LeserMeinung und offener Brief: "Wolfenbüttel lebt - trotz inhaltsloser Pressearbeit von CDU und SPD"


| Foto: Privat



Der selbsternannte Erinnerer, Jürgen Kumlehn, nimmt zu der Auseinandersetzung des Wolfenbütteler Bürgermeisters Thomas Pink mit der regionalen Print-Tageszeitung Stellung. Seine LeserMeinung veröffentlichen wir ungekürzt und unkommentiert. Direkt danach ist ein offener Brief an den CDU-Stadtratsfraktionsvorsitzenden Christoph Helm zu lesen, den Jürgen Kumlehn auch anderen Mitgliedern des Stadtrates geschickt hat:

Natürlich hätte der Holzmarkt vollkommen anders gestaltet werden können. Es stimmt nicht, dass vor der Entscheidung im Stadtrat keine Gegenvorschläge gekommen sind. Sie sind in der BZ veröffentlicht worden – und nicht zuletzt haben Bürgermeister Pink Gegenvorschläge z.B. auch anlässlich der regelmäßigen Informationen im Info-Zelt der Stadt erreicht. Ich erinnere an den „Ausraster“ des Bürgermeisters gegenüber der FDP-Ratsfrau Christiane Hunke, als sie Kritik an der Planung üben wollte.

Ich denke, dass von der jetzigen grundsätzlichen Gestaltung in Zukunft weitere Initiativen ausgehen können und der Platz zu einem lebendigen Treffpunkt werden kann.

Die Diskussion konzentriert sich ja vor allem auch auf die anonymen Lesermeinungen aus dem Internet. Auch ich bin der Meinung, dass anonyme Stellungnahmen in der BZ nicht veröffentlicht werden sollten. Wenn es sie schon geben muss, dann sollten sie in dem Medium bleiben, in dem sie entstehen. Den Vorwurf des Bürgermeisters, die BZ veranstalte eine „Medienhetze“, empfinde ich als absurd. Herr Pink sollte sich für diesen schlimmen Ausrutscher bei der Redaktion entschuldigen.

Ein Problem dieser Stadt Wolfenbüttel ist, dass Planungen im Stadtrat schon seit Jahren ohne große konträre Diskussionen beendet werden. Der städtischen Kommunalpolitik mangelt es an einer „Opposition“ mit alternativen Vorstellungen. Die Bürger, die sich vorher oder nachher mit Kritik melden, haben im Stadtrat keine ernstzunehmende Vertretung.

Ich verstehe nicht, dass Herr Pink die Anonymität der Stellungnahmen heftig kritisiert und gleichzeitig mit seiner auf der städtischen Website gerade begonnenden Aktion „direktzu“ Bürgermeister Pink sich der Anonymität  bedient. Der Hinweis „direktzu“ vermittelt die Möglichkeit, direkt mit dem Bürgermeister in Kontakt treten zu können. Dem ist aber überhaupt nicht so. Beteiligt man sich mit einer Frage bekommt man zunächst fünf Emails mit der anonymen Absenderangabe „Das Moderationsteam“. Man muss einen für mich komplizierten Vorgang des „Anklickens“ durchlaufen. Abschließend wird die Frage an den Bürgermeister auf der Website veröffentlicht. Sie wird aber nicht beantwortet, sondern steht zunächst 28 Tage lang Besuchern der Website zur negativen oder positiven anonymen Bewertung zur Verfügung. Hat man dann nach 28 Tagen das Glück der meisten positiven – anonymen!! – Bewertungen, erhält man eine Antwort des Bürgermeisters. Wird man negativ bewertet, bekommt man überhaupt keine Antwort. Die Frage hätte man sich dann auch sparen können.

Dieser Vorgang, begleitet von einem anonymen „Moderationsteam“ mit Sitz in Berlin, kann nun wahrlich nicht als offenes Kontaktmedium mit dem Bürgermeister bezeichnet werden. Ich halte es schlichtweg für Unsinn und würde gern wissen, wieviel Gebühren aus dem städti-schen Haushalt monatlich für diese anonyme Bürgermeister-Kontaktbörse an den „Plattformbetreiber“ „relevantec GmbH“ gezahlt werden müssen. Fazit: Wer Anonymität kritisiert, sollte nicht im Glashaus sitzen.

Jürgen Kumlehn, Wolfenbüttel

Erinnerer


Offener Brief an Christoph Helm zum Offenen Brief an die regionale Print-Tageszeitung




Sehr geehrter Herr Helm,

Sie behaupten, die Lokalredaktion der Braunschweiger Zeitung verletze aus den von Ihnen genannten Gründen die Ausgewogenheit. Als regelmäßiger und intensiver Leser vor allem auch der lokalen Nachrichten kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen. Eine Bevorzugung speziell einer fällt mir nicht auf!  Ihre Argumentation kann ich daher überhaupt nicht nach-vollziehen, zumal Sie auch keine Beispiele nennen. Diesen Vorwurf ohne klare Gründe in die Öffentlichkeit zu tragen halte ich für einen schlechten Stil.

