Wolfenbüttel. Die Asse 2-Begleitgruppe (a2b) scheint nicht mehr zu retten zu sein. Zu sehr sind die Fronten verhärtet. Während der Asse 2-Koordinationskreis (A2K) zu einer Rückkehr an den "Runden Tisch" aufruft, lehnen die Hauptverwaltungsbeamten das ab. Auch die in die Gruppe entsandten Kreistagsmitglieder glauben nicht mehr an eine Fortführung der a2b in ihrer jetzigen Form.
In der vergangenen Woche hatte der A2K sowohl Landrätin Christiana Steinbrügge, als auch das von ihr und den anderen Hauptverwaltungsbeamten vorgestellte neue Strukturmodell kritisiert (regionalHeute.de berichtete). Auf Anfrage unserer Online-Zeitung beziehen Ehrhard Dette (Bündnis90/Die Grünen), Arnfred Stoppok (Die Linke), Uwe Lagosky (CDU), Janna Münch (SPD) und Dietmar Fricke (CDU) jetzt Stellung. Die Reihenfolge der Veröffentlichung ergibt sich aus dem Eingang der Rückmeldungen.
Dette: "a2b auf Dauer nicht handlungsfähig"
Die Kritik an der Landrätin teilt das a2b-Mitglied Ehrhard Dette nicht. Die Begleitgruppe brauche seiner Meinung nach eine neue Struktur. "Die a2b ist zum einen aufgrund der aktuellen Entwicklung innerhalb der a2b auf Dauer nicht handlungsfähig. Zum Anderen haben wir eine andere Situation als bei der Gründung der A2B. Heute ist die ursprüngliche Forderung der a2b Gesetz: Der Müll aus der Asse wird ausgelagert." Die a2b habe jetzt eine neue Aufgabe. Die Auslagerung müsse kritisch begleitet werden. "Daher müssen die Gruppen, deren Belange betroffen sind, in der a2b vertreten sein. Zusätzlich zu den vorhandenen zum Beispiel Gewerkschaften, Landwirte und Kirchen", meint Dette. Das von den Hauptverwaltungsbeamten vorgeschlagene Modell sei eine Grundlage zur weiteren Diskussion. "An der einen oder anderen Stelle sollte es nach meiner Meinung geändert werden", so der Grüne. Wo genau er Änderungspotential sieht, das möchte der Kreistagsabgeordnete nicht beantworten: "Das werde ich in die Diskussion einbringen, wenn es soweit ist."
Stoppok: "Das Gefühl, zwischen den Fronten zerrieben zu werden"
Arnfred Stoppok, Kreistagsabgeordneter der Linken. Foto: privat
Arnfred Stoppok von den Linken teilt die Kritik des A2K an Landrätin Christiana Steinbrügge nur in Teilen. "Die Landrätin muss genau wie alle anderen mit dem arbeiten, was vorliegt. Dabei war immer zu beachten, dass die Begleitgruppe leider keinerlei Befugnisse hat, was die Entscheidungen des Betreibers angeht. Es war somit ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die Gruppe mit geeinter Stimme spricht, um mittels überzeugender Sachargumente Einfluss zu nehmen. Daran ist sie gescheitert. Die Gründe sind vielfältig und es wäre zu einfach, die Schuld allein bei einer Person zu suchen. Ihre harte Haltung gegenüber der Begleitgruppe, was die Einberufung von Sitzungen angeht, teile ich allerdings nicht. Als einzelner Kommunalpolitiker hat man aber sowieso mehr und mehr das Gefühl, zwischen den Fronten zerrieben zu werden", sagt Stoppok.
