Helmstedt. Es war eine denkwürdige Ratssitzung am gestrigen Donnerstag, in der sich tiefe Gräben zwischen den Ratsfraktionen auftaten und ein gereizter Bürgermeister Wittich Schobert diverse Male hinter das Rednerpult treten musste, um Kritik einiger Ratsmitglieder abzuwehren. Die Umsiedlung des ALDI vom Bruchweg in die Emmerstraße bleibt ein Reizthema.
Das Kuriosum: Ein Bürgermeister, der mit seiner Verwaltung eine Vorlage ausarbeitet und dieser im Anschluss selbst die Zustimmung verweigert. Noch im Dezember 2017 hatte er selbst das Ziel verfolgt, einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan mit der Zielrichtung, Handelszentren zu errichten, aufzuheben. Dies hätte die angestrebte Umsiedlung des ALDI-Marktes vom Bruchweg auf das ehemalige Hellac-Gelände torpediert. Dann folgte jedoch ein Gespräch zwischen Investor und Schobert, das einen Meinungswechsel beim Bürgermeister herbei führte. So empfahl Schobert dem Rat, die Vorlage abzulehnen, da sich der Investor sehr kompromissbereit gezeigt habe, sich durch die Umsiedlung keine wesentlichen Veränderungen ergäben und eine nachhaltige Nutzung des Hellac-Geländes eine hervorragende Option sei.
Dieser Empfehlung folgten jedoch längst nicht alle Ratsmitglieder. Bereits der erste Redner Friedrich Preuß gab sich ob der Ausführungen Schoberts skeptisch: "Das hört sich ja alles schön an. Es drängt sich allerdings der Verdacht auf, dass der Investor nach Strohhalmen greift. Womöglich wurden ihm keine Alternativen genannt." Für ihn sei es ein Ding der Unmöglichkeit, rückwirkend noch Änderungen bezüglich seiner Meinung vorzunehmen, so mache man sich unglaubwürdig.
Einzelhandelskonzept abwarten
Auch die SPD verwehrte Schobert geschlossen die Gefolgschaft, warf dem Bürgermeister gar Intransparenz vor. So meinte Andreas Fox: "Das Angebot liegt nicht bei mir auf dem Tisch, also kann ich auch nicht darüber entscheiden." Sein Genosse Uwe Strümpel sprach von einem Niedergang der Innenstadt, Michael Gehrke gab gar zu bedenken, dass die für den neuen Standort des ALDIs veranschlagten 800 Quadratmeter sehr zweifelhaft seien: "Ich empfehle jedem einmal, sich die Neubauten von ALDI anzuschauen. Sie werden keine unter 1.400 Quadratmeter finden." Petra Schadebrodt (Gruppe FDP/HWG) warf zudem ein, dass doch das in Planung befindliche Einzelhandelskonzept abgewartet werden solle und keine Schnellschüsse wagen sollte. Ihr Fraktionskollege Guido Ide pflichtete dem bei: "Wir hätten sonst auch 78.000 Euro zum Fenster hinaus werfen können."
Ganz anders sah es jedoch die CDU. Wolfgang Kalisch: "Der Eigentümer bedient sich doch nur seines Rechtsanspruchs. Das sollen wir verhindern? So eine Verhinderungsstrategie ist mit der CDU nicht zu machen." Dies rief Gehrke und Schobert auf den Plan, die "klipp und klar" bezeugten, dass die Vorlage rechtmäßig sei. Schobert erboste zudem der Vorwurf der Intransparenz. Alle Unterlagen seien in Kopie an die Fraktionsvorsitzenden gegangen, der Investor selbst habe im Rat gesprochen. Nicht immer der richtige Ton sei bei dieser Diskussion getroffen worden.
Vorlage findet keine Mehrheit
Mit Haltung der Grünen (Wilfried Winkelmann: "Sehe keinen Grund, der gegen eine Verlagerung spräche.") und der AfD, aus der sich Axel Waterkamp kurzhielt ("Durch eine Verlagerung hätte man einen Schandfleck weniger"), deutete sich ein knappes Rennen an. Schließlich gab es 15 Ja-Stimmen, 20 Vetos und eine Enthaltung, die für ein Scheitern der Vorlage sorgten. Einer Umsiedlung des ALDI steht nun nichts mehr im Wege.
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