Leserbrief: "Jahrmarkt bei der AfD"


In einem Leserbrief äußert sich Jürgen Kumlehn über den Info-Stand der AfD. Symbolfoto: Max Förster
In einem Leserbrief äußert sich Jürgen Kumlehn über den Info-Stand der AfD. Symbolfoto: Max Förster | Foto: Max Förster



Wolfenbüttel. Unsere Redaktion erreichte ein Leserbrief von Jürgen Kumlehn, Erinnerer. Diesen veröffentlicht regionalHeute.de an dieser Stelle unkommentiert und ungekürzt.
In früheren Jahren boten Jahrmärkte ganz besondere Attraktionen: Es wurden Menschen ausgestellt. In Zelten traten meistens bemitleidenswerte Personen auf: Die kleinsten, größten, stärksten oder dicksten Menschen der Welt, „Zwerge“, „Riesendamen“ und „Kolosse“, Menschenfresser, „Negerprinzessinnen“, Automaten- und Elektromenschen, Fakire und „Frauen ohne Unterleib“, „Tiermenschen“, Seejungfrauen, die dickste Frau der Welt, bärtige Frauen oder Personen mit Anomalien. Wir sind froh, dass es diese Art der Entwürdigung von Menschen schon seit langer Zeit nicht mehr besteht.
Die AfD, die „Alternative Partei für Deutschland“, will keinesfalls so sein wie die bisher bekannten Parteien. Das macht sie mit verqueren und zum Teil faschistisch angehauchten politischen Parolen deutlich - und ganz neu, nun auch mit der Ausstellung eines Menschen: nein, nicht in einem Zelt auf einem Jahrmarkt, nein, ganz öffentlich an ihrem Parteistand mitten in der Stadt Wolfenbüttel. Offenbar gefällt es der Partei, Menschen nicht nur verbal zu entwürdigen, sondern nun auch - wie auf den früheren Jahrmärkten - sie öffentlich auszustellen. Das geschah am Samstag, 27.8.2016, in Wolfenbüttel. Dort standen wie eine Perlenkette aufgereiht die Parteien CDU, SPD, FDP, GRÜNE, Linke und AfD in der Langen Herzogstraße und boten politische Informationen und Gespräche zur bevorstehenden Kommunalwahl an.
Vor dem Stand der AfD stand ein Mensch, etwas kleiner als AfD-Normalgröße. Dieser Mensch - oder Menschin - trug den ganzen Körper verbergend einen schwarzen Stoffumhang, unten lugten die Spitzen von Turnschuhen hervor. Das Gesicht war hinter einer besonderen Stoffabdeckung verborgen.
In der Hand trug die Person dieses Schild:

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AfD-Stand. Foto: Jürgen Kumlehn



Das obige Foto zu bekommen fiel recht schwer, da ein AfD-Mann das durch aggressives Körperverhalten zu verhindern versuchte. Diese widerliche Ausstellung eines Menschen und an den Pranger stellen mit dem einem Ziel, Wählerstimmen einzuheimsen, stieß auf vielerlei Empörung - so sehr, dass die AfD Polizei zu Hilfe rief - die aber nicht eingriff. Das andere Ziel war, Bevölkerung gegen muslimische Menschen aufzuhetzen. Ähnliches hat es in Wolfenbüttel bereits gegeben. Im „Dritten Reich“ wurde mit würdelosen Inhalten versucht, die Bevölkerung gegen Juden aufzuhetzen, indem zum Beispiel ein gewisses Aussehen übertrieben wurde, um aggressive Antipathien zu erzeugen. Bekannt ist - nicht aus Wolfenbüttel - das prangerhafte Jagen von Juden mit umgehängten Schildern und diskriminierenden Parolen durch Stadtstraßen.

Die Kritik an diesem „Auftritt“ der AfD wird die Partei wieder für ihre tendenziöse Argumentation benutzen: „Man darf an Flüchtlingen keine Kritik äußern“. Wer die Medien verfolgt, weiß dass eine derartige Aussage schon lange als Lüge entlarvt ist. Diese Art der Propaganda ist auch als Text-Plakat in Wolfenbüttel zu finden: „Weil wir für Euch sind - sind sie gegen uns.“ Die Parole hat die AfD übrigens vom Österreicher Jörg Haider übernommen. Im Nachbarland heißt es: „Sie sind gegen ihn, weil er für Euch ist.“
Wer Menschen auf mittelalterlicher Weise an den Pranger stellt und das auch noch als „Kritik“ bezeichnet, zieht heftigen Gegenwind auf sich. Das ist in einer Demokratie ein ganz normaler Vorgang. Meine schon oft geäußerte klare Kritik an Kleidungen wie z.B. der Burka ist mir jedenfalls bisher nie verboten worden. Und ich werde sie auch weiterhin äußern!
Bundespräsident Joachim Gauck hat in einem Gespräch mit Berliner Schülern gesagt: Wir brauchen Bürger, die auf die Straße gehen und den Spinnern ihre Grenzen aufweisen. Dazu sind Sie alle aufgefordert. Möglicherweise wird die AfD diese Pranger-Aktion am kommenden Samstag wiederholen. Jeder und Jede, der und die einer widerlichen Entwürdigung von Menschen entgegentritt, könnte das am Samstag um 11 Uhr in Wolfenbüttel in der Langen Herzogstraße bekunden. Es muss ja nicht gleich ein „Flashmob“ sein.

Jürgen Kumlehn, Erinnerer, Wolfenbüttel


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