DRK Wolfenbüttel: "Gesetzgeber sollte nicht jedermann erlauben, einen Pflegedienst zu eröffnen"

von Marc Angerstein


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[image=5e1764b2785549ede64cca17]Große Freude herrscht beim Deutschen Roten Kreuz in Wolfenbüttel: Das Qualitätsmanagementsystem der DRK Pflege und Betreuung Wolfenbüttel gGmbH wurde nach DIN EN ISO 9001:2008 zertifiziert (WolfenbüttelHeute.de berichtete). Dabei handelt es sich um eine freiwillige zusätzliche Qualitätsprüfung, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) hinausgeht und andere Schwerpunkte setzt.

Voll des Lobes waren sie am Mittwoch alle, als der Pflege und Betreuung Wolfenbüttel gGmbH durch die Dekra das seltene Zertifikat überreicht wurde: Horst Kiehne als Sprecher des DRK-Kreispräsidiums hob das "stolze Ergebnis hervor - stolz für uns alle".

DRK-Kreisvorstand Andreas Ring bedankte sich bei Heike Kramer und der gesamten Belegschaft "für ihr herausragendes Engagement". Die Sozialstationen und die Tagesbetreuung in Hornburg hätten nun einen "entscheidenden Vorsprung auf den Wettbewerb". Einen kleinen Seitenhieb konnte sich Ring nicht verkneifen: "Ich würde mir wünschen, dass der Gesetzgeber nicht jedermann erlauben würde, einen Pflegedienst zu eröffnen."

Lob kam aber auch von der Dekra selbst. Joachim Brandt hob hervor, dass es sich um ein Qualitätsmanagement der Mitarbeiter handelt. "So stellen wir sicher, dass es in den geprüften Bereichen auch gelebt wird." Eine einheiltliche Lösung gebe es dabei nicht. "Die Iso-Norm ist eine Reihe von Fragen, auf die jedes Unternehmen seine eigenen Antworten finden muss."

Dass dies geglückt ist, liegt an der emsigen Arbeit von Heike Kramer, die den Zertifizierungsprozess von Anfang bis Ende begleitete. Am Mittwoch bedankte sie sich bei den Mitarbeiterinnen der gGmbH. "Wir haben ganz viele Sitzungen in Qualitätszirkeln hinter uns gebracht und ganz viel Papier bearbeitet, um das große Ziel zu erreichen." Kramer stellte allerdings klar, "dass bei unserer Arbeit der Mensch im Mittelpunkt steht, nicht das Papier."

Petra Seidel-Daschke als Bereichsleiterin Pflege und Betreuung bedankte sich ebenfalls bei den Mitarbeiterinnen "für die tolle Entwicklung der vergangenen Jahre". Bevor die anwesenden der 90 Mitarbeiterinnen zum Grillen gingen, überreichte die Leiterin jeder eine rote Rose.


„Der Qualitätssicherung wurde in unseren Sozialstationen schon immer große Bedeutung beigemessen", erzählt Heike Kramer, DRK-Qulitätsbeauftragte im Bereich Pflege. „Qualitätsmanagement im engeren Sinn, also der Aufbau eines QM-Systems nach einer Qualitätsnorm, in unserem Fall der DIN EN ISO 9001:2008, betreiben wir forciert seit 2003. Ursprünglich war das Qualitätsmanagement ein Projekt unseres DRK-Landesverbandes Niedersachsen. Später haben wir es eigenständig weiterentwickelt.“

Was Qualitätsmanagement ist, erklärt Kramer an einem einfachen Beispiel aus dem Alltag: „Wenn Sie Ihren Wocheneinkauf machen und nehmen einen gut vorbereiteten Einkaufszettel mit, dann sind Sie schnell fertig und haben am Ende alle wichtigen Sachen in Ihrem Einkaufswagen. Ohne Einkaufszettel laufen Sie oft hin und her, machen überflüssige Wege und zu Hause stellen sie dann fest, dass Sie wichtige Dinge vergessen haben.

Qualitätsmanagement bedeutet zum einen, immer geplant vorzugehen, also sozusagen niemals ohne Einkaufszettel loszugehen, und außerdem, diesen Einkaufzettel immer besser zu machen. Das Schreiben des Einkaufszettels kostet zwar erst einmal Zeit, im Nachhinein lohnt sich der Aufwand aber. Auf unser QM-System bezogen bedeutet das, dass wir alle Arbeitsabläufe, nicht nur die im engeren Sinn pflegebezogenen, im Team analysieren. Wir besprechen die geplante Vorgehensweise und halten sie schriftlich fest.“

Im Arbeitsalltag sei dies eine große Hilfe, weil jeder wisse, wo er bei Fragen Informationen nachlesen könne. Insbesondere für neue Mitarbeiter sei es leichter, sich mit Hilfe des QM-Handbuches einzuarbeiten, weil nahezu alle Arbeitsprozesse beschrieben seien, ganz gleich ob es sich um den Umgang mit Kundeneigentum, die Pflegeleistungen, die Fort- und Weiterbildung, Hygienevorschriften, die Tourenplanung, den Umgang mit Dienstfahrzeugen oder z.B. die Lagerhaltung handele. Dass man wirklich alle Arbeitsprozesse unter die Lupe nehme, sei besonders wichtig, so Kramer, denn wenn das System als Ganzes nicht funktioniere, wirke sich das unweigerlich negativ auf die Pflegequalität aus.

„Natürlich sind das Wohl und die Zufriedenheit der Kunden unser oberstes Ziel und bilden die Messlatte für unsere Arbeit", unterstreicht Seidel-Daschke. Gute Pflegequalität bedeute nicht für jeden das Gleiche. Patienten, Angehörige, Ärzte, Therapeuten, der Gesetzgeber, die Kranken- und Pflegeversicherungen und wir als Pflegekräfte hätten oftmals ganz unterschiedliche Erwartungen an das, was Pflege leisten soll und kann. „Deshalb ist ein wichtiger Bestandteil des QM-Systems, die unterschiedlichen Interessen und Vorstellungen auszubalancieren.“

Auf eins legen Seidel-Daschke und Kramer besonderen Wert: „Qualitätsmanagement ist immer eine Teamleistung. Unser QM-System ist von allen Mitarbeitern gemeinsam entwickelt und umgesetzt worden.“

Die Bestätigung durch die Zertifizierungsstelle - sozusagen von außen - gebe dem Team eine positive Rückmeldung und vor allem Wertschätzung der jahrelangen Arbeit. Allerdings ist diese Arbeit damit nicht beendet, weiß Petra Seidel-Daschke, denn durch die stetigen Entwicklungen in der Medizin verändern sich auch die Anforderungen der Kunden, und damit müssen auch die inzwischen festgehaltenen Vorgänge wieder neu bearbeitet werden.

Dieser fortlaufende Prozess soll immer weiter fortgeführt werden, um optimale Dienstleistungsqualität langfristig zu sichern. Darum gibt es auch jährliche Nachprüfungen und alle drei Jahre einen ganz neuen Zertifizierungsprozess. Das aktuelle Zertifikat wurde am Mittwoch, 31. August, bei einer kleinen Feierstunde im Solferino offiziell übergeben.


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