Kommt die Steuer auf Einwegverpackungen in Wolfenbüttel?

Das Bundesverfassungsgericht hat den Weg frei gemacht. So positionieren sich jetzt Verwaltung und politische Parteien in der Lessingstadt.

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So eine Burger-Verpackung könnte versteuert werden. Symbolbild
So eine Burger-Verpackung könnte versteuert werden. Symbolbild | Foto: pixabay

Wolfenbüttel. Das Bundesverfassungsgericht hat vergangene Woche eine Entscheidung getroffen, die auch auf die lokale Gastronomie Einfluss haben könnte. Die Erhebung einer Steuer auf Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck für den unmittelbaren Verzehr vor Ort oder als Gericht beziehungsweise Getränk zum Mitnehmen durch Kommunen ist demnach rechtens. regionalHeute.de fragte nach, ob es in Wolfenbüttel jetzt Bestrebungen geben wird, so etwas einzuführen.



Bei der Stadt Wolfenbüttel hat man sich bereits so seine Gedanken gemacht. Seitens der Verwaltung heißt es: "Sicherlich hätte eine Einwegverpackungssteuer eine steuernde Wirkung und Unterstützung der schon geltenden Mehrwegangebotspflicht. Die europäische Einwegkunststoffrichtlinie fordert von allen Mitgliedstaaten eine messbare, ehrgeizige und dauerhafte Verbrauchsminderung bestimmter Einwegverpackungen. Deutschland hat zur Umsetzung dieser Forderung im Verpackungsgesetz die Mehrwegangebotspflicht für Lebensmittel und Getränke zum Sofortverzehr eingeführt. Eine kommunale Steuer auf Einwegverpackungen wäre somit eine ergänzende Maßnahme, den Mehrweggedanken zu unterstützen."

Verhältnis zum Aufwand


Vor einer generellen Aussage, ob so eine Steuer im Bereich einer Stadt in der Größe Wolfenbüttels sinnvoll wäre oder in keinem Verhältnis zum bürokratischen Aufwand stehe, müsse dies geprüft werden. Das Ergebnis würde dann zudem erst in die politische Diskussion einfließen. Die Einnahmen der Steuer würden aber mit Sicherheit nicht die Haushaltsprobleme der Städte lösen, vor denen derzeit auch Wolfenbüttel stehe.

Wie man die Sache in der Stadt Braunschweig sieht, lesen Sie hier.

Unmittelbar nach Bekanntmachung des Urteils habe der Bürgermeister bereits den Auftrag erteilt, die Auswirkungen des Urteils auf die Stadt Wolfenbüttel zu prüfen, da nicht auszuschließen sei, dass der Verwaltung hierzu in Kürze ein entsprechender Antrag aus dem Rat vorgelegt wird. Eine Umsetzung ohne die Prüfung der Auswirkungen sei – wenn auch nicht ausgeschlossen – bisher jedoch von der Verwaltung nicht beabsichtigt. „Selbst wenn die Einführung einer Verpackungssteuer gesellschaftspolitisch wichtig und erwünscht ist, ist sie aus meiner Sicht bei allen derzeitigen Herausforderungen der Stadt Wolfenbüttel keine prioritäre Maßnahme“, so der Bürgermeister.

Wie man die Sache in der Stadt Salzgitter sieht, lesen Sie hier.

Das sagen die Parteien


Doch wie sieht es bei den politischen Parteien aus? regionalHeute.de fragte die im Rat der Stadt vertretenen Fraktionen und Gruppen an. Wie sieht man hier so eine Steuer, und plant man gegebenenfalls die Initiative für eine Einführung? Wir veröffentlichen die Antworten in der Reihenfolge des Eingangs.

"Klarer Kurs Bürokratieabbau"


Die CDU Stadtratsfraktion sieht die Einführung so einer Steuer eher kritisch. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Kerstin Glier schreibt hierzu:

„Die CDU steht für den klaren Kurs des Bürokratieabbaus in Deutschland. Wir sehen in der Einführung einer weiteren Steuer auf Einwegverpackungen, Einweggeschirr, etc. eher einen Aufbau der Bürokratie, als einen Abbau. Ebenso haben wir Bedenken in Hinsicht auf die praktische Umsetzung vor Ort und damit verbundene Auswirkungen auf insbesondere kleinere Betriebe. Möglicherweise wird die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. Statt neue Regelungen zu schaffen ist es sinnvoller, bestehende Vorschriften konsequent umzusetzen beziehungsweise diese zu optimieren. Dies könnte den Unternehmen helfen, sich auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren, anstatt sich mit unnötigem bürokratischen Aufwand auseinanderzusetzen.

Wir halten alle bislang bestehenden Regelungen zur Nutzung von Einweg- beziehungsweise Mehrwegverpackungen für ausreichend, plädieren für eine regelmäßige Überprüfung der Reglungen, damit sichergestellt wird, dass sie weiterhin relevant und effektiv sind. Somit bleiben die notwendigen Standards für Umweltschutz und Sicherheit gewahrt.

Fazit: Wir würden als CDU in Wolfenbüttel derzeit keine Einführung der Steuer auf Einwegverpackungen, Einweggeschirr, etc. unterstützen!"


