Wissings Warnung vor Wochenend-Fahrverboten stößt auf breite Kritik

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat mit seiner Warnung vor möglichen Wochenend-Fahrverboten breite Kritik ausgelöst. "Volker Wissing spielt mit dem Ruf des Standorts Deutschland", sagte Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der "Welt".

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Volker Wissing (Archiv)
Volker Wissing (Archiv) | Foto: via dts Nachrichtenagentur

Berlin. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat mit seiner Warnung vor möglichen Wochenend-Fahrverboten breite Kritik ausgelöst.


"Volker Wissing spielt mit dem Ruf des Standorts Deutschland", sagte Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der "Welt". Es sei unverantwortlich für einen Bundesverkehrsminister, der Bevölkerung mit Fahrverboten zu drohen. "Minister Wissing hat seine Hausaufgaben beim Klimaschutz nicht gemacht, und jetzt sollen die Autofahrer und die Wirtschaft das für ihn mit Fahrverboten ausbaden. Er sollte seine Drohgebärden umgehend zurücknehmen."

Auch die AfD übte deutliche Kritik. Der verkehrspolitische Sprecher Dirk Spaniel teilte mit: "Der Verkehrsminister wurde von seinem grünen Koalitionspartner geschickt in die politische Sackgasse gesteuert. Die Blockade der Grünen zeigt aber auch, dass diese Partei einen ökosozialistischen Verzichtsstaat will. Das private Auto ist das nächste große Angriffsziel der Grünen." Die FDP müsse nun ein Ultimatum setzen: Entweder müssten die Grünen ihren Widerstand gegen die Neufassung des Klimaschutzgesetzes aufgeben, oder aber die Koalition müsse beendet werden.

Die Grünen reagierten unterdessen empört auf die Drohung von Wissing: Der Verkehrsminister könne seine politische Verantwortung nicht auf die Bürger abschieben, sagte die Grünen-Klimapolitikerin Lisa Badum dem Nachrichtenportal T-Online. "Hätte er bereits 2021 ein Tempolimit eingeführt, hätte er die heutige Lücke geschlossen. Stattdessen behauptete er, es gäbe nicht genügend Verkehrsschilder dafür."

Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Stefan Gelbhaar, sagte dem Nachrichtenportal: "Dass der Verkehrsminister mit Fahrverboten droht, ist arg daneben." Er kritisierte: "Aus dem gleichen Ministerium kam in den letzten Jahren immer wieder die Behauptung, es ginge auch mit "Bordmittel", quasi einfach so und ohne echtes Programm."

Gelbhaar widersprach Wissings Einschätzung, dass die nötigen Einsparungen ohne Reform des Klimaschutzgesetzes nur mit Fahrverboten zu erreichen seien. "Selbst die gerichtliche Verpflichtung, endlich ein ordentliches Klimaschutzprogramm vorzulegen, beinhaltet null die Verpflichtung zu Fahrverboten", sagte er. "Insofern betreibt Volker Wissing da eine gefährliche Desinformation."

Es lägen schon lange zahlreiche ernsthafte Maßnahmen auf dem Tisch, so Gelbhaar. Die "viel zu hohen Emissionen" machten ein Bündel notwendig: "Ausbau von Bus, Bahn und Fahrrad, Förderung von E-Mobilität, Ladeinfrastruktur und Sharing. Abbau klimaschädlicher Subventionen, Umbau der Dienstwagenbesteuerung. Erhalt vor Neubau." Grünen-Klimapolitikerin Badum kritisierte: "Das Straßenverkehrsgesetz hängt seit Monaten im Bundesrat, ohne dass er sich einsetzt. Und bei den letzten Haushaltsberatungen hat er die Axt an Mittel für Rad und Bahn gesetzt, statt endlich bei der Straße zu kürzen."

Auch die SPD äußerte sich kritisch: "Panikmache durch abwegige Vorschläge helfen dem Klimaschutz im Verkehrsbereich überhaupt nicht, im Gegenteil. Der Vorschlag führt nicht zu unserem gemeinsamen Ziel der CO2-Einsparung, sondern zur unnötigen Verunsicherung der Menschen in unserem Land", sagte der für Verkehrspolitik zuständige SPD-Fraktionsvize Detlef Müller der "Rheinischen Post" (Samstagsausgabe). "Die SPD-Fraktion lehnt Fahrverbote für Pkw und Lkw klar ab. Solche Manöver bringen die laufenden Beratungen des Klimaschutzgesetzes im Bundestag schwerlich voran", so Müller.

Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) warf dem Bundesverkehrsminister derweil Populismus vor: "Endlich erkennt Volker Wissing, dass er mit seiner Verweigerungshaltung bei der Bekämpfung der Klimakrise nicht weiterkommt", sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". "Dass er Fahrverbote ins Spiel bringt, ist nichts anderes als populistische Panikmache."

Der Nabu-Chef sagte, es lägen längst seriöse Vorschläge für eine klimafreundlichere Verkehrspolitik vor. "Vor allem mit einem Tempolimit ließe sich viel bewegen", so Krüger. "Auch mit Dienstwagenbesteuerung und Kilometerpauschale lassen sich Anreize für klimafreundlicheres Verhalten setzen."

