging es im Rat bereits hoch her. FDP und SPD bewahrten laut Vertretern der CDU und Oberbürgermeister Junk im vorangegangenen Verwaltungsausschuss Stillschweigen zum genauen Grund ihres Antrags auf eine aktuelle Stunde. Als die Stunde schlug, erklärt Ratsherr Eble: "Es geht heute allein darum, mit welchen Mitteln Sie der Klosterkammer unter der Leitung ihres Freundes (Hans-Christian) Biallas das Grundstück zugeschustert haben."


Wurden die anderen Investoren getäuscht?


Eble erinnert an den Investorenauswahlwettbewerb im Jahr 2015. Dort bewarben sich einerseits die LIEMAK-Gruppe, eine Tochtergesellschaft der Klosterkammer Hannover, sowie eine Gruppe Goslarer Investoren. "Die Auswahlkommission konnte sich nicht festlegen und wollte ein weiteres Gespräch mit den Goslarer Investoren führen", legt Eble dar. "Dieses Gespräch hat aber nach unseren Informationen nie stattgefunden, weil Sie (Dr. Oliver Junk) wollten, dass ihr LIEMAK-Freund Biallas zum Zug kommt!" Eble fährt fort: "Die Goslarer Interessenten wurden ausgebootet und nicht über eine Änderung der Verfahrensbedingungen im Investorenwettbewerb informiert."

Aktuelle Stunde für Wahlkampf missbraucht?


Ende 2015 habe sich die Klosterkammer für den Zuschlag bedankt. "Es war jedoch nie ein fairer Wettbewerb", merkt Eble an. Die Goslarer Investoren hätten ihren Unmut über die Entscheidung in einem Beschwerdeschreiben an den Oberbürgermeister kundgetan und um ein Gespräch gebeten. Dieses Gespräch, so Eble, habe am 29. Februar 2016 stattgefunden. "Dort baten Sie (Oliver Junk) darum, dass Beschwerdeschreiben aus den Akten entnehmen zu dürfen. Das lehnten die Investoren ab. Offensichtlich haben Sie das Schreiben trotzdem aus den Akten genommen." FDP und SPD sei das fehlende Schreiben nun zugespielt worden. Das wurde auch zum Streitpunkt in der späteren Diskussion. Michael Ohse (Die Linke) beklagt, sich in dieser aktuellen Stunde für Wahlkampf missbraucht zu fühlen. "Die Vorwürfe sind erheblich. Ich frage mich, warum die Investoren keine Anzeige gestellt haben."

Sabine Seifarth (Die Grünen) stimmt zu: "Ich finde es im Moment schwierig, so ein Fass aufzumachen. Die Aufklärung obliegt der Staatsanwaltschaft und der Kommunalaufsicht." Christian Rehse widerspricht: "Ich denke, es obliegt unserer verdammten Pflicht und Schuldigkeit hier Aufklärung zu betreiben. Hier ist eindeutig eine rote Linie überschritten worden im Vertrauensverhältnis zwischen Rat und Verwaltung." Der FDP-Politiker fragt, wer ihm garantieren könne, dass die Akte nun so gesichert werde, "und nicht morgen dieses Schriftstück plötzlich wieder in den Akten ist." Junk und Stadtkämmerer Dirk Becker halte er für befangen. Ratsherr Stephan Kahl (FDP) spricht gar von "strafrechtlicher Relevanz".

"Sind wir hier im Irrenhaus?"


Dem CDU-Ratsherren Frank Schober platzt schließlich der Kragen. "Sind wir hier im Irrenhaus? Hier wird unterstellt, dass etwas nicht da ist und es wird unterstellt, dass es jetzt heimlich geradegerückt wird. Wenn Sie ehrlich wären, würden Sie dieses Papier hier auf den Tisch knallen. Stattdessen machen Sie hier so einen Zirkus." Schober fährt fort: "Das kann nur Wahlkampfgetöse sein, alles andere müsste man abwarten."

"Brutal mies und unkollegial"


"Ein ganz, ganz harter Vorgang. Ein starkes Stück dem Oberbürgermeister der Stadt Goslar die Kommunalaufsicht und die Staatsanwaltschaft anzudrohen", leitet schließlich der Oberbürgermeister selbst sein Statement in gewohnt ruhigem Ton ein. Ich würde jetzt gerne wissen, welcher Investor, welcher Brief und was haben vier Herren oder vier Damen in einem Oberbürgermeisterzimmer besprochen und nicht besprochen und wann hat der Oberbürgermeister diesen Vorgang aus den Akten genommen." Junk fordert Aufklärung, und wird deutlich: "Ich halte das, was Sie hier gemacht haben, für brutal mies und für unkollegial. Das ist einem Ratskollegen unwürdig und nur Wahlkampfgetöse. Schäbig." Dann geht er Christian Rehse direkt an: "Wann haben Sie den Antrag gestellt und warum haben sie uns dieses Schreiben im Verwaltungsausschuss auf mehrfache Nachfrage nicht vorgelegt. Sie haben Vorwürfe erhoben ohne Belege, in öffentlicher Sitzung. Das finde ich hart und Sie sollten sich überlegen, ob man einem Wahlkampf das alles unterordnet, und gleichgültig wie die Wahl ausgeht sollten Sie überlegen, dass man noch miteinander im neuen Rat arbeiten kann. Das wird mir mit Ihnen schwerfallen, Herr Rehse, wenn Sie diese Vorwürfe nicht gerade rücken", so der Bürgermeister weiter. Er fordert eine Aufzeichnung der Aussagen von Eble und Kahl im Wortlaut. Die gewünschte Aufklärung bleibt man ihm jedoch vorerst schuldig, der Rat widmet sich eine knappe halbe Stunde später den restlichen Tagesordnungspunkten. Die Staatsanwaltschaft war für eine Stellungnahme am heutigen Dienstag nicht mehr zu erreichen.


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