Seinstedt. Nachdem Seinstedt als eines der beiden (Bio-)Energiedörfer im Landkreis Wolfenbüttel ausgewählt worden war, reifte dort bald der Entschluss, nicht auf Bioenergie im Sinne von nachwaschsenden Rohstoffen, die durch Silage und Verwertung der entstehenden Bio-Gase Energie erzeugt, zu setzen, sondern auf die Kraft der Sonne. Gemeinsam mit dem Interdisziplinären Zentrum für nachhaltige Entwicklung (IZNE) der Universität Göttingen und der Gemeinschaft für Umwelttechnologie (GUT) wurde die Idee entwickelt, die Sonnenwärme im Sommer einzufangen und im Winter damit zu heizen. Nun wurde auch der Niedersächsische Landesumweltminister und Stellvertretende Ministerpräsident Stefan Wenzel auf das Projekt des Seinstedter Sonnenenergiedorfs aufmerksam.
Seinstedt bietet für die Transformation zu einem Sonnenenergiedorf beste Voraussetzungen. Die Akzeptanz in der Bevölkerung und die Bereitschaft mitzumachen ist groß. Das Dorf ist ausreichend kompakt, um ein Nahwärmenetz zur Verteilung der Solarwärme wirtschaftlich betreiben zu können (Wärmeverbrauch rund 1250 MWh im Jahr inklusive Netzverluste). Seinstedt verfügt über einen nicht bewirtschafteten Südhang, der sich für die Aufstellung der Solarthermischen Anlagenkomponenten mit einer Fläche von etwa 5000 Quadratmetern bestens eignen würde. Unmittelbar davor liegt eine alte Geröllhalde in deren Hang ein beziehungsweise zwei Großspeicher mit den erforderlichen insgesamt rund 25000 Kubikmetern Inhalt beziehungsweise 1000 MWh Wärmekapazität gut platziert wäre. Seinstedt bietet sich wegen der unmittelbaren Nähe zum Atommülllager Asse optimal an, um die Erfolgsaussichten für die Energiewende mit dem Demonstrationsprojekt einer erstmals zu 100 Prozent solar versorgte Gemeinde glaubhaft zu belegen und damit über den Ort und die Region hinaus eine wichtige Signalwirkung zu entfalten.
Betreiber dieser Anlage sollen nach Vorstellung der Initiatoren die Dorfgemeinschaft in Form einer Genossenschaft sein. Bereits heute ist die Gruppe derer, die sehr interessiert an dem Projekt sind, erfreulich hoch – rund 50 Prozent der Haushalte haben sich so geäußert. Zudem zeigt die Erfahrung in anderen Bioenergiedörfern, die Energie in Bürgerhand produzieren, dass der Mitmacheffekt mit Fortschreiten des Projekts hin zur Realisierung noch größer wird.
In einem zweistündigen Besuch wurde dem Umweltminister von Marianne Karpenstein-Machan (IZNE), Gunter (GUT), Ehrhard Dette (Gemeinderatsabgeordneter und Mitglied im Kreistag Wolfenbüttel, Grüne) und den Landwirten Hans-Joachim Wendt und Henning Wendt im Beisein des Kreistagsfraktionsvorsitzenden der Grünen Bertold Brücher und Heike Dette das Projekt erörtert. Auch legten die Initiatoren erste Grobberechnungen vor. Der Minister war sehr angetan von der Idee, darauf hinweisend, dass gerade lokale Energieversorgung aus Sonnenwärme, noch dazu in Hand der Dorfgemeinschaft, eine gute Ergänzung zur im Ort schon bestehenden Stromgewinnung aus Windenergie ist. Man kam überein, dass nach Erarbeitung konkreterer Berechnungen ein Termin im Ministerium vereinbart wird, an dem auch weitere Fachleute aus dem Ministerium teilnehmen werden.
"Vielleicht", so sinnierte der Grünen-Abgeordnete Ehrhard Dette, "wird es einmal so sein, dass der Begriff Sonnenenergiedorf untrennbar mit dem Ort Seinstedt verbunden wird." Und das wäre, so sein Fraktionskollege Brücher abschließend, "sehr wohltuend für die Asse-II-geschundene Region."
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