Cremlingen: Straßenausbaubeitragssatzung soll reformiert werden


Die Gruppe Grüne/SPD des Gemeinderates Cremlingen möchte die Straßenausbaubeitragssatzung reformieren, um alte Vorgehensweisen zwar beizubehalten, aber gerechter zu gestalten. Symbolfoto: Pixabay
Die Gruppe Grüne/SPD des Gemeinderates Cremlingen möchte die Straßenausbaubeitragssatzung reformieren, um alte Vorgehensweisen zwar beizubehalten, aber gerechter zu gestalten. Symbolfoto: Pixabay | Foto: Pixabay

Cremlingen. Der Gemeinderat hat mit den Stimmen der Gruppe SPD/Grüne in seiner Sitzung am 2. Juli mehrheitlich beschlossen, dass die Straßenausbaubeitragssatzung (STRABS) aus dem Jahr 1976 grundsätzlich beibehalten, aber reformiert werden soll. Zum Ratsbeschluss und der anschließenden Kritik nimmt die Gruppe SPD/Grüne Stellung.


Die Gruppe SPD/Grüne habe sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht und sei erst nach langen Diskussionen und dem Abwägen aller Argumente zu dem Ergebnis gelangt, dass dies der beste und gerechteste Weg für alle Bürger der Gemeinde Cremlingen sei. Ausgangspunkt der Überlegungen sei dabei gewesen, dass der gute Zustand der Gemeindestraßen auch zukünftig gewährleistet sein soll und dass dies zwangsläufig Geld koste. Die entscheidende Frage sei daher gewesen, welche Form der Finanzierung der Straßensanierungen die sinnvollste und die gerechteste wäre.

Sinnvolle und gerechte Finanzierung


Als denkbare Finanzierungsmodelle stehen sich dabei vor allem die Finanzierung über eine Erhöhung der Grundsteuer für alle Grundstückseigentümer der Gemeinde oder die bisherige Finanzierung teilweise aus Steuermitteln und teilweise aus Beiträgen der direkten Straßenanlieger gegenüber. Dabei haben die letzten 43 Jahre gezeigt, dass sich die teilweise Finanzierung über Straßenausbaubeiträge der Anlieger grundsätzlich bewährt habe. Aus den von der Gemeindeverwaltung vorgelegten Zahlen ergebe sich, dass der Durchschnitt der Anliegerbeiträge in den letzten elf Jahren bei zirka 1.500 Euro pro betroffenen Anlieger gelegen habe. Von 272 Beitragsbescheiden seit 2013 haben 73,9 Prozent der Anlieger (201 Bescheide) unter 2.500 Euro und weitere 17,65 Prozent (48 Bescheide) zwischen 2.500 und 5.000 Euro Beitrag zahlen müssen. Die Beiträge über 10.000 Euro (4,41 Prozent) seien zudem fast ausschließlich für landwirtschaftliche Betriebe mit sehr großen Grundstücken und Gewerbebetriebe angefallen.

Gebe es überzeugende Gründe von dieser langjährig bewährten Form der Finanzierung abzuweichen? Nach langer Diskussion meinen SPD und Grüne: Nein. Eine von den Gegnern der STRABS immer wieder heraufbeschworene Existenzgefährdung der betroffenen Anlieger dürfe schon im Hinblick auf vorstehend genannten Zahlen in der Mehrzahl der Fälle nicht gegeben sein. Diese ließe sich aber auf jeden Fall mit einer Reform der STRABS (Ratenzahlung über bis zu 20 Jahre bei einer Verzinsung bis maximal drei Prozent) vermeiden.