Auch er ist der Meinung, dass die a2b ein neues Strukturmodell benötigt, da diese ihrer Kernaufgabe schon lange nicht mehr gerecht werde. "Es fehlt an gut aufbereiteter Information für die Öffentlichkeit und zugespitzten Sachargumenten, die mit geeinter Stimme an den Betreiber herangetragen werden. Hier sehe ich die einzig realistische Option auf echte Einflussnahme, z.B. beim Thema Zwischenlager. In beiden vorgelegten Strukturvorschlägen fehlt mir bisher eine gut ausgestattete Stelle für professionelle Öffentlichkeitsarbeit, die den Bürger auch erreicht. Zudem ist es richtig, den Prozess für weitere Gruppen zu öffnen und attraktiv zu machen, um ein genaueres Bild von der Stimmung unter den Betroffenen zu gewinnen."
Das Modell der Hauptverwaltungsbeamten verspreche eine breitere Beteiligung der Öffentlichkeit, entkoppele aber zugleich die Aktiven weiter von den Entscheidungsträgern. "Gut ist, dass der Bereich Öffentlichkeitsarbeit nicht ausgelassen wird. Allerdings muss dieser hauptamtlich und gut ausgestattet sein, um z.B. mit den Publikationen des BfS mithalten zu können. Ich finde es sehr schade, dass durch das gegenseitige Misstrauen keine konstruktive Arbeit an diesem Vorschlag mehr möglich war, denn grundsätzlich handelt es sich um ein zeitgemäßes und durchdachtes Konzept, welches man sicher zur gegenseitigen Zufriedenheit hätte ausbauen können", so der Linken-Politiker
Dass das neue Strukturmodell der Hauptverwaltungsbeamten den Weg für ein Zwischenlager an der Asse frei macht, das hält Stoppok für eine Verschwörungstheorie. Die Entscheidung darüber sei im Grunde unabhängig von der Struktur des Begleitprozesses. Auch hier ist schade, so Stoppok, dass man das Thema Zwischenlager nicht mehr sachlich diskutieren könne. "Ich denke, wir brauchen einen echten „Reboot“ wie man heutzutage so schön sagt. Nur ein Neustart verspricht eine gute Fortsetzung der Arbeit. Allerdings dürfen kritische Stimmen dabei nicht ins Aus gestellt werden. Es müssen neue Formen der Kommunikation im gegenseitigem Respekt gefunden werden. Vergessen wir an dieser Stelle bitte nicht: Die Bürger wollen Aufklärung und eine Vertretung ihrer Interessen, keinen Streit einzelner Akteure und seitenlange Verlautbarungen, die nicht verstanden werden. Die Ergebnisse der Begleitgremien können dabei durchaus kritisch sein und von den Vorgaben des Betreibers abweichen. Man muss aber auch schauen, wie man sich dann effektiv Gehör verschafft und als Diskussionspartner auf Augenhöhe ernstgenommen wird."
Lagosky: "Einen Ausfall im Begleitprozess können wir uns nicht leisten"
Kreistagsabgeordneter und a2b-Mitglied Uwe Lagosky. Foto: CDU
Uwe Lagosky gehört der Asse 2-Begleitgruppe von Beginn an, hat dort aber auch bessere Zeiten erlebt. "In dieser Zeit haben wir ebenfalls Themen gehabt, die durchaus auch strittig behandelt wurden. Der damalige Vorsitzende der Asse II Begleitgruppe, Jörg Röhmann, hat es verstanden die unterschiedlichen Meinungen zu kanalisieren und zum Konsens zu führen. Das vermisse ich heute", sagt der CDU-Politiker. Genau dies sei das Erfolgsrezept der Gruppe gewesen. "Dass wir heute eine „Lex Asse“ haben und dafür das Atomgesetz geändert wurde, ist das Ergebnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure aus Verwaltung, Politik und Bürgerinitiativen. Das machte die Asse-II-Begleitgruppe zur Blaupause für den Begleitprozess bei der Endlagersuche."
