Razzia bei Ex-Wulff-Sprecher Glaeseker – Stellungnahmen

von Marc Angerstein




Wie bereits am Nachmittag auf unserer Facebook-Seite berichtet, wurden heute die Privat- und Geschäftsräume des entlassenen Pressesprechers von Bundespräsident Christian Wulff, Olaf Glaeseker, von LKA und Staatsanwaltschaft durchsucht. Außerdem die Räume des Veranstalters Manfred Schmidt.

Der einst enge Vertraute Wulffs wird der Bestechlichkeit verdächtigt. Schmidt habe zu Wulffs Amtszeit als niedersächsischer Ministerpräsident enge Kontakte zur Staatskanzlei in Hannover und damit auch zu Glaeseker gepflegt. Im Rahmen des seit längerem ins Visier geratenen sogenannten “Nord-Süd-Dialoges” sollen hier illegale “Gefälligkeiten” geprüft werden.

SPD-Chef Stefan Schostok:

„Die Hausdurchsuchungen bei den Herren Glaeseker und Schmidt am heutigen Donnerstag strafen diejenigen Lügen, die die Aktivitäten rund um den Nord-Süd-Dialog banalisieren wollten. Die Staatsanwaltschaft Hannover stellt fest, dass dringender Korruptionsverdacht im Umfeld der Edelparty für Christian Wulff 2009 besteht.
Uns hat dieser Schritt der Justizbehörden nicht wirklich überrascht. Der Herr Bundespräsident muss jetzt beunruhigt sein wegen der Art und Weise, wie die Justiz seinen einstmals engsten Mitarbeiter ins Visier genommen hat.“

Bei der rund vierstündigen Fragerunde am Vormittag im Landtag zur „Causa Wulff“ habe die Landesregierung es versäumt, sich vom System Wulff zu distanzieren. „Der im Auftrag von Ministerpräsident McAllister antwortende Finanzminister Möllring hat sich im Gegenteil mit dem System der Vetternwirtschaft identifiziert. Mit einigen Antworten hat er sich um Kopf und Kragen geredet“, resümierte Schostok.

So beharre die Landesregierung darauf, dass sich die mannigfaltige handfeste Unterