Goslar. In einem früheren Antrag hatte die AfD-Ratsfraktion aufgrund der gestiegenen Kosten einen sofortigen Baustopp gefordert. Da jedoch bereits die Rohbauarbeiten an das ausführende Unternehmen vergeben wurden, sei ein Baustopp nicht mehr durchführbar, so dass nun per Änderungsantrag eine Beschränkung der Kosten auf 8,6 Millionen Euro erwirkt werden soll.
regionalHeute.de hat bei den anderen Fraktionen des Rates nachgefragt, was sie von dem Änderungsantrag halten. Die Antworten veröffentlichen wir ungekürzt und unkommentiert.
Urte Schwerdtner, SPD-Ratsfraktion:
Erst Baustopp jetzt Kostenbeschränkung: das Antragsverhalten der AFD zeigt, dass populistische Schnellschüsse nur auf mangelnder Sachkenntnis basieren, nicht durchdacht sein können und auch der "2.Versuch" in Form des Änderungsantrages zum eigenen Antrag definitiv nicht zielführend ist.
Sicherlich ist auch die SPD- Ratsfraktion nicht von den unvorhersehbaren Kostensteigerungen bei diesem für Goslar so wertvollen Projekt erfreut. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass der Kulturmarktplatz beim Thema Kostenanstieg nur als eines von vielen Bauprojekten zu nennen ist und dieser Umstand nicht darauf basiert, dass hier ein " Prunkbau" geschaffen werden soll, sondern vielmehr im Zusammenhang mit der Baukonjunktur zu sehen ist.
Auch uns ist es wichtig, die Kosten so gering wie möglich zu halten. Allerdings sind Sparmaßnahmen in diesem Verfahrensstadium nur noch bedingt möglich. Erwähnenswert ist , dass aktuell nicht die gesamte Liegenschaft sondern nur etwa 75 Prozent ausgebaut werden.
Denjenigen, die aktuell einen "Stopp" oder aber ein konkretes Limit ( ... ja wohl auch mit einem zwangsläufig verbundenen " Stopp" bei Überschreitung?) fordern, sollte dann konsequenterweise auch die Frage alternativer Unterbringungsmöglichkeiten von Stadtbücherei, Archiv und zum Beispielder Kulturverwaltung sowie der Finanzierung der dann wohl anstehenden Fördersumme in Höhe von 4 Millionen. Euro. gestellt werden.
Sabine Seifarth, Ratsfraktion Bündnis´90/Die Grünen:
Der AFD-Antrag bedient die Stammtisch-Diskussionen und blendet die Realität und die Gegebenheiten dabei aus. Zumindest ist die genannte Fraktion davon abgerückt den Umbau komplett einstellen zu wollen und der Stadt somit eine teure Bauruine an zentraler Stelle zu hinterlassen. Wir werden den Änderungsantrag ablehnen.
Die vor zwei Jahren beschlossenen Baukosten von 8,6 Millionen sind schon deshalb nicht mehr realistisch weil sie eben den Stand von vor 2 Jahren widerspiegeln. Zum Einen müssen aus der Gesamtsumme von derzeit 10,6 Millionen Euro die Kosten herausgerechnet werden, die der Stadt an anderer Stelle entstünden, würde man das Projekt nicht wie geplant fertigstellen. Der Hort müsste an anderer Stelle eingerichtet werden, die Büros für den Fachbereich Kultur ebenso. Das Archiv würde weiterhin in angemieteten Räumlichkeiten verbleiben, alles Kosten, die, unabhängig vom Kulturmarkplatz, anfallen. Abgesehen von den Leerstandskosten für ein nicht vollendetes Gebäude.
Zum Anderen sind die entstandenen Kostensteigerungen nicht angefallen weil die Ansprüche oder Standards angehoben wurden sondern weil die derzeitige Marktlage im Bausektor dies hergibt. Wir vertrauen dem Goslarer Gebäudemanagement, das der zuständigen Arbeitsgruppe glaubwürdig sein Bemühen um Einhaltung der finanziellen Vorgaben darlegen konnte. Besonders vor dem Hintergrund dass die vorgegebenen Bedingungen für die Zuschüsse eingehalten werden müssen. Gewisse Qualitätsstandards sind allerdings für uns gesetzt, denn es ist nicht im Sinne der Steuerzahler jetzt möglichst kostengünstig umzubauen und dann in 5 Jahren Gebäudeteile wegen Baumängeln reparieren oder gar stilllegen zu müssen, Pfusch am Bau darf nicht entstehen.