Aktuell sei die Zusammenarbeit in der Asse 2-Begleitgruppe belastet. Aus diesem Grund käme es immer wieder zu Protokoll- und Geschäftsordnungsfragen, die die eigentliche Arbeit nicht erleichtern würden. "Wir werden uns auch in den nächsten Jahrzehnten mit dem Thema Asse auseinandersetzen müssen, das sollten sich alle Beteiligten klar machen. Und die Anforderungen an die Asse-II-Begleitgruppe, die bei der Rückholung, der Zwischenlagerung und irgendwann dem Transport in ein zukünftiges Endlager entstehen, sind extrem hoch. Daher muss sich die Zusammenarbeit wieder verbessern", mahnt Lagosky.
Das Strukturmodell der Hauptverwaltungsbeamten sei seiner Meinung nach der Ansatz für eine mögliche Veränderung. Allerdings müsse das Ergebnis von allen Beteiligten getragen werden. "Das erfordert einen gesellschaftlichen und parteiübergreifenden Konsens. Der ist nur mit weiteren Verhandlungen zu erreichen. Bis dahin sollte der Begleitprozess in den bestehenden Strukturen sachorientiert fortgesetzt werden. Einen Ausfall im Begleitprozess können wir uns nicht leisten", verdeutlicht er.
Eines der Themen, welches kontinuierlich in der Begleitgruppe behandelt werden müsse, sei die Zwischenlagerung. Daran werde nochmals die Bedeutung eines funktionierenden Begleitgremiums deutlich. "Den Vorwurf, dass das von den HVB´s vorgeschlagene Strukturmodell, nur mit dem Ziel auf den Weg gebracht wurde, die Zwischenlagerung direkt an die Asse zu bringen, erachte ich als haltlos", so Uwe Lagosky abschließend.
Münch: "Es scheint mir lediglich so, als seien die Emotionen von allen Seiten sehr hochgekocht"
SPD-Frau Janna Münch ist erst sehr neu in der a2b-Gruppe und auch in der Gegend. Vielleicht sei aber gerade darum ihr Blick leidenschaftsloser. Sie sei am 4. August zu einer Sitzung der a2b geladen worden, doch: "Im Vorfeld teilten die Landrätin und die HVBs aber bereits mit, dass sie der Sitzung nicht beiwohnen würden. Ein Vorgehen, welches man aus meiner Sicht durchaus nachvollziehen kann, wenn der Einschätzung der betroffenen Personen zufolge 'das Tischtuch zerschnitten ist'. In Ihrem Artikel entsteht der Eindruck, dass nicht zu einer Sitzung geladen worden wäre." (Anmerkung der Redaktion: Münch bezieht sich auf den Artikel "Zerreisst die Asse 2-Begleitgruppe?").
"Egal in welcher Struktur kann eine Begleitgruppe das eigentliche Problem nicht lösen - dafür wäre nämlich eine Zeitmaschine notwendig. Denn wir dürfen niemals vergessen, dass das Kind vor mehr als 50 Jahren ursprünglich in den Brunnen gefallen ist. Ich habe großen Respekt vor dem Wissen und den Leistungen der bisherigen a2b Gruppe. Es wurde viel erreicht. Das ist ein Verdienst all derer, die ohne Unterlass dafür gearbeitet haben. Nichtsdestotrotz kommt es mir so vor, als seien die Ziele, "Schaffung von Transparenz zum gesamten Stilllegungsprozess", "aktive Beteiligung und Information der Öffentlichkeit" sowie "Versachlichung der Diskussion und Vorbereitung einer sachgerechten Entscheidung" durchaus noch verbesserungsbedürftig", so Münch.
Wünschen würde sie sich, dass es gelingt, in der Zukunft ein ausgesprochen komplexes Thema mit sehr vielen Seiten und Meinungen besser so darzustellen, dass tatsächlich jede und jeder sich eine eigene fundierte Meinung bilden könne und auf Grundlage derer Forderungen an die Politik und Betreiber stellen kann. "Quasi, dass die 'Stimme der Region' zu einem lauten und unüberhörbaren Chor der 'Stimmen der Region' werden. Insbesondere wünsche ich mir, dass es endlich gelingt, junge Menschen in den Prozess einzubinden: Statistisch gesehen habe ich als eines der jüngeren Mitglieder dieser Gruppe meine eigene Halbwertszeit bereits annähernd erreicht. Insofern ist es unumgänglich, diejenigen, die nach uns kommen, frühzeitig mit unseren Fehlern vertraut zu machen, auf dass sie bessere Entscheidungen treffen werden", resümiert die SPD-Kreistagsabgeordnete.
