Berlin. Spitzenpolitiker warnen vor der Etablierung eines Ablegers der türkischen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland. "Der Versuch, eine Partei für eine ethnische Gruppe zu etablieren, ist sehr, sehr gefährlich", sagte Michael Roth (SPD), Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, dem "Tagesspiegel".
Die neu gegründete politische Vereinigung Dava will bei der Europawahl im Juni antreten und erwägt dies für die Bundestagswahl 2025. "Bei der Dava-Gruppierung geht es nur auf den ersten Blick darum, die Interessen von Menschen mit türkischen Wurzeln zu vertreten", sagte Roth: "In Wahrheit will Dava Erdogan-Politik in Deutschland und Europa machen. Seine autoritäre Ideologie gefährdet damit den gesellschaftlichen Frieden in Deutschland. Deutschen mit türkischem Hintergrund würde man damit einen Bärendienst erweisen." Die Vorstellungen Erdogans "sind mit unserem Verständnis von Demokratie und unserem Grundgesetz nicht zu vereinbaren".
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sieht in Dava eine klare Lobby-Gruppe Erdogans. "Dava birgt als AKP-Ableger die Gefahr, verlängerter Arm des nationalistischen, islamistischen und antisemitischen Regimes von Erdogan in Deutschland und in der EU zu werden. Das darf nicht sein", sagte er.
Dava müsse "streng beobachtet werden und der Rechtsstaat muss hier sehr wachsam sein". Dava-Gründungsmitglieder sollen laut Djir-Sarai früher entweder direkt für die AKP oder für ihre Vorfeldorganisationen gearbeitet haben. Allein vor diesem Hintergrund seien die Beteuerungen, dass Dava nichts mit der AKP zu tun zu habe, "extrem unglaubwürdig".
Dava-Chef Teyfik Özcan würde nach eigener Aussage mit "allen Parteien zusammenarbeiten, die auf dem Boden des deutschen Grundgesetzes stehen und keine radikalen Ansichten vertreten". Der Düsseldorfer "Rheinischen Post" sagte er, dass die AfD und die Linke für ihn momentan nicht dazugehörten. Ihm sei es wichtig, Deutschland "moderner" zu gestalten und für eine "bessere Bildungspolitik" zu sorgen.
"Unsere klare Forderung ist: Alle, die fünf Jahre alt sind, müssen in die Grundschule gehen", sagte er. Deutschland könne international nur konkurrenzfähig bleiben, "wenn wir die klügsten Köpfe hervorbringen." Die Beschäftigung mit der Türkei stehe für Dava nicht im Vordergrund.
Kritiker werfen der neuen Wählervereinigung eine Nähe zum türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan vor. Der Politik- und Religionswissenschaftler Hüseyin Cicek warnt, das neue Projekt könne mit dem demokratischen System kollidieren. "Von dem, was man bis jetzt mitbekommt, bin ich eher der Meinung, dass Dava die Leitplanken des liberal-freiheitlichen Verfassungsstaates durchbrechen möchte."
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