Als weitere mögliche Maßnahme für mehr Klimaschutz schlug der Nabu Steuern für Kerosin oder Marinediesel vor. "Wir erwarten, dass der Minister die Probleme in seinem Sektor endlich ernsthaft bearbeitet. Mit Angstmacherei kommen wir hier nicht weiter", sagte Krüger dem RND.

Widerspruch erntete Wissing zudem vom Umweltbundesamt: "Wir brauchen natürlich keine Fahrverbote. Solche Verbote werden auch nicht ernsthaft diskutiert und verängstigen die Menschen ohne Grund", sagte der Chef des Umweltbundesamts, Dirk Messner, dem "Spiegel".

Es sei zwar richtig, dass die Bundesregierung sofort handeln und wirksame Maßnahmen zum Klimaschutz umsetzen müsse, damit der Verkehrssektor die Klimaziele einhalte. "Das bedeutet aber nicht automatisch, dass plötzlich Fahrverbote drohen, wenn wir Klimaschutz im Verkehrssektor ernst nehmen."

Das Deutsche Institut für Wirtschafsforschung (DIW) kritisiert die von Wissing ins Spiel gebrachten Fahrverbote ebenfalls: "Die Forderung von Fahrverboten ist faktisch falsch, reine Panikmache und soll davon ablenken, dass Verkehrsminister Wissing eine Klimaschutzpolitik noch immer vermissen lässt", sagte Claudia Kemfert, Leiterin der Verkehrsabteilung, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.

Fahrverbote gebe es wie bislang nur dann, wenn Stickoxid-Grenzwerte in Städten überschritten werden. Verkehrsminister Wissing sprach in seinem Brief an die Chefs der Ampelfraktionen jedoch von CO2-Einsparungen. "Es ist überfällig, dass mehr Klimaschutzaktivitäten im Verkehrssektor umgesetzt werden", so Kemfert. Dazu schlägt sie unter anderem die Aufhebung des Diesel- und Dienstwagenprivilegs und ein Tempolimit vor.

Auch der Handelsverband (HDE) sieht Wissings Vorstoß kritisch: "Fahrverbote sind keine Lösung, schon gar nicht auf Dauer", sagte Hauptgeschäftsführer Stefan Genth den Funke-Zeitungen. Sowohl Lieferketten als auch Kunden dürften nicht behindert werden. Insbesondere die Wochenenden seien für die Handelsunternehmen von großer Bedeutung. "Insofern ist die aufkommende Debatte um Fahrverbote am Wochenende für den Einzelhandel Gift", so der Verbandschef.

Der Präsident des Groß- und Außenhandelsverbands, Dirk Jandura, warnte unterdessen vor möglichen Fahrverboten zur Senkung klimaschädlicher Emissionen im Verkehrssektor: "Ein flächendeckendes Fahrverbot hätte Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft in Deutschland und auf unsere Gesellschaft", sagte Jandura dem "Handelsblatt". "Das würde die Lieferketten und die Versorgung mit Gütern durcheinanderbringen." Laut Jandura werden 60 Prozent aller Güter im Groß- und Außenhandel mit dem Lkw über die Straßen befördert. "So sichern wir Tag für Tag die Warenversorgung für alle, von Lebensmitteln über Medikamenten bis hin zu Baumaterialien."

Aus Sicht des Bundesverbands Spedition und Logistik (DSLV) wären durch Fahrverbote insbesondere Langstreckenverkehre und damit auch die Logistik insgesamt negativ betroffen. "Hier würden Zwangspausen zu einer aufwändigen Anpassung von Logistikprozessen auf der Straße führen", sagte DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster dem "Handelsblatt".

Zugleich zeigte Huster Verständnis für Wissing: "Der Verkehr kann tatsächlich heute ad hoc nur mit einem Mobilitätsverzicht der Gesellschaft und mit Versorgungseinbußen einen Beitrag zur CO2-Reduktion liefern", sagte Huster. Als Grund nannte er, dass im Güterverkehr die technischen Voraussetzungen für die E-Mobilität längst noch nicht geschaffen seien.

Rückendeckung erhielt Wissing derweil von FDP-Fraktionschef Christian Dürr. Dieser forderte die Grünen zum Ende der Blockade beim Klimaschutzgesetz auf. "Zu Fahrverboten in Deutschland darf es nicht kommen", sagte er der "Bild". Die FDP stehe für eine freie Fahrt für Menschen, die sich individuell fürs Auto entschieden haben. Es gehe darum, ein Gesetz der früheren CDU-Regierung "schnellstmöglich" zu ändern, um Fahrverbote zu verhindern.

"Deswegen ist mein Appell an die Grünen, mit uns gemeinsam jetzt dieses CDU-Gesetz zu ändern. Denn das ist vollkommen verrückt." Er gehe davon aus, dass die Grünen handlungsfähig seien, sagte Dürr: "Aber sie müssen das jetzt unter Beweis stellen. Es ist verabredet in der Koalition, es ist vom Bundeskabinett beschlossen. Jetzt muss der Bundestag dazu Ja sagen."

Dürr warnte zugleich vor den Folgen eines Fahrverbots: "Jeder ist aufs Auto irgendwann einmal angewiesen. Und es ist ja niemandem zu erklären, warum man samstags nicht mehr zum Supermarkt fahren kann oder Lieferketten zusammenbrechen, weil Lkws nicht mehr unterwegs sein dürfen."


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