Berlin. Die angespannte Haushaltslage im Bund führt dazu, dass bereits geplante Ausbau- und Erhaltungsprojekte von Autobahnen und Bundesfernstraßen verschoben oder sogar ganz gestrichen werden. Das berichten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben) unter Berufung auf den Hauptverband der Deutschen Bauindustrie.
Der Verband habe eigenen Angaben zufolge zuletzt beobachtet, dass Ausschreibungen im Bundesautobahn- und Bundesstraßenbereich zeitlich in die Zukunft gerückt, Projektzuschnitte verkleinert oder bereits begonnene Vergabeverfahren aufgehoben worden sind. Als Grund nennt die Bauindustrie weggefallene Finanzmittel und unzureichende Finanzplanung seitens des Bundes.
Eine interne Liste des Verbands, über die die Zeitungen berichten, belegt eine bundesweite Betroffenheit bei Autobahnprojekten. Konkret genannt werden darin zehn Vorhaben. Unter anderem aufgehoben oder verschoben wurden demnach die geplante Fahrbahndeckenerneuerung auf der A4 bei Dresden und eine Erhaltungsmaßnahme auf einem Teilstück der A73 in Nordbayern. Auch Projekte auf der A71 bei Halle, der A7 bei Flensburg und A33 in Westfalen sind laut Bauindustrie betroffen.
Das Bundesverkehrsministerium dementiert Auswirkungen der angespannten Finanzlage auf geplante Autobahnprojekte auf Anfrage nicht. Man sei mit der Autobahn GmbH des Bundes intensiv im Austausch, sagte eine Sprecherin von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP). "Grundsätzlich gilt: Projekte, die sich bereits im Bau befinden, werden unverändert fortgeführt. Im Jahr 2024 stehen hierfür ausreichend Mittel zur Verfügung. Die Autobahn GmbH treibt die Planung und Umsetzung ihrer Projekte engagiert und mit entsprechender Prioritätensetzung voran", so die Sprecherin, die auch auf die derzeit laufenden Haushaltsberatungen innerhalb der Ampel-Koalition verweist.
Finanziell sind die Finanzplanungen im Bereich Autobahnen und Bundesstraßen aber laut Bauindustrie schon jetzt vereinzelt an ihre Grenzen gestoßen. Kostenschätzungen der öffentlichen Hand würden nicht mehr den realen Preisen entsprechen. Ein Grund dafür ist, dass nach dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine Baukosten deutlich gestiegen sind. Kostenschätzungen für die Straßenprojekte stammten aber häufig aus der Zeit davor. Mittlerweile sei der Mittelbedarf um gut 20 Prozent höher - und die Bundesregierung habe das Budget nicht an die Baukostensteigerung angepasst, klagt der Bauindustrieverband.
"Sehenden Auges laufen wir in einen Infrastrukturkollaps", sagte Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, den Funke-Zeitungen. "Die traurige Tradition, dass Deutschland sich seine Straßen, Schienen und Brücken kaputtspart, setzt sich fort. Autobahn oder Schiene: Seit Jahrzehnten wird zu wenig investiert, nicht einmal in den Erhalt. Das rächt sich." Einerseits würde bei Bürgern ihr Vertrauen in den Staat sinken, andererseits verliere der Standort Deutschland ohne funktionierende Infrastruktur weiter an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit.
Die derzeit laufenden Haushaltsberatungen zwischen den Fraktionen der Ampel-Regierung lassen keine grundsätzliche Entspannung der Finanzlage erwarten - im Gegenteil. Laut Bauindustrie stehe ein deutliches Minus von bis zu drei Milliarden Euro bei den Investitionsmitteln des Bundes für die Verkehrswege im kommenden Jahr im Raum. Mit gut 500 Millionen Euro weniger müsste dabei die Straße auskommen.
Die Bauindustrie spricht nun gar davon, dass der Staat als Investor und somit Stütze für die Branche ausfallen würde. Die Branche rechnet deswegen mit einem deutlichen Umsatzminus.
Von der SPD im Bundestag hieß es, angesichts steigender Baukosten und einer komplexen Haushaltslage müssten nun klare Prioritäten bei der Umsetzung der Infrastrukturprojekte gesetzt werden. "Instandhaltung, Sanierung und Erneuerung insbesondere von Brücken stehen dabei an erster Stelle. Bei Neu- und Ausbauprojekten darf es keine Streichungen geben, aber wir werden in Einzelfällen eine zeitliche Verschiebung diskutieren müssen", sagte Fraktionsvize Detlef Müller den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitagausgaben). Er sprach sich für generell mehr Mittel und eine langfristige finanzielle Planbarkeit aus. Die jetzige Form der Schuldenbremse sei dabei eine Investitionsbremse.
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