"Ich sehe mich nicht in der Position, zu kritisieren, es scheint mir lediglich so, als seien die Emotionen von allen Seiten sehr hochgekocht und die Fronten nun entsprechend verhärtet. Ob es vor diesem Hintergrund Sinn machen würde, sich erneut in der bisherigen Form zusammenzusetzen, wage ich zu bezweifeln. Zumal, dass weiß ich nun nicht aus persönlicher Anschauung, es ja eben gerade nicht das erste Mal ist, dass es zu größeren Zerwürfnissen kommt", sagt Münch. Ihr wäre zudem unklar, wie genau irgendein Strukturmodell ein Zwischenlager herbeiführen oder aber verhindern sollte. "Letzten Endes hoffe ich, dass zahlreiche Bürgerinnen und Bürgern von der Möglichkeit, den Sitzungen der Räte und des Kreistages in denen das Strukturmodell nun diskutiert werden wird, beiwohnen werden."
Fricke: "Sitzungen für politische Vertreter kaum mehr leistbar gewesen"
Auch Dietmar Fricke von der CDU äußerte sich auf unsere Fragen: "Ich teile bei verschiedenen politischen Themen wahrlich nicht die Auffassungen der Landrätin; ich teile jedoch die Kritik der HVB’s und damit in diesem Falle auch die Auffassung der Landrätin, dass die Veröffentlichung eines Gegenvorschlages des ASSE II-Koordinationskreises im Rahmen einer PK vor der geplanten Sitzung der A2b (klein) am 16.06.17 der Vereinbarung widersprach (in der Sitzung, wo diese Vereinbarung getroffen wurde, war ich dabei), die Diskussion bis zu diesem Datum ausschließlich intern zu führen. Es ist mittlerweile bei etlichen Mitgliedern der Asse II – Begleitgruppe unstrittig, dass das Vorpreschen eines kleinen Teiles der a2b alles andere als klug und damit der Auslöser der derzeitigen verfahrenen Situation war (…der Gegenvorschlag der A2K erinnert in der Layoutdarstellung sogar an den - vertraulich vereinbarten - Strukturvorschlag der HVB’s)."
Und weiter: "Zur Klarstellung, die A2B (groß) ist die eigentliche Begleitgruppe, hier ändert sich in der Struktur m. W. nichts. Die A2b (klein) ist ein vor- bzw. zugeschaltetes Diskussionsforum zu inhaltlichen Fragen des Rückholungsprozesses. Die A2b (klein) benötigt schon deshalb ein neues Strukturmodell, da in den bisherigen Sitzungen, an denen ich teilgenommen habe, vorrangig Geschäftsordnungsdiskussionen und Protokollformulierungen diskutiert worden und inhaltliche Diskussionen für und der Zivilgesellschaften in den Hintergrund getreten sind. Auch sind die in immer kürzeren Zeiträumen einberufenen Sitzungen für politische Vertreter, die sich auch noch um andere wichtige politische Themen zu kümmern haben, kaum mehr leistbar gewesen."
Die Kritik am vorgeschlagenen neuen Modell für die A2b (klein) teile Fricke grundsätzlich nicht, da das Modell Vorschläge aller Seiten berücksichtigen würde. "Im Übrigen auch meinen Kompromissvorschlag, dass sich die Gruppe der Zivilgesellschaften und die Gruppe der KommunalvertreterInnen mit den AGO – Vertretern 2-3 mal im Jahr zu gemeinsamen Sitzungen trifft; also weiter ein Bindeglied zwischen KV und ZGV ist – also gibt es die A2b (klein) quasi weiter", so das CDU-Kreistagsmitglied.
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