[image=45665]Der Rat der Stadt Wolfenbüttel befürwortet die Errichtung einer Gesamtschule im jetzigen Schulgebäude an der Ravensberger Straße zum Schuljahr 2012/2013, wenn ein "noch zu ermittelnder" Bedarf vorliege. Diese Entscheidung fällte der Stadtrat ohne die Zustimmung der Liberalen.
"Noch zu ermittelnder Bedarf" bedeutet, die Entscheidung wird mit dem Landkreis Wolfenbüttel abgestimmt, bevor ein entsprechender Antrag auf Genehmigung bei der Landesschulbehörde gestellt wird. Der Landkreis prüft derzeit Standortfragen, auch im Hinblick auf Einrichtung einer weiteren Gesamtschule im Kreisgebiet. Die Anmeldezahlen von Schülern für die Gesamtschule Wallstraße in Wolfenbüttel seien jetzt schon höher als die Schule aufnehmen könne. Die Stadt Wolfenbüttel strebt entgegen der Landespolitik keine Einrichtung einer Oberschule an. Bürgermeister Thomas Pink: "In Schladen wird gerade die Einrichtung einer Oberschule mit gymnasialem Zweig diskutiert. Sollte dies auch einmal hier in Wolfenbüttel diskutiert werden, empfehle ich dringend Ablehnung."
In Sachen Schulpolitik wollen nun Stadt und Landkreis deutlich enger zusammen arbeiten als in der Vergangenheit und dies sogar vertraglich regeln. Der Kreistag stimmt am 27. Juni in seiner nächsten Sitzung über die Schulvereinbarung beider Kommunen ab. Der Stadtrat hatte dieses Papier gestern nicht auf der Tagesordnung. Erst wenn der Beschluss des Kreistages gefällt ist, wird der Stadtrat im August über diese Vereinbarung entscheiden. Möglichst zeitnah sollen auch Gespräche über Schulbezirke zwischen Stadt und Landkreis geführt werden.
Christoph Helm forderte für die CDU-Fraktion in der Debatte die Trägerschaft beider Gesamtschulen durch die Stadt. "Dazu müssen auch Verhandlungen mit dem Landkreis geführt werden", sagte er. Die CDU will die Wahlfreiheit der Eltern bei allen Schulformen garantieren.
Im Namen der GRÜNEN dankte Stefan Brix der CDU-Fraktion dafür, dass sie sich bewegt hat. Er verwies darauf, das bei dem Beschluss der freie Elternwille und die Stärkung des Schulstandortes im Vordergrund stehe.
Ralf Achilles erklärte für die SPD, dass ihm und seiner Partei die Schulträgerschaft völlig egal sei. In seiner Rede verwies er auch auf tagesaktuelle, bundespolitische Meldungen, nach denen in Berlin bereits über die Abschaffung von Hauptschulen gesprochen werde.
Auch Bürgermeister Thomas Pink erklärte in seinem Redebeitrag die Hauptschulen für "quasi tod". "So traurig es ist, aber in wenigen Jahren wird es keine Anmeldungen für Hauptschulen mehr geben." Pink unterstrich, der Stadtrat habe hier nun sachorientiert die Fakten zu Kenntnis genommen, nach denen eine Mehrheit der Eltern sich für Gesamtschulen ausspräche: "Wie sind denn die Anmeldezahlen? Denen haben wir uns gestellt." Der Bürgermeister betonte, in Wolfenbüttel würde kein ideologischer Bildungskampf geführt, wie beispielsweise in Hannover auf Landesebene. Mit Blick auf die Reihen der SPD sagte er süffisant: "Das haben Sie in Ihren Zeiten nicht hinbekommen - aber Gemeinsamkeiten machen eine Stadt stark."
Vor der Abstimmung ist die FDP mit dem Antrag gescheitert, über die Einrichtung einer zweiten Gesamtschule erst dann zu entscheiden, wenn alle in der eigentlichen Entscheidungsvorlage unbeantworteten Fragen geklärt seien. Die Liberalen plädierten dafür, dass die Stadt mit dem Landkreis zunächst einen Schulentwicklungsplan erarbeiten solle, über den dann im Anschluss entschieden werden sollte. Für diesen Antrag stimmten aber nur die drei FDP-Vertreter im Rat. Rudolf Ordon begründete die Ablehnung der eigentlichen Entscheidungsvorlage damit, dass sie noch nicht entscheidungsreif sei. Insbesondere die Kosten für den Umbau der Schule Ravensberger Straße wären nicht benannt. Er kritisierte die geografische Lage des Schulgebäudes in Bezug auf die Planungen: "Kurze Schulwege wird es zu dieser Gesamtschule nicht geben. Fünf Kilometer weiter sind wir schon im Stadtgebiet von Salzgitter, die Schule befindet sich in einer Stadtrandlage - für Schüler aus dem Kreisgebiet bedeutet dies Schulwege von bis zu 35 Kilometern."
In Braunschweig wird ebenfalls der Ruf nach einer weiteren Gesamtschule laut: Die "Initiative für eine fünfte Gesamtschule" hat sich für die Einrichtung einer weiteren Gesamtschule und einen Schulentwicklungsplan ausgesprochen. Seit dem Beginn des letzten Schuljahre habe Braunschweig eine vierte Gesamtschule, aber es sei absehbar gewesen, dass sie nicht ausreichen würde, hieß es von Seiten der Initiative. Allein im letzten Sommer seien über 300 Viertklässler, die eine IGS besuchen wollten, abgewiesen worden. Als Grundlage einer angemessenen schulischen Versorgung aller Stadtteile sei dringend ein Schulentwicklungsplan erforderlich, wie er früher selbstverständlich gewesen sei. Die Initiative kündigte an, die Forderung nach weiteren Gesamtschulen im Wahlkampf zum Thema machen zu wollen. In der Initiative haben sich die Parteien SPD, Grüne und die Linke sowie die Braunschweiger BIBS-Fraktion und mehrere Gewerkschaften zusammengeschlossen.
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