Wolfenbüttel: Weißrussisches Rotes Kreuz besuchte Therapiezentrum




Viele Gemeinsamkeiten und jeweils sehr unterschiedliche Bedingungen stellten Vertreter des Deutschen und des Weißrussischen Roten Kreuzes (BRC) kürzlich bei einem Treffen in Wolfenbüttel fest. Insbesondere die Behindertenarbeit im Wolfenbütteler Integrations- und Therapiezentrum (ITZ) des DRK interessierte die Gäste.

Die Wolfenbütteler Einrichtung Am Exer war ihre erste Station einer Studienreise durch Deutschland, während der sie sich über verschiedene Behinderteneinrichtungen des DRK informieren, bevor sie sich in Berlin über ihre Eindrücke mit DRK-Präsident Dr. Rudolf Seiters austauschen. Aus Wolfenbüttel wird die dreiköpfige Delegation viele Informationen mitnehmen, denn bei einem Rundgang durch die Einrichtung und einem gemeinsamen Essen im benachbarten DRK-Solferino gab es viele Gelegenheiten sich über die jeweiligen Arbeitsmethoden und -verhältnisse auszutauschen.

Dass ein solcher Austausch zwischen den Rotkreuzlern überhaupt möglich wurde, war auch Jana Mikhalevich zu verdanken. Die Bürokauffrau beim DRK-Kreisverband Wolfenbüttel hat familiäre Wurzeln in Sibirien und spricht fließend Russisch. An diesem Tag war sie als souveräne Dolmetscherin unverzichtbar.

Im weißrussischen Grodno gebe es ein Tageszentrum, wo das örtliche Rote Kreuz derzeit 54 Familien mit behinderten Kindern unterstützt, berichtete Vera Nikonchik, die beim BRC für internationale Zusammenarbeit zuständig ist. Beim Aufbau der Einrichtung half das Österreichische Rote Kreuz. Dem Tageszentrum angeschlossen ist eine Selbsthilfegruppe für betroffene Eltern. „Leider können wir ein solches Angebot bisher nur in einem einzigen Kreisverband ermöglichen“, sagte Viktor Kolbanov, Generalsekretär des BRC. Die Angebote sollen aber ausgebaut werden. „Dafür wollen wir von den Erfahrungen des ITZ profitieren“, so Kolbanov. Besonders die Angebote der Schulbegleitung sowie des ambulant betreuten Wohnens stieß bei den Gästen auf großes Interesse.

Andreas Ring, Vorstand des Wolfenbütteler Kreisverbandes, erklärte, dass das ITZ auch ein gutes Beispiel für die Arbeit des DRK im Allgemeinen sei. Das Angebot der Einrichtung orientiere sich an den Bedürfnissen der Betroffenen. Das ITZ sei daher auch nicht so kapitalintensiv wie stationäre Einrichtungen für behinderte Menschen – beispielsweise Wohnheime. Der Zentrumsleiter Thomas Stoch erläuterte den Gästen, dass sich das ITZ aus dem Familienentlastenden Dienst heraus entwickelt habe. Inzwischen sei das Angebot gewachsen, doch gleichzeitig seien die einzelnen Bereiche – ambulantes Wohnen, Schulbegleitung, Autismusambulanz und Ergotherapie – miteinander eng verknüpft, so dass alle Abteilungen – Kunden und Mitarbeiter – voneinander profitieren.

„Die Behindertenarbeit in Deutschland ist derzeit im Umbruch“, erklärte Stoch. Vom stationären System gehe sie jetzt über zu den flexiblen Ansätzen – von der Beschützerfunktion zur individuellen Förderung und Teilhabe. „Für uns war es relativ leicht innovative Ideen zu entwickeln, weil wir ja auch ganz neu angefangen haben“, so Stoch. Die Behindertenarbeit gibt es im DRK Wolfenbüttel erst seit etwa neun Jahren. Hier bestehe also eine gute Möglichkeit für eine Partnerschaft zwischen beiden Ländern. Das DRK sei bundesweit eher ein kleinerer Träger für Behindertenarbeit. Gleichwohl sei das ITZ deutschlandweit ein Leuchtturmprojekt. Anerkennung sei auch auf internationaler Ebene spürbar. So wurde Stoch erst kürzlich zum Präsidenten des Weltverbandes für Familienentlastende Dienste (ISBA) gewählt worden. Hans Hartmann, Vizepräsident des DRK-Landesverbandes Niedersachsen, ergänzte: „Das Rote Kreuz ist in Deutschland dezentral organisiert. Jeder Kreisverband hat andere Stärken.“ So sei beispielsweise der Stader Kreisverband ebenfalls sehr stark in der Behindertenarbeit vertreten.

In Weißrussland sei nicht nur die Behindertenarbeit im Aufbau befindlich berichtete Valerij Malashko, Präsident des BRC. Auch der Katastrophenschutz wird derzeit neu organisiert. Andere Bereiche seien dafür größer: Der Psychologische Dienst betreut beispielsweise unzählige Angehörige der Opfer des U-Bahn-Attentats 2011. Auch die Tschernobyl-Katastrophe erfordere noch immer psychologische wie medizinische Hilfe, die größtenteils das Rote Kreuz leistet.

Zum Abschluss sagten sich die Wolfenbütteler und die Weißrussen zu, den Austausch und die Zusammenarbeit künftig fortzuführen und zu intensivieren.


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