Die von Ihnen eingebrachte Problematik lässt sich heute an Aussagen eines Leserbriefes nachvollziehen. Herr Bolien aus Wolfenbüttel bemängelt die Artikelüberschrift „Ich bin von meinem Bürgermeister enttäuscht“. Er begründet seine Kritik u.a. mit der Aussage, sie käme von einem Neubürger – und der daraus zu ziehende Schluss  soll wohl heißen: Ein Neubürger hat ja wohl keine Ahnung. Und dann dürfe die Redaktion diese Aussage auch nicht als Überschrift verwenden. Kein einfacher Beruf, muss ich sagen. Wenn ich an meine Kritiken denke, habe ich ja wohl Glückgehabt, ein Rathaus-Betretungsverbot nie erhalten zu haben.

In der Diskussion wird nur das bedacht, was von den Redakteuren veröffentlicht wird. Natürlich gibt es viele Beiträge, die nicht veröffentlicht wurden. Darunter sind bestimmt auch Aussagen über Ihre Partei, die sie ungern lesen möchten. Ich habe durchaus auch schon mal einen kritischen Leserbrief zu Herrn Pink geschrieben, den die Zeitung nicht veröffentlicht hat. Ich habe mich darüber aber nicht beschwert, da ich der Redaktion vertraue und keines-falls deswegen gleich Zensurgedanken hege.

Ich bin froh, dass die BZ-Redaktion ein lokaljournalistisches Niveau aufrecht erhält. Das Gegenteil ist allwöchentlich im „Wolfenbütteler Schaufenster“ zu lesen. Die CDU und die SPD überschwemmen diese Redaktion ja offenbar mit speziell hierfür gestellten Fotos und inhaltsleeren Texten, die an Peinlichkeit und Informationsmangel manchmal nicht zu überbieten sind. Hier einige Beispiele von Überschriften:
40 Jahre in der CDU,  Treue CDU-Mitglieder geehrt,  Hubertus Heil stellte sein Buch vor, Günter Jurkeit 25 Jahre in der CDU,  SPD in Groß Stöckheim unterwegs,  SPD befürwortet Kanusteg,  CDU-Fraktion informierte sich,  Offenes Ohr: CDU-Bürgersprechstunde,  SPD unterstützt Petra Riedel,  CDU verschenkt wieder Muttertagsrosen,  CDU-Frauenunion besuchte Café Clara,  Margeriten – ein Dank zum Muttertag,   Frauenunion besuchte die Lebenshilfe,  Frank Oesterhelweg im Dialog,  Herbert Adamski seit 45 Jahren in der SPD, Oesterhelweg besuchte Neubaugebiet,  SPD Auguststadt/Weiße Schanze wählte Delegierte, SPD beriet Wahlkampfaktivitäten,  CDU-Stadtverband lud zur Braunkohlenwanderung, Klausurtagung der SPD-Ratsfraktion,   Rollendes Bürgerbüro der SPD startet in neue Saison, Oesterhelweg und Hasselmann weisen auf falsche Daten hin,   CDU: „Wo drückt der Schuh?, CDU-Politiker besuchten Radiologie-Zentrum,  SPD-Ortsvereine bosselten gegeneinander, CDU-Stadtverband besuchte an Silvester die JVA und die Suppenküche, CDU-Kreistagsfraktion tagte,  Weihnachtsbesuche der SPD,  CDU wünscht schöne Weihnachtszeit, CDU ehrt ausgeschiedene Stadtratsmitglieder,  SPD besuchte Rettungswache,  SPD-Stadtverband wünscht eine schöne Adventszeit,   SPD-Ortsverein verteilt Nikoläuse,  SPD-Ratsfraktion tagt morgen,  SPD-Kreistagsfraktion im Bücherhof Hötzum, usw., usw.

Was bin ich doch froh, dass mich die BZ-Redaktion vor derartiger Profilierungssucht bewahrt! Anstatt der BZ-Redaktion beibringen zu wollen, wie sie Ihre Arbeit machen soll, sollten Sie eher mal mit dem Herausgeber des „Wolfenbütteler Schaufensters“ sprechen, in dem Kritik – wenn überhaupt - oft ja nur nicht sachlich sondern eher emotional erlaubt wird.

Ich erinnere mich sehr gut an die 1970er/80er Jahre, als im Landkreis Bürgerinitiativen und die zum Teil daraus entstandenen GRÜNEN versuchten, auch über die Presse in die Öffent-lichkeit hineinzuwirken. Es war die große Zeit vor allem der CDU, hier Einflüsse auf die Presse – damals auch noch auf die die WZ – auszuüben, um die GRÜNEN niederzuhalten. Eine besondere Rolle spielte dabei Ihr Parteifreund Dieter Lorenz aus Sickte, der sich die Allmacht herausnahm, nicht nur Bürgermeister – sondern auch Zensor des „Sickter Boten“ zu sein. Er schreckte sogar davor nicht zurück, sich bei meinem Arbeitgeber zu beschweren. Ich bin gern bereit, Ihnen das, was ich hier schreibe, anhand von Beispielen zu begründen.

Mein Rat an Sie: Lassen Sie die BZ-Redaktion in Ruhe! Versuchen Sie eher, Herrn Pink zu befähigen, mit Kritik gelassen umzugehen. (Siehe auch heutiger Leserbrief von Herrn Fenske)  Das wäre ein Fortschritt für die Stadt, die sich mit dem Namen des  berühmten Kritikers Gotthold Ephraim Lessing schmückt.

Freundliche Grüße,

Jürgen Kumlehn

Erinnerer


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