Wolfenbüttel. Eigentlich sollte der Rat der Stadt am Mittwoch über die Standortfrage des angedachten Fahrradparkhauses entscheiden. Am Ende wurde es eine Diskussion über die generelle Radverkehrsförderung in der Stadt - losgetreten wurde das Thema von den Grünen im Rat der Stadt.
Dass Wolfenbüttel ein Fahrradparkhaus bekommt, steht außer Frage. Schließlich bekommt die Stadt ausreichend Förderungen für die Umsetzung vom Land, und die Notwendigkeit sehe man auch (regionalHeute.de berichtete). Galt also noch die Frage zu klären, wo das Parkhaus hin soll. Denn dem Vorschlag der Verwaltung, das Parkhaus im hinteren Bereich des Bahnhofs zu errichten, stellten die Grünen den Gegenvorschlag entgegen, die 20 Meter lange und etwa drei Meter hohe Anlage direkt im vorderen Bereich, am sogenannten SPD-Würfel, aufzustellen.
Kritik an Fahrradförderung in der Stadt
Dem Änderungsantrag hatte der städtische Bauausschuss bereits zugestimmt. Der Verwaltungsausschuss sprach sich hingegen gegen den Vorschlag der Grünen aus, wie Bürgermeister Thomas Pink zu Beginn des Tagesordnungspunktes mitteilte. Die Ablehnung nahm Stefan Brix (Bündnis90/Die Grüne) zum Anlass, noch einmal auf die Vorzüge des von den Grünen vorgeschlagenen Standortes zu verdeutlichen. Dazu hatte Brix auch einige Zahlen auf Lager - und zwar die Gehwegzeiten beider Varianten. Während man vom hinteren Teil bis zum Bahnübergang 1,45 Minuten brauchen würde, würde man zum vorderen Standort nur 35 Sekunden brauchen, argumentierte Brix und machte zudem deutlich, dass der Standort entscheidend für den Erfolg des Parkhauses sei. Und, nicht zu vergessen, sei der Weg sicherer.
Das Fahrradparkhaus am Bahnhof sei ein tolles und wichtiges Projekt, das die Grünen sehr begrüßen. "Aber der Vorschlag der Verwaltung ist, sagen wir mal, unengagiert", kritisierte Brix und plädierte dafür, die Anlage weiter nach vorne zu holen und vielleicht sogar etwas schmuckvoller zu gestalten. "Wir bitten Sie, diesem Projekt einen größeren Stellenwert einzuräumen. Raus aus der Schmuddelecke und dahin, wo Sichtbarkeit und Erreichbarkeit optimal sind", betonte Brix.
Und überhaupt sei man beim Thema Radverkehrsförderung in der Stadt nicht besonders engagiert. "Wenn man sich die Förderung des Radverkehrs in den letzten Jahren anschaut, dann ist die Bilanz so dramatisch positiv auch nicht", so Brix und zählte dennoch einige Maßnahmen auf, die förderlich waren. "Ansonsten ist wenig passiert", führte Brix weiter aus, hatte auch hier einige Beispiele parat und merkte an, dass er das Gefühl habe, der Rat ruhe sich auf dem Titel "fahrradfreundliche Kommune" aus. "Mögliche Projekte, die den Radverkehr als urbaner Verkehr der Zukunft erkennen lassen, hat der Rat bisher nicht beschlossen. Insbesondere dann nicht, wenn diese im Straßenverkehr sichtbar wären und dem Alltagsfahrer helfen werden", so Brix.
Den Ausführungen Brix, die Stadt würde nur wenig für die Radfahrer tun, widersprach Winfried Pink (CDU) energisch, gleichwohl er Brix in einigen Punkten zustimmte, was die Standortfrage angeht. "Einiges kann man sicher davon teilen. Aber wenn er sagt, es sei wenig passiert, dann muss ich einfach dagegenhalten. Denn so wenig ist auch nicht passiert", so Pink und zählte seinerseits einige Maßnahmen auf und stellte klar, dass seine Fraktion der Meinung sei, man können den "fitten Radfahrern" den längeren Fußweg durchaus zumuten und dass man die Mehrausgaben von rund 5.000 Euro für einen anderen Standort nicht in Kauf nehmen werde. Man werde deshalb an der Grundvorlage festhalten. Gerhard Kanter (CDU) beleuchtet die Standortfrage noch von einer anderen Seite - nämlich von der optischen. Durch den doch recht großen Bau würde der Blick auf das historische Bahnhofsgebäude verdeckt.
Ursprünglicher Standort bleibt
Die grundsätzliche Diskussion über das Für und Wider der Radverkehrsförderung kritisierten Ralf Achilles (SPD) und Horst Meyer (AfD). Er verstehe nicht, dass bei diesem Tagesordnungspunkt über das Fahrradfahren insgesamt diskutiert werde, so Meyer. Und Ralf Achilles fügte hinzu: "Die Wortmeldungen hier haben die Gegenpositionen von Fahrradfahrern und Autofahrern versucht zu verdeutlichen. Das fand ich etwas irritierend. Und ich muss auch sagen, aus der Sicht eines Fahrradfahrers war Ihr Vortrag, Herr Brix, jetzt nicht besonders inspirierend. Weil diese akademische Betrachtung der Gegebenheiten hier in Wolfenbüttel werden der Vorlage absolut nicht gerecht. Ich wehre mich auch, dass der Fahrradverkehr hier ständig als der urbane Verkehr der Zukunft klassifiziert wird. Er ist ein Teil des Verkehrs. Es gibt nicht nur Menschen, die Fahrrad fahren, sondern auch Menschen, die aus verschiedenen Gründen kein Fahrrad nutzen können. Also bitte ich darum, dass wir die Fahrradfahrer nicht über alles stellen, sondern sie in das Verkehrskonzept gleichberechtigt aufnehmen", so Achilles seinen Beitrag mit der Aussage beendete, dass er für die Grundvorlage plädieren werde.
Rudolf Ordon brachte den Fokus dann wieder auf den eigentlichen Punkt, indem er erklärte, dass auch seine Fraktion nicht für den neuen Standort stimmen werde. "Der Fahrradkäfig wäre eine Verschandelung des Vorplatzes und außerdem ist es dem Fahrradfahrer zumutbar, die längere Strecke in Kauf zu nehmen", so Ordon.
Am Ende stimmte der Rat für die Grundvorlage, jedoch mit einer Änderung, die die AfD einbrachte. Bei der Errichtung solle berücksichtig werden, dass auch Familien und Behinderte Platz finden, um ihre Fahrräder unterzustellen. Diesen Vorschlag zu prüfen und die Kosten dafür zu ermitteln, stimmte das Gremium schussendlich zu.
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