Goslar. Im Gedenken an das Leid der vielen Zwangsarbeiter im und um den Fliegerhorst wird eine Straße im Bereich des Bebauungsplans Fliegerhorst-Nord den Namen "Sinaida-Fokstein-Weg" tragen. Das hat der Rat der Stadt Goslar in seiner Sitzung am Dienstag entschieden. Die damals 17-Jährige wurde im Jahr 1942 nach Goslar entführt und musste bis Kriegsende in der Mineralwasserfabrik Harzer Grauhofbrunnen Zwangsarbeit leisten. Sie heiratete und lebte bis zu ihrem Tod im Jahr 2008 in Goslar.
Überschattet wurde die Diskussion im Rat von einer Diskussionen um den Umgang im Rat mit dem Thema "Erinnerungspolitik". So stellte die CDU einen Antrag, die Straße nach dem ursprünglich von der Verwaltung geplanten Schema mit hiesigen Vogelarten wie geplant "Girlitzweg" zu nennen, und dem historischen Kontext stattdessen mit Infostelen und -tafeln Rechnung zu tragen. "Dass sich eine große Fraktion dieses Hauses den Argumenten der extremen Rechten anschließt, ist ungewöhnlich!", urteilt Bürgerlisten-Ratsherr Henning Wehrmann die CDU mit Blick auf die AfD ab. CDU-Antragssteller Claus-Eberhard Roschanski erwehrt sich den Vorwürfen: "Die Kollegen der CDU Ratsfraktion, die sich dafür ausgesprochen haben, dass es bei der ursprünglichen Verwaltungsvorlage bleibt werden aufgrund dieser Meinungsäußerung an den rechten Rand der Gesellschaft gestellt. Und diese Unterstellung folgt nur, weil wir der Auffassung sind, dass die Straßennamen in einem Baugebiet einem einheitlichen Motto unterworfen sein sollten." Roschanski weist außerdem darauf hin, dass seine Fraktion im Bauausschuss den Vorschlag gemacht hätte, mit einem Gedenkort allen Verfolgten und Gefangenen zu gedenken. Norbert Schecke ergänzt: "Eine Gedenkstätte wäre Aussagekräftiger als ein einfacher Straßenname."
Der Änderungsantrag der CDU wurde mit 22 Stimmen dagegen und 13 Stimmen dafür abgelehnt. Für die Straßenbenennung Sinaida-Fokstein-Weg sprachen sich 23 Ratsmitglieder aus, zwölf stimmten dagegen.
"Russenlager" und Zwangsarbeit am Fliegerhorst
Im unmittelbaren Umfeld dieser neuen Straße befand sich das ehemalige „Russenlager“, ein Lager für sowjetische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter und unweit hiervon das Zwangsarbeiterlager des Grauhofbrunnens.
Sinaida Dahle, geborene Fokstein wurde am 17. Dezember 1923 in Charkow (Ukraine) als Tochter eines deutschstämmigen Vaters und einer ukrainischen Mutter geboren. 1942 wurde sie im Alter von 18 Jahren zum Zwecke der Zwangsarbeit in das Lager des Harzer Grauhofbrunnens umgesiedelt. Hier arbeitete sie bis Kriegsende 1945 in der Mineralwasserfabrik. Nach dem Krieg heiratete Sinaida Fokstein einen Deutschen, gründete eine Familie und lebte bis zu ihrem Tode in Goslar.
Sinaida Dahle, geborene Fokstein, pflegte über viele Jahre einen persönlichen Kontakt zum Verein für Spurensuche, Harzregion e.V. und sei in dieser Zeit eine inspirierende Zeitzeugin dieser Epoche gewesen, die die Geschichte und das Schicksal der hiesigen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter eindrucksvoll nähergebracht hat. Sie verstarb am 3. August 2008 in Goslar.
Die Verwendung des Geburtsnamens Fokstein und nicht des Namens Dahle für die geplante Straßenbenennung erfolgt auf ausdrücklichen Wunsch der Familie. Diese hat mitgeteilt, dass nach ihrer eigenen Aussage die Person Sinaida Fokstein 1942 aufgrund des Erlebten und
Durchlittenen in diesem Lager gestorben sei. Sie sei nur nicht beerdigt worden.
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