Region. Wie das Hauptzollamt Braunschweig mitteilte, konnten trotz der Corona-Pandemie mit 1,7 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als im Vorjahr. Hintergrund sei die auf über fünf Millionen massiv gestiegene Anzahl an Warensendungen durch den "Brexit". Auch der Kampf gegen Steuerstraftaten, Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung habe im zweiten Corona-Jahr nicht geruht, heißt es.
"In einer Handelsnation wie der Bundesrepublik Deutschland sind die Zahlen des Zolls immer ein kleiner Spiegel der wirtschaftlichen Situation. Wir können unsere Statistiken nicht losgelöst vom Weltgeschehen oder der lokalen Wirtschaft präsentieren", leitet Zollamtmann Andreas Löhde den Rückblick des Hauptzollamtes Braunschweig auf das Jahr 2021 ein.
Damit meint der Pressesprecher des Hauptzollamtes Braunschweig nicht nur, dass Steuereinnahmen natürlich immer erst von Unternehmen und Bürgerinnen und Bürgern erwirtschaftet werden müssen, sondern auch das sie konjunkturellen Schwankungen unterliegen: Nach einem Rekord der Einnahmen von etwa zwei Milliarden beim Hauptzollamt Braunschweig im Jahr 2019 brachen die Einnahmen im ersten Corona-Jahr 2020 um 367 Millionen Euro auf etwa 1,6 Milliarden ein. Im Jahr 2021 konnten die Einnahmen nun wieder auf 1.694.486.894,17 Euro gesteigert werden. Dabei kam dem Hauptzollamt Braunschweig ein historischer Sondereffekt zu Gute, den die Leiterin des Hauptzollamtes Braunschweig, Regierungsdirektorin Regine Andreas, kurz und prägnant herausstellt:
Postsendungen um ein Vielfaches gestiegen
"2021 war nicht nur das zweite Jahr der Pandemie, sondern auch das erste Jahr des Brexit". Zwar ist das Vereinigten Königreich offiziell bereits am 31. Januar 2020 aus der Europäischen Union ausgetreten, jedoch endet die Übergangsphase im Binnenmarkt erst zum 31. Dezember 2020, sodass ab dem 1. Januar 2021 der Handel mit dem Vereinigten Königreich vom Zoll grundsätzlich überwacht und besteuert wird. Dadurch stieg der vom Hauptzollamt Braunschweig abgefertigte Warenverkehr im Jahr 2021 um 30 Prozent auf 5.437.292 Sendungen und übertraf damit auch den Prä-Corona-Wert aus dem Jahr 2019 (4.867.918 Sendungen). Die Einfuhren stiegen sogar um 62 Prozent auf 2.115.926 Sendungen. Die Bearbeitung der Einfuhren ist natürlich unterschiedlich aufwendig, wie ein Fall im Juli stellvertretend zeigte. Die Einfuhrabgaben stiegen jedoch nicht im gleichen Maße: Zoll (59.811.623,33 Euro) und Einfuhrumsatzsteuer (1.105.596.797,87 Euro) sind um 16 Prozent beziehungsweise 27 Prozent zum Vorjahreswert gestiegen. Hintergrund ist hier: Zwar ist der zollfreie Handel mit Großbritannien grundsätzlich möglich, jedoch an ein förmliches Verfahren gebunden. Auf diese zusätzliche Bürokratie verzichten aber oft Privatpersonen oder Unternehmen bei Sendungen mit vergleichsweise geringem Wert. In der Summe geht es dennoch um viel Geld für das Hauptzollamt Braunschweig, da ein erheblicher Teil der Postpakete aus dem Vereinigten Königreich für ganz Deutschland zentralisiert im Zollamt Göttingen abgefertigt wird. Hier ist die Anzahl der Einfuhren etwa um den Faktor 60 von zirka 6.000 auf 383.205 Sendungen gestiegen.
Knapp 3.000 Strafverfahren in Steuersachen wurden beim Hauptzollamt Braunschweig eingeleitet - zumeist wegen Schmuggelzigaretten. Foto: Hauptzollamt Braunschweig
Auch Vollstreckungsfälle gestiegen
"Wir sollten darauf achten, dass Steuern auch wirklich eingetrieben werden", erklärte Bundesminister der Finanzen, Christian Lindner, am 2. Mai bei der Präsentation des Jahresergebnisses der gesamten Zollverwaltung. Beim Hauptzollamt Braunschweig wird diesem Thema besonderes Gewicht beigemessen: mehr als jeder fünfte der 596 Zöllnerinnen und Zöllner beim Hauptzollamt Braunschweig war mit der Vollstreckung offener Forderungen beschäftigt. Im Wesentlichen von Helmstedt aus wurden (auch für das Hauptzollamt Hannover) insgesamt 240.143 Vollstreckungsfälle bearbeitet und dabei 76.955.140,85 Euro von Personen, die freiwillig zunächst nicht zahlen wollten, eingetrieben. Leider ist auch hier eine deutliche Steigerung zu erkennen: Im Vorjahr mussten nur 65.174.027,27 Euro in 175.139 Fällen eingetrieben werden.
Kampf gegen Steuer- und Zollkriminalität
Zudem kontrollierte der Prüfungsdienst des Hauptzollamtes Braunschweig jeden Tag bei durchschnittlich bei 3,6 Unternehmen in der Region, ob zoll- und steuerrechtliche Vorschriften eingehalten werden, damit Steuergerechtigkeit erzielt werden kann. Erfreulicherweise scheinen die geprüften Unternehmen im Jahr 2021 ehrlicher gewesen zu sein, als im Vorjahr: Anstatt fast 16 Millionen Euro mussten nur 1.615.385 Euro Steuern nacherhoben werden. Eine Prüfung kann auch unverhoffter Segen sein: 316.991 Euro wurden nach Außenprüfungen erstattet.
Der Kampf für Steuergerechtigkeit ist beim Hauptzollamt Braunschweig auch ein Kampf gegen Steuer- und Zollkriminalität: Knapp 3.000 Strafverfahren in Steuersachen wurden eingeleitet. Dabei handelte es sich zumeist um Schmuggelzigaretten, aber immer wieder auch um Shisha-Tabak.
"Ich bin stolz darauf, dass es den Beschäftigten der FKS gelungen ist, den Verfolgungsdruck trotz der weiterhin schwierigen Pandemiebedingungen aufrechtzuerhalten.", sagte die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, zu den bundesweiten Ergebnissen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im Jahr 2021.
Kein Kavaliersdelikt
Das gilt ebenso lokal: im zweiten Pandemiejahr konnten weniger Arbeitgeber geprüft werden (874) als im Jahr 2019 (1.164), da gerade in den vom Zoll besonders beobachteten Branchen Bau, Gastronomie, Friseurhandwerk etc. viele Unternehmungen ruhten, sobald sie aber offen waren, wurde auch hier das Hauptzollamt Braunschweig fündig.
Insgesamt wurde der Fokus richtig gelegt und intensiver geprüft, sodass trotz weniger Kontrollen mehr Strafverfahren eingeleitet werden konnten (2.001 gegenüber 1.799 im Jahr 2019). Dass es sich bei Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung nicht um Kavaliersdelikte handelt, zeigt der Blick auf die verhängten Strafen: insgesamt wurden über 27 Jahre Freiheitsstrafen, und 460.855 Euro Geldstrafen verhängt, sowie 750.793 Euro im Rahmen von Bußgeldverfahren vereinnahmt.
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