Goslar. Nachdem die Aufbereitung des letzten Goslarschen Panckets etliche Diskussion in den politischen Gremien der Stadt verursacht hat, beschloss der Rat der Stadt Goslar trotz aller Kritik eine Fortsetzung des umstrittenen Events. Die Verkündung des Ehrengastes, Siemens-Chef Joe Kaeser, erregte erneuten Groll. Das sagen die anderen Parteien:
Die Linke jüngst einen entsprechenden Antrag eingereicht. Neben der Kritik gegen die Wahl Kaesers als Ehrengast, forderte die Linke das Pancket lieber gleich ganz ausfallen zu lassen (regionalHeute.de berichtete). Die Linke bezog sich dabei auf die aktuelle Entlassungsthematik bei Siemens.
Weiterhin wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach Stimmen laut gegen die Umsetzung des teuren Events. Hintergrund: letztes Mal hatte man es scheinbar etwas übertrieben (regionalHeute.de berichtete) und es kam zu erheblichen Mehrkosten.
Das sagen die anderen Fraktionen
Norbert Schecke (CDU) erachtet es als wichtig, ein Netzwerk der wirtschaftlichen Beziehungen zu pflegen:
"Die CDU Goslar steht zwingend weiter zur Durchführung des „Goslarer Pancket“, da wir es als zwingend notwenig erachten auch mit dieser Plattform ein Netzwerk der wirtschaftlichen Beziehungen zu pflegen, zu schaffen und auszubauen. Gerade unter diesem Gesichtspunkt hat die CDU zur Sicherung des Panckets auch einen entsprechenden Haushaltsänderungsantrag für 2018 aktuell eingebracht. Wir müssen begreifen, dass ohne eine funktionierende Wirtschaft auch die vielen Kultur- und Sportangebote, Stichwort Sponsoring, in unserer Stadt deutlich spürbare Verschlechterungen erfahren würden.
Bei der Schließung von Betriebsstätten und gleichzeitigen Milliardengewinnen bei der Siemens AG unter dem Vorstandsvorsitzenden und geladenem Gastredner für das Pancket, Herrn Joe Kaeser, und dem damit einhergehenden Arbeitsplatzverlust für Tausende Mitarbeiter darf aber nicht verkannt werden, dass es sich hier um strukturelle Veränderungen in der Energiewende handelt. Gleichzeitig werden aufgrund dieser Energiewende aber auch bei Siemens neue Stellen geschaffen, hier gilt es für die betroffenen Mitarbeiter Lösungen anzubieten. Auch darf man nicht vergessen, dass Siemens deutschlandweit ca. 115.000 Menschen beschäftigt und 7000 Auszubildende für das Berufsleben vorbereitet. Wir erhoffen uns eher, dass Herr Kaeser zu diesen Entwicklungen Stellung bezieht."
Urte Schwerdtner (SPD) erwartet eine Erklärung von Kaeser:
"Nach wie vor sind wir der Auffassung, dass es sich bei dem Pancket um eine für Goslar wichtige Veranstaltung handelt. Auch wir betrachten mit Sorge die aktuelle Entwicklung bei Siemens.
Wir erwarten uns von dem Besuch von Herrn Kaeser Erklärungen für die beabsichtigte Vorgehensweise."
Christian Rehse (FDP) hält das Pancket für eine wichtige Kontaktbörse:
[image=5e176ae4785549ede64d7b2f]"Wir halten Herrn Kaeser für einen interessanten Ehrengast. Goslar hat mit dem Siemenshaus einen direkten Bezug zu dieser bekannten Weltfirma. Wir sind sicher, dass Herr Kaeser in seiner Festrede auch auf das Thema Arbeitsplatzabbau eingehen wird.