Finanzierung über Straßenbaubeiträge habe sich bewährt


Auch das Problem, dass gerade ältere Anwohner von den Banken unter Umständen nur schwer einen Kredit zur Finanzierung ihres Anliegerbeitrags erhalten würden, wäre mit dieser Reform vom Tisch. Bleibe die Frage nach der Gerechtigkeit der Beteiligung der Anlieger an den Straßenausbaukosten. Hier sei aus Sicht der SPD/Grünen-Gruppe zu berücksichtigen, dass auch die bisherige STRABS bereits mehrere Kategorien unterscheide. In einem reinen Wohngebiet zum Beispiel, in dem fast ausschließlich Anwohner-, Besucher- und Versorgungsverkehr stattfindet, erscheine eine Anwohnerbeteiligung von 75 Prozent durchaus angemessen. In den anderen beiden Kategorien mit unterschiedlichen Stärken von Durchgangsverkehr liegen die Beteiligungen der Anlieger noch einmal deutlich niedriger. Außerdem könnten die Straßenausbaubeiträge anders als die gegebenenfalls zu erhöhende Grundsteuer nicht auf die Mieten umgelegt werden. Da es aus Sicht von SPD und Grünen eines der vorrangigen Ziele der Kommunalpolitik sein sollte, der Bevölkerung bezahlbaren (Miet-)Wohnraum zur Verfügung zu stellen, sei eine solche indirekte Erhöhung der Mieten der falsche Weg. Schließlich habe sich in der Vergangenheit auch gezeigt, dass die frühzeitige Beteiligung der Bürger an den geplanten Sanierungsmaßnahmen dazu geführt habe, dass die Sanierungsmaßnahmen in einer sinnvollen und von den Anwohnern akzeptieren Form (Beton oder Granit?) durchgeführt worden seien. Ob dies bei einer reinen Steuerfinanzierung immer der Fall wäre, müsse bezweifelt werden.

Trotzdem könne es in Einzelfällen bei der Erhebung der Straßenausbaubeiträge zu Ungerechtigkeiten oder besonderen Belastungen für einzelne Anlieger kommen. Deshalb sei beschlossen worden, die bestehende STRABS zu reformieren und dabei die von der Landesregierung geplanten neuen Regelungen im Niedersächsischen Kommunalabgabengesetz zu nutzen. So soll bei finanziellen Härten die Möglichkeit der Ratenzahlung über einen Zeitraum von bis zu 20 Jahren verbunden mit einer Verzinsung von bis zu maximal drei Prozent eröffnet werden. Außerdem soll eine Entlastung insbesondere für die Eigentümer von Eckgrundstücken und durch eine Tiefenbegrenzung erfolgen und generell werde die Höhe der prozentualen Beteiligung der Anlieger in allen Fallgestaltungen noch einmal zu prüfen sein.

Ungerechtigkeiten führen zur Reform


Wenn demgegenüber von der CDU/FDP-Gruppe ohne konkreten Vorschlag einer Gegenfinanzierung pauschal die Abschaffung der STRABS gefordert worden sei, haben SPD und Grüne dem nicht zustimmen können. Dieser Vorschlag wäre nur dann ernsthaft zu erwägen gewesen, wenn die daraus resultierenden Einnahmeverluste realistisch gegenfinanziert wären. Hierzu habe die CDU/FDP-Gruppe zunächst in der Begründung ihres Antrages auf eine mögliche Erhöhung der Grundsteuern hingewiesen, dies aber in der Ratssitzung nicht mehr weiterverfolgt. In dieser Sitzung sei vielmehr nur pauschal mit einer nicht bezifferten Einsparung von Verwaltungskosten durch die Abschaffung der STRABS, behauptete Mehreinnahmen durch den möglichen Zuzug von Neubürgern in die Gemeinde Cremlingen und eine Kürzung des Bürgerhaushaltes argumentiert worden. Mit dem einzigen konkreten und für sich genommen ohnehin nicht ausreichenden Vorschlag, der anteiligen Kürzung des Bürgerhaushalts um 50.000 Euro, könnten sich SPD und Grüne aber keinesfalls einverstanden erklären. Dieser Bürgerhaushalt, aus dem sehr unterschiedliche Dinge finanziert werden, die den Bürgern der einzelnen Ortschaften wichtig seien, wie zum Beispiel neue Bestuhlung und Beamer für Dorfgemeinschaftshäuser, Sitzbänke an Gehwegen, Hundekotstationen, Defibrilatoren oder Spielplatzausstattungen, sei gerade erst vor zirka drei Jahren als Möglichkeit der unmittelbaren Beteiligung der Bürger an der politischen Willensbildung auf kommunaler Ebene eingeführt worden und solle gerade in Zeiten wachsender Politikverdrossenheit beibehalten bleiben.


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