Lernkulturen im internationalen Vergleich


Islamwissenschaftlerin Julia Nohn sprach im Solferino über Lernkulturen in islamisch geprägten Ländern. Foto: DRK
Islamwissenschaftlerin Julia Nohn sprach im Solferino über Lernkulturen in islamisch geprägten Ländern. Foto: DRK | Foto: DRK

Wolfenbüttel. Die Islamwissenschaftlerin Julia Nohn stellte in einem Vortrag über Schule und Bildung die Bildungssysteme in islamisch geprägten Ländern vor. Im fast voll besetzten DRK-Solferino in Wolfenbüttel berichtete sie von eigenen Erfahrungen im Jemen, Schulbüchern aus Syrien und Unterrichtsmethoden im Sudan.




Es gibt viele Dinge, die das Verständnis zwischen Flüchtlingen und Deutschen verbessern können. Ein Abbau der Sprachbarriere gehört genauso dazu, wie ein Verständnis der Kultur, gesellschaftlichen Rollenbildern und Stellung der Religionen im Alltag. Julia Nohn, die im Rahmen ihres Studiums und späterer Forschung in islamischen Ländern gelebt, geforscht und gearbeitet hat, zeigte in ihrem Vortrag „Schule und Bildung - Lernkulturen im internationalen Vergleich“ wie Bildung in islamischen Ländern vermittelt wird und das alltägliche Leben beeinflusst.

Für die mehr als 50 Zuhörer, die dafür ins Solferino am Exer gekommen waren, gab es vieleüberraschende Aussagen. Beispielsweise, dass in fast allen islamischen Ländern die Pflicht bestehe, entweder eine der kostenfreien staatlichen Schulen oder eine Privatschule zu besuchen. Im Alltag werdedies allerdings selten spürbar. Oft fehlten erreichbare Schulen, Schulbusse oder überhaupt die Information, dass Kinder die Möglichkeit zu einem Schulbesuch hätten. „Im Jemen gibt es viele entlegene Bergdörfer, auf die auch die Regierung keinen Zugriff hat, um eine Schulpflicht überhaupt durchzusetzen“, berichtete Nohn. Dazu kämenkriegerische Auseinandersetzungen, gesellschaftliche Ächtungen oder traditionelle Vorstellungen, die einen Schulbesuch verhindern. Dementsprechend variiert der Bildungsstand der Länder, aber auch innerhalb der Länder selbst. So gäbees im Sudan Erwachsene, die niemals eine Schule besucht hätten,genauso wie jene, die einem mit dem Abitur vergleichbaren Schulabschluss vorweisen könnten. Die Schulpflicht geltein den Ländern für Jungen und Mädchen gleichermaßen.

Allgegenwärtigkeit des Glaubens


In den Schulbüchern und dem Lehrplan spiele das religiöse Selbstverständnis eine große Rolle. Religionslehre gehöre, neben Arabisch, zu den Fächern mit dem größten Anteil am Lehrplan. Auch im Sprachunterricht, Mathematik oder Geschichte werdeBezug auf das Leben des Propheten genommen und Koranverse seienin allen Schulbüchern zu finden. „Wer mit der Allgegenwärtigkeit eines Glaubens aufgewachsen ist, kann nicht verstehen, dass Religiosität in Deutschland eine Privatsache ist, die im öffentlichen Leben keine Rolle spielt“, erklärt Nohn. Häufig erlebten Geflüchtete dadurch einen Konflikt.

Konflikte, die auch ein Teil der Zuhörer in ihrer Rolle als Sprachlehrer oder Betreuer eines Flüchtlings miterlebthaben. Zwischenfragen und der Diskussionsbedarf nach dem Vortrag zeigten, wie die Vorträge im Rahmen der Flüchtlingshilfe zum Verständnis beitragen.



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