Berlin. Ein Großteil der Landkreise in Deutschland ist am Limit der Leistungsfähigkeit von Verwaltungen und Einrichtungen vor Ort und kämpft mit massiven finanziellen Problemen.
"Wir werden immer öfter mit Krisen konfrontiert, die wir meistern müssen", sagte der Präsident des Deutschen Landkreistages, Reinhard Sager, der "Welt am Sonntag". Das gelinge ja auch, aber der Punkt sei: Den Landkreisen würden fortgesetzt neue Aufgaben übertragen, dazu steige die Zahl der Vorschriften. "Wir ersticken in Bürokratie. Das verlangsamt die Entscheidungen in den Kreisverwaltungen zum Beispiel bei der Genehmigung von Gebäuden oder beim Klimaschutz."
Immer häufiger fehle den Kreisen selbst für Pflichtaufgaben die nötigen Mittel. "Die Finanzlage spitzt sich weiter erheblich zu, denn von den 294 Landkreisen in Deutschland waren im vergangenen Jahr 219 defizitär und konnten keinen Haushaltsausgleich schaffen", so Sager. 2022 wiesen die Kreise insgesamt noch einen Überschuss von 600 Millionen Euro aus, ein Jahr später steht am Ende ein Minus von 1,83 Milliarden Euro.
Die weiteren Aussichten sind demnach schlecht. 2024 und in den kommenden Jahren müssen die meisten Landräte weiter auf Rücklagen zurückgreifen und noch Kredite aufnehmen. Nach Berechnungen des Landkreistages für die "Welt am Sonntag" werden die kommunalen Ebenen insgesamt, also Landkreise, Städte und Gemeinden, am Ende dieses Jahres ein Defizit von 13,2 Milliarden Euro ausweisen.
"Wir brauchen eine bedarfsgerechte Finanzausstattung, konkret: Bund und Länder müssen uns das Geld geben, das wir brauchen, um unsere Aufgaben erfüllen zu können", fordert Sager. "Mit den wachsenden Aufgaben steigen unsere Kosten. Allein die Unterkunftskosten im Rahmen des Bürgergeldes, die die Landkreise auszahlen, sind eine gewaltige und zunehmende Belastung", zählt er auf. Zudem hätten die Personalkosten aufgrund der jüngsten Tarifabschlüsse deutlich zugelegt.
Von den gesamtstaatlich zu erfüllenden Aufgaben und Ausgaben entfallen 25 Prozent auf die Kommunen. Vom gesamten Steueraufkommen, das zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verteilt wird, bekommen sie aber nur 14 Prozent. "Diese Lücke kann doch jeder sehen und feststellen, dass das nicht gut gehen kann", so Sager.
Daher fordert der Landkreistag "einen höheren Anteil bei der Verteilung der Umsatzsteuer". An die Städte und Gemeinden fließen aktuell 2,2 Prozent des gesamtdeutschen Umsatzsteueraufkommens, der Rest geht an Bund und Länder. "Das muss neu verteilt werden, die Landkreise sollten zudem auch direkt an dieser Steuer beteiligt werden", so Sager. Der Verteilungsschlüssel sollte sich dabei nicht nur an der Wirtschaftskraft, sondern auch an der Einwohnerzahl ausrichten, damit besonders strukturschwache Kreise stärker profitieren könnten.
Ändert sich nichts an der Finanzlage, wird es weitere Einschnitte bei den freiwilligen Ausgaben geben, warnt der Landkreistag. Dann wären Landräte gezwungen, Zuschüsse für Sportvereine, Museen, Büchereien oder Musikschulen, bei der Ausstattung der Feuerwehr und weiterem zu kürzen oder streichen. All das würden die Bürger unmittelbar spüren. "Ich glaube, das wäre angesichts der angespannten Stimmung im Land fatal", sagte Reinhard Sager.
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