Königslutter. Es gibt zunehmend Menschen, die sich nicht mehr nur in zwei Geschlechter einteilen lassen wollen. Manche sprechen gar von einer "Liste der 72". Da kann die Situation schon mal unübersichtlich werden, insbesondere bei der Frage, wie man jemanden korrekt anspricht. Da tritt ein Lavie-Duo mit einem interessanten Vorschlag auf den Plan. Darüber informiert die Lavie Reha gGmbH in einer Pressemitteilung.
Der Anstoß sei denkbar harmlos gewesen: "Wir haben in unserer Lavie-Werkstatt eine Button-Maschine gefunden", erzählt Alex Kaupert. Schnell war die Idee geboren, für den eigenen Bereich Anstecker herzustellen, die Auskunft geben über das passende Pronomen, mit dem der Träger oder die Trägerin angesprochen werden will. Denn Alex Kaupert gehört ebenso wie Skyler Radsack zur LBGTQ-Community. "Mittlerweile ist das ein großes Projekt geworden. Für Lavie und sogar über das Projekt hinaus – darüber freuen wir uns sehr."
Zunehmende Zahl von queeren Menschen
Das sieht Sebastian Peetz genauso. Der diplomierte Sozialarbeiter und Sozialpädagoge arbeitet seit 15 Jahren als Reha-Begleiter und seit zwei Jahren im Betrieblichen Gesundheitsmanagement von Lavie in Königslutter. Er habe seit einiger Zeit eine zunehmende Zahl von Menschen registriert, die sich als queer definieren. "Es passt gut zu unserem Themenjahr, dass wir uns jetzt professioneller mit diesen trans-identen Personen auseinandersetzen – und zwar in allen Maßnahmen, die wir hier bei Lavie anbieten."
Ein Baustein dieser Auseinandersetzung seien jetzt die Buttons. Denn über Kleidung oder andere Accessoires auf das empfundene Geschlecht des Gegenübers zu schließen, sei nicht mehr möglich, heißt es. Nach Aussage des Duos Kaupert / Radsack, die beiden sind 19 und 21 Jahre alt, reagieren Betroffene zwar nachsichtig, wenn sie falsch angesprochen werden. "Wir sehen ja auch die Schwierigkeiten, und das Thema ist für weite Teile der Bevölkerung ja auch völlig neu", sagt Alex Kaupert. Und doch entstehe ein unschönes Gefühl, wenn das Gegenüber ein falsches Pronomen benutze – gerade wenn die Situation schon geklärt worden sei: "Das ist, als würde man einen nassen Waschlappen ins Gesicht kriegen."
Unsicherheiten auf beiden Seiten beheben
Durch die Buttons sei die Lage nun entspannter, schildert Skyler Radsack: "Wir beheben Unsicherheiten auf beiden Seiten des Gesprächs. Es gibt einfach keine langen Diskussionen mehr." Obwohl sich hinter Begriffen wie Dey/Deren und Xier/Xieser (Experten sprechen von ,Neopronomen') fast schon eine eigene Grammatik verbirgt, kämen auch binäre Kreise leicht damit zurecht. "Vor allem junge Menschen lernen das ganz schnell, sobald sie sich damit beschäftigen."
Das bestätigt Sebastian Peetz, der sich vor allem darüber freut, dass in diesem Fall schon eine Lösung gefunden wurde für ein Problem, das sich gerade erst entwickele. "Wir haben großes Interesse unter unseren Teilnehmenden festgestellt und wollen künftig weiter über die Situation aufklären." Alle Neulinge bei Lavie würden künftig auf die Buttons hingewiesen. "Es hat sich auf diese Weise eine große Neugier auf das Thema ergeben, und alle entwickeln eine Sensibilisierung für das Thema – die Buttons sind eine Möglichkeit, auf schöne Art eine Lücke zu schließen und Diskriminierung zu vermeiden."
Verschiedene Designs für 50 Cent
"Die Gesellschaft ist in Bewegung, und die Buttons sorgen für Breitenwirkung und Sichtbarkeit, die wir so noch nicht hatten", lobt Sebastian Peetz. Ganz nebenbei freut er sich auch darüber, dass für dieses Projekt so gut wie keine Kosten entstehen. Die Buttons werden zum Selbstkostenpreis gefertigt und sind in verschiedenen Designs für 50 Cent in der Cafeteria zu haben. Im Mittelpunkt aber stehen natürlich die Inhalte. "Sprachliche Vielfalt und Akzeptanz sind in unserer Gesellschaft von entscheidender Bedeutung", betont der 41-Jährige. Zumal die Gesellschaft immer diverser werde: "Die Zahl der trans-identen Menschen wächst – bei Lavie und darüber hinaus."
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