Der Rat hat sich in Mehrheit für das Projekt Kulturmarktplatz ausgesprochen, wir stehen weiterhin dazu. Die Stadtbücherei hat endlich ein angemessenes Domizil verdient, so wie ihre Nutzer. Die strukturelle Zusammenlegung des Fachbereichs Kultur halten wir für sinnvoll und unabdingbar für notwendige Abstimmungsprozesse und kurze Wege. Die Räume des Archivs können wir nicht weiterhin über die Stadt verteilen. Der geplante Kulturmarktplatz muss seinen Aufgaben gerecht werden und funktionsfähig sein. Dies sind unsere Mindestanforderungen, die, entsprechend unseren vorigen Ausführungen, so kostengünstig wie möglich erfüllt werden müssen.
Henning Wehrmann, Ratsfraktion der Bürgerliste für Goslar und Vienenburg:
Der neuerliche Antrag der AfD zum Kulturmarktplatz belegt einmal mehr die Politikunfähigkeit der Rechtspopulisten. Statt konkrete Einsparungsvorschläge zu unterbreiten, liefert die AfD ein schlampig zusammengestelltes Konglomerat aus Unwahrheiten und böswilligen Unterstellungen in Richtung Verwaltung.
Das beginnt mit der leicht widerlegbaren Behauptung der Rechtspopulisten, der Rat hätte am 20.12.2016 eine Gesamtsumme von 8,6 Mio. Euro beschlossen. In Wahrheit wurde dieser Beschluss ein Vierteljahr vorher am 20.9.2016vom Rat gefasst – und zwar einstimmig.
Als dreistes Mobbing von Verwaltungsmitarbeitern weist die Bürgerliste die nachweislich unwahre Unterstellung der AfD zurück, nach der die Rohbauarbeiten ohne Genehmigung des Rates vergeben wurden. Aufgrund der Beschlusslage des Rates hat die Verwaltung hingegen vollkommen korrekt gehandelt und die Rechtspopulisten haben das Vergabeverfahren im Vorfeld ihrer boshaften Unterstellungen zu keinem Zeitpunkt kritisiert.
Es ist im Übrigen der Bürgerliste für Goslar und Vienenburg zu verdanken, dass im Ratsbeschluss vom September 2016 ein Passus aufgenommen wurde, mit dem die Lenkungsgruppe des Rates beauftragt wurde, den städtischen Anteil an den Investitionskosten durch Vorgaben an die Planer zu reduzieren.
Die Ratsfraktionen sind dieser Vorgabe in höchst unterschiedlicher Weise nachgekommen. Während die Bürgerliste diverse, konkrete Einsparungsvorschläge im sechsstelligen Bereich unterbreitet hat, glänzten AfD, FDP/AfG und die rotgrüne Einheitspartei in den Sitzungen der Lenkungsgruppe durch häufige Abwesenheit oder das kritiklose Abnicken von Zusatzausgaben. Es bleibt daher festzuhalten, dass gerade diejenigen, die heute zu den lautstärksten Kritikern des Projektes gehören, im Vorfeld am wenigsten getan haben, um die Kosten zu begrenzen. Insoweit begrüßt die Bürgerliste, dass zumindest die Gruppe der Freien Demokraten erste Konsequenzen gezogen und ihre erfolglose Hinterbänklerin Ina Menge aus der Lenkungsgruppe abgezogen hat.
Für die Bürgerliste steht fest: Die Stadt muss alles tun, um den Bundeszuschuss von 4 Mio. Euro für das Projekt abzusichern. Zum Umzug von Stadtbibliothek und Archiv gibt es darüber hinaus keine Alternative: Das Gebäude der Stadtbücherei ist bereits verkauft; die Unterbringung des Stadtarchivs ist vollkommen unzureichend und auf verschiedene Standorte aufgesplittert; der Gebäudebestand in der Altstadt macht alternative Unterbringungen unmöglich. Es ist daher auch nicht verwunderlich, dass die erst jetzt aufgewachten Kritiker keinen einzigen Alternativstandort benennen konnten.
Goslar braucht aber keinen hohlen Populismus in Form von Baustopps oder weltfremden Kostendeckelungen sondern realistisch umsetzbare Vorschläge zur Kostenbegrenzung. Überflüssiger Schnickschnack nach dem üblichen Motto „Hauptsache chic und teuer!“ muss vom Rat hingegen konsequent unterbunden werden. Der Änderungsantrag der Bürgerliste vom 21.8.2017 ist dabei eine gute Grundlage, um die Gesamtbaukosten unter die 10,6 Millionen-Euro-Marke zu drücken.
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