Das Goslarer Pancket ist die einzige Wirtschaftsveranstaltung der Stadt und hat sich als Kontaktbörse bewährt. Die FDP hat einen Antrag zur Modernisierung der gesamten Ablaufs der Veranstaltung eingebracht. Dieser konnte noch nicht bearbeitet werden. Das Pancket 2018 soll stattfinden. Während bei zahlreichen Kulturveranstaltungen seit Jahren weitgehend hohe Kosten wie selbstverständlich von der Stadt getragen werden und sich kein Widerstand rührt, haben sich die Linken/Bürgerliste an dieser Wirtschaftsveranstaltung festgebissen und wollen sie abschaffen. Offensichtlich interessieren sie die Probleme und Verbindungen der Wirtschaft und der damit verbundenen Arbeitsplätze in unserer Region nicht."
Dirk Straten (AfD) nimmt Siemens in Schutz:
"Die AfD Fraktion steht der Einladung von Herrn Kaeser positiv gegenüber. Nicht der Siemens Konzern hat den Stellenabbau von zirka 2.900 Mitarbeitern zu verantworten, sondern die fatale Energiewende der schwarz/rot/grünen Regierung. Durch die ideologiebetriebene Politik dieser Parteien, wurde der gesamte Forschungsbereich in Sachen Kernenergie zu Nichte gemacht. Siemens hat unter anderem in diesem Bereich tausende von Mitarbeitern, welche nun der Politik zum Opfer fallen. Als Marktführer für dampf- und nuklearangetriebene Turbinen und aufgrund der sinkenden Nachfrage für Kohle und Gaskraftwerke muss Siemens handeln, um nicht vom Markt 'gefressen' zu werden.
Wir sehen das Goslarsche Pancket als notwendige Investition für die Zukunft. Sicherlich mag man über die Kosten unterschiedlicher Meinung sein. Doch gilt es durch solche Ausgaben Netzwerke zu schaffen, um neue Investoren nach Goslar zu locken. Wir halten diese Investition für zielführend. Dem Pancket eine Absage zu erteilen, wäre ein fataler Fehler; würde aber die Sichtweise der Linken treffen."
Henning Wehrmann (Bürgerliste) - Ausfall wäre kein Beinbruch:
[image=5e176f87785549ede64dce27]"Der Vorschlag der Linken, Siemens-Konzernchef Joe Kaeserals Pancket-Ehrengast2018 auszuladen, ist vor dem Hintergrund der derzeitigen Personal- und Firmenpolitik mehr als verständlich und kann auf die Zustimmung der Bürgerliste zählen.
Das Vorgehen von Siemens, bei einem Gewinn von über 6 MilliardenEuro fast 7.000 Arbeitsplätze abzubauen, kann und darf nicht zum Vorbild für andere Unternehmen werden. Ein Konzern, der in erheblichem Umfang von öffentlichen Aufträgen der Steuerzahler in unserem Land profitiert, muss sich auch seiner gesellschaftspolitischen Verantwortung stellen. Die Schließung von Produktionsstätten vorrangig im Osten – Görlitz, Leipzig, Berlin – ist dazu geeignet, die bestehende gesellschaftliche Spaltung zwischen Ost und West zu vertiefen. Daher wäre ein Pancket-Ehrengast Kaeser die absolut falsche Besetzung in diesen Zeiten.
Ein Ausfall des Panckets 2018 ist für die Bürgerliste kein Beinbruch. Das verschafft genügend Zeit, um die lange überfällige Diskussion über Format, Kosten und Nutzen dieser Veranstaltung in den Ratsgremien zu führen. Der Antrag der CDU, ohne eine solche Diskussion bereits zusätzliche 10.000 Euro auf Kosten der Goslarer Steuerzahlerinnen und Steuerzahler in diese Veranstaltung zu pumpen, lehnt die Bürgerliste als absolut kontraproduktiv ab."
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels lagen noch nicht alle Statements der Fraktionen vor, fehlende Stimmen werden nachgereicht. Angefragt wurden auch die Grünen.
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