"Lieber freiwillige Maßnahmen forcieren"


Auch die Gruppe BuW/FDP ist gegen die Einführung so einer Steuer. Die Gruppensprecher Alexandra Tomerius und Vincent Schwarz nehmen wie folgt Stellung:

"Die Gruppe BuW/FDP spricht sich entschieden gegen die Einführung einer Steuer auf Einwegverpackungen aus und würde etwaige Bestrebungen anderer Parteien nicht unterstützen. Der zu erwartende bürokratische Aufwand, der mit dieser Steuer einherginge, dürfte den gewünschten Nutzen zum jetzigen Zeitpunkt vermutlich übersteigen.

Es ist zwar zu begrüßen, dass den Kommunen durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ein solches Instrument zur Verfügung steht, aktuell sind aber freiwillige Maßnahmen eher zu forcieren. Immerhin nutzen bereits einige Restaurants in Wolfenbüttel diverse Mehrweglösungen für die Mitnahme ihrer Speisen.

Füllen der Stadtkasse im Vordergrund


Eine Steuerabgabe auf Verpackungsmaterial wäre ein weiterer Griff in die Taschen der Bürgerinnen und Bürger. Verfolgt man die Berichterstattungen und Äußerungen des Grünen-Oberbürgermeisters Palmer* scheint viel mehr das Füllen der Stadtkasse im Vordergrund zu stehen, als effektiver Umweltschutz.

Insbesondere gegenüber den Gastronomie-Betreibern, die immer noch mit den Nachwirkungen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben, wäre dies ein absolut falsches Signal. Statt den Lokalen und Take Away-Restaurants mit künstlichen Verteuerungen weitere Steine in den Weg zu legen, sollten diese viel mehr unterstützt werden. Beispielsweise durch die Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie durch die Bundesregierung."

*(Anmerkung der Redaktion: Boris Palmer ist Oberbürgermeister der Stadt Tübingen. Hier wurde die Steuer auf Einwegverpackungen erlassen, über die jetzt das Bundesverfassungsgericht entschieden hat. Er war zwar bei Bündnis 90 / Die Grünen, ist mittlerweile aber parteilos.)



"Konzept zur Vermeidung wichtig"


Etwas anders sieht man die Sache bei Bündnis 90 / Die Grünen. Die Fraktionsvorsitzenden Beate Zgonc und Sascha Poser schreiben:

"Die Idee einer solchen Steuer halten wir grundsätzlich für sinnvoll, um den Verbrauch von Einwegprodukten zu reduzieren und nachhaltige Alternativen zu fördern. Dies entspricht den Zielen, die wir als Ratsgruppe vertreten. Es gibt bereits die Initiative eines Wolfenbütteler Bürgers, der sich mit diesem Anliegen an die Stadtverwaltung gewandt hat. Wir unterstützen diese Initiative ausdrücklich und werden einer entsprechenden Verwaltungsvorlage zustimmen. Momentan warten wir die weiteren Signale seitens der Verwaltung ab, bevor wir über einen eigenen Antrag nachdenken.

Grundsätzlich stellen sich für uns noch einige Fragen zur praktischen Umsetzung einer solchen Steuer, die wir im weiteren Prozess klären möchten: Wie können Konsument:innen die Steuer vermeiden, und welche Mehrwegalternativen stehen konkret zur Verfügung? Wie können Anbieter sicherstellen, dass sie ihren Kund:innen steuerfreie Alternativen anbieten können? Wie wird die Reinigung von Mehrwegbehältnissen organisiert, und welche Anforderungen ergeben sich für kleinere Betriebe?

Wiederverwendung im Vordergrund


Ein Blick nach Tübingen, wo bereits eine ähnliche Regelung erfolgreich umgesetzt wurde, zeigt, dass solche Systeme durchaus funktionieren können. Dort steht die Wiederverwendung im Vordergrund, und es werden signifikante Einnahmen erzielt, die der Stadt für weitere Maßnahmen zur Verfügung stehen.

Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass die Einführung einer solchen Steuer Teil eines umfassenderen Konzepts zur Vermeidung von Einwegverpackungen ist. Dabei müssen Verbraucher:innen und Anbieter gleichermaßen einbezogen werden."



"Der Müllflut entgegentreten"


Der aktuelle Diskussionsstand der SPD Ratsfraktion tendiert eher gegen eine Steuer. Fraktionsvorsitzender Ralf Achilles schreibt:

"Aufgrund der aktuell hohen Abgabelasten für alle Bürgerinnen und Bürger sollte unserer Meinung nach nicht noch eine weitere Abgabe/Steuer erhoben werden. Im Vordergrund sollten eher Programme stehen, die die Eigenverantwortung der Verkaufenden und Kaufenden in den Fokus nehmen. In Wolfenbüttel gibt es bereits Anstrengungen, mit wieder verwendbaren Gefäßen Getränke oder Speisen der Müllflut entgegenzutreten. Dieses muss auch in das Bewusstsein aller Verzehrenden kommen — hierbei erwarten wir auch von den Medien Mithilfe."


Auch die AfD-Fraktion war angefragt. Eine Antwort innerhalb der gesetzten Frist bekamen wir nicht. Diese wird gegebenenfalls nachgereicht.