Bürger lehnen Container-Dorf ab

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Wolfenbütttel. Wie von Bürgermeister Thomas Pink erwartet, gab es beim Rathausgespräch am Donnerstag viel zu diskutieren und zu erklären. Beim Thema Flüchtlinge und den Plänen der Stadt, ein Container-Dorf zu errichten, ging es heiß her. Vor allem der durchgesickerte weitere mögliche Standort für die Container in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße sorgte für eine rege Diskussion im Ratssaal.

Bisher wurde öffentlich nur ein möglicher Standort – der WTHV-Hockeyplatz am Okerstadion – kommuniziert (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Der nun in den Blickpunkt gerückte  zweite Standort, veranlasste vor allem die Anwohner, sich kritisch über die Auswahl zu äußern. Von "Pietätlosigkeit", von "Wertminderung der umliegenden Wohnhäuser" und von einer "Kasernierung der Flüchtlinge" war unter anderem die Rede.

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Der mögliche Container-Standort in der Dietrich-Bonhoeffer-Straße sorgte für Diskussion. Foto: Anke Donner)


Fehlender Respekt gegenüber Friedhofsgängern


Die sich zu Wort meldenden Bürger betonten zwar, für die Situation Verständnis zu haben, die Stadt solle aber bedenken, dass man ein Container-Dorf mit rund 230 Flüchtlingen nicht neben einem Friedhof errichten dürfe. „Ich finde, es ist eine Pietätlosigkeit seitens der Stadt, die Flüchtlinge neben dem Friedhof zu platzieren. Es kann nicht sein, dass dort Beerdigungen stattfinden, während nebenan Kinder Fußball spielen und Skatrunden stattfinden“, hieß es aus den Reihen der Bürger. Ein gebührender Abstand wäre hier angebracht gewesen, forderten die Anwohner. Andere Standorte wie der Hockeyplatz oder der Schützenplatz seien ihrer Meinung nach besser geeignet, um die Flüchtlinge unterzubringen. Dass der Schützenplatz als Standort nicht weiter in Erwägung gezogen wurde, stoße bei ihnen auf Unverständnis. Dies könne wohl nicht daran liegen, dass der Platz nicht zentrumsnah genug liege.

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Thomas Pink hat Verständnis, aber auch keine andere Wahl. Dir Flüchtlinge müssen untergebracht werden. Foto: Anke Donner)



Die Aussicht, dass man die Menschen in einem abgegrenzten Areal unterbringen wolle, grenze an einer Kasernierung. Man würde sie somit bewusst von der übrigen Stadt abschotten, hieß es aus der Bürgerschaft. Dies sei keine Art mit den Flüchtlingen umzugehen. Hier war dann beim sonst besonnenen Stadtkämmerer Knut Foraita wohl der Moment erreicht, nicht mehr ruhig auf seinem Stuhl sitzen bleiben zu können. Am liebsten, so Foraita aufgebracht, würde er seinen Stern vom Revers abnehmen und als Bürger der Stadt seine Meinung äußern. Denn den Vorwurf der Pietätlosigkeit und der Kasernierung wollte er nicht auf der Stadt Wolfenbüttel sitzen lassen. „Wie viel Abstand bräuchte man denn, bis es nicht mehr pietätlos wäre? Überall wird neben Friedhöfen gebaut und gelebt. Und von einer Kasernierung kann hier nicht die Rede sein. Von Kasernierung spricht man, wenn man nicht zu jeder Zeit ein Gelände verlassen und betreten kann. Das ist hier nicht der Fall“, so Foraita. Thomas Pink fügte an, dass das Umzäunen der Container eine reine Vorsichtsmaßnahme sei, die man treffen müsse. Dazu hätte auch die Polizei geraten. Ebenso soll das Gelände später von einer Sicherheitsfirma bewacht werden. Um die Flüchtlinge in die Gesellschaft zu integrieren, sollen Mitarbeiter der Stadt täglich vor Ort sein. Sie sollen dann Ansprechpartner für die Menschen sein, vermitteln, helfen und beraten, klärte Pink auf.

Von ihrer Meinung, man würde zu viele Menschen auf zu wenig Raum unterbringen und damit Konflikte zwangsläufig schüren, ließen sich die Besucher im Ratssaal, trotz aller Erklärungen, nicht abbringen. Gegen die Vorschläge der Bürger, die Container an zwei unterschiedlichen Orten aufzustellen und so für mehr Platz zu sorgen, argumentierte die Stadt mit zu hohen Kosten. Pink erklärte aber auch, dass man sich nicht sicher sein könne, ob nicht irgendwann sowieso mehr als ein Standort in der Stadt gefunden werden müsste. „Wir können eben jetzt noch nicht sagen, wie sich die Situation entwickeln wird. Es kann aber durchaus passieren, dass wir irgendwann weitere Container aufstellen müssen, so Pink und wies darauf hin, dass man die Flüchtlonge nicht allein nur in Containern unterbringen wolle. Das Jugendgästehaus soll saniert und als Unterkunft zur Verfügung gestellt werden. Ebenso gäbe es Pläne, das Obdachlosenheim an der Salzdahlumer Straße zu nutzen.

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Die Bürger machten ihrem Unmut Luft. Foto: Anke Donner


Container-Dorf ja, aber nicht vor der Tür?


Das ebenfalls genannte Anwohner-Argument, dass die Grundstücke und Häuser an Wert verlieren würden, wenn erst einmal bekannt werde, dass sich in unmittelbarer Nähe ein Container-Dorf befände, wollte Pink nicht gelten lassen. Seiner Meinung nach seien viele Argumente, die vorgebracht wurden, nichts weiter, als ein anderer Weg, seine Abneigung gegen dieses zum Ausdruck zu bringen. „Ich kann Ihre Bedenken nachvollziehen. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich. Wir machen das hier auch nicht freiwillig. Wir müssen im Augenblick das ausbaden, was Land, Bund und Eurpoapolitik nicht klären können. Aber wir haben eine humanitäre Verpflichtung, der wir nachkommen müssen“, sprach der Bürgermeister.

Die Angst und der Widerstand der Bürger seien nachvollziehbar und es sei mehr als legitim, sich kritisch zu äußern. Aber die Suche nach einem geeigneten Standort würde überall die gleichen kritischen Stimmen zu Tage fördern. Und die gleiche Angst und Aufregung würde sich wohl in jedem Stadtteil ausbreiten, so Pink.

Entscheidung steht noch aus


Ob nun am Hockeyplatz, oder an der Schotterplatz an der Dietrich-Bonhoefer-Straße – wo die Container aufgestellt werden, würde sich erst nach eingehender Prüfung durch den Landkreis entscheiden. „Und auch wenn die Entscheidung gefallen ist, werden die Container nicht gleich morgen dort stehen. Ich denke, wir können von September ausgehen. Es müssen einige Faktoren abgeklärt werden und dann muss alles mit dem Landkreis abgesprochen werde. Der ist schließlich Kostenträger“, erklärte Pink.



Stadtrat Thorsten Drahn, der zu Beginn der Veranstaltung einige Zahlen und Fakten zur Flüchtlingssiutation in Wolfenbüttel und Deutschland erörterte, erklärte, mit welcher Kraft und Energie man sich der Flüchtlingssituation widme. Dabei machte er deutlich, was im kommenden Jahr zu erwarten sei und dass sich die derzeit bekannte Quote schnell ändern könne. „Wir bekommen beinahe im Zwei-Wochen-Takt neue Zahlen. Im vergangenen Jahr haben sich die Prognosen der Landesregierung innerhalb von kurzer Zeit verändert. Das ist auch für dieses Jahr zu erwarten. Deshalb muss diese Containerlösung her. Das hätten wir gerne vermieden. Aber wir müssen der dann drohenden Obdachlosigkeit entgegenwirken. Und ich kann Ihnen versichern, dass hier im Rathaus nicht ein Tag vergeht, an dem wir uns nicht mit dem Thema auseinandersetzten und unwahrscheinlich viele Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Aber wir wollen eine Willkommenskultur schaffen. Dazu haben wir eine Resolution beschlossen und die gilt es zu leben“, unterstrich Drahn.


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