Zur aktuellen Stellungnahme des CDU-Stadtverbandvorsitzenden über die Stadtratsfraktion der Grünen erreichte uns eine LeserMeinung von Jürgen Kumlehn, die wir an dieser Stelle unkommentiert und ungekürzt veröffentlichen.
Betr. Stellungnahme zum "sich Luft machen" vom Vorsitzenden des CDU-Stadtverbandes, Eckbert Schulze, zum Verhaltender Grünen im Wolfenbütteler Stadtrat
Wenn ich die emotionalen Auslassungen von Eckbert Schulze aufmerksam lese, fühle ich mich in die ersten 1980er Jahre des vergangenen Jahrhunderts versetzt. Damals, als die Grünen gerade das "politische Parkett" betreten wollten, rasteten nicht nur Schulzes Parteikollegen, sondern auch die der anderen "etablierten Parteien" SPD und FDP, noch gemeinsam aus. Die Grünen wurden als "Aussätzige" behandelt - und Ihre extrem abweichenden Meinungen wurden ähnlich niedergemacht, wie es Eckbert Schulze nun 30 Jahre später immer noch oder erneut tut. Die CDU beabsichtigte gar, die Grünen und Ihre Sympathisanten vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Ich muss hier jetzt sicher nicht belegen, wie sehr sich auch die CDU in den drei letzten Jahrzehnten in Richtung Grüne gewandelt hat.
Unbeachtet davon errang die Grüne Bürgerliste damals im Kreistag die ersten zwei Mandate. Heute regieren sieben Grüne im Kreis mit, und im Stadtrat sieht es ähnlich aus. Damals, 1981, errang die CDU noch 24 Sitze im Kreistag - und heute sind es nur noch 17. Stellt sich da nicht die Frage?: Was hat die CDU seitdem falsch und was haben die Grünen dagegen richtig gemacht?
Was ist der Grund für Eckbert Schulzes Philippika, die inhaltlich unter dem Niveau einer Aschermittwochsrede rangiert? Wir wissen alle, dass die CDU in den vergangenen Jahren in den Ländern und Kommunen erhebliche Verluste hinnehmen musste. In Baden Württemberg gab es von Stefan Mappus (CDU), gegen den jetzt die Staatsanwaltschaft ermittelt, einen Wechsel zum Grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. (Übrigens: 1983 war der derzeitige Bundesratspräsident Gast und Referent der Wolfenbütteler Grünen!) Den Regierungswechsel in Niedersachsen brauche ich ja wohl gar nicht erst erwähnen. Aber den bevorstehenden Wechsel im September in Berlin muss ich bei diesen Betrachtungen berücksichtigen, denn das tut Eckbert Schulze und die CDU natürlich auch. Ist es die Angst der CDU vor dieser möglichen Abwahl, dass einige Mitglieder immer auffälliger und aggressiver einhergehend mit Diffamierungen reagiert? Frank Oesterhelweg hat es gerade in seiner "Schaufenster-Kolumne" getan - und im Bereich Cremlingen fliegen spätestens seit der Landtagswahl die Fetzen. Man muss für die in die Enge getriebne CDU fast befürchten, dass sie ihrem Bundestagskandidaten Uwe Lagosky damit einen Peer-Dienst erweist. Diese Polarisierung ist ein weiterer Schritt in einem weiteren Abbau der CDU-Bedeutung.
Nun sind die Grünen endlich mal anderer Meinung als die CDU und kuscheln nicht mehr so sehr mit dem Bürgermeister - und schon sieht Eckbert Schulze alle konservativ-bürgerlichen Felle davonschwimmen. Auf seine mit Luft gemachten einzelnen Argumente lohnt es nicht einzugehen, weil Schulze offenbar schon so weit gehen möchte, Ratsmitgliedern anderer Parteien ihre eigenständigen Meinungen ordentlich madig zu machen. Was für ein Demokratieverständnis hat der Parteivorsitzende eigentlich? Es ist schon lange überfällig, dass sich im Stadtrat eine kraftvolle "Opposition" bildet, nicht um aus Prinzip dagegen zu sein, sondern um, wie es ja normal ist bei Entscheidungen, auch alternative Lösungen zu berücksichtigen. Genau dieses im Landtag tun zu wollen, hat die CDU doch gerade angekündigt. Zitat von Karl-Heinz Schmidt aus dem "Schaufenster": "Die Meinung des Anderen wird toleriert - auch wenn man sie nicht teilt. Und das ist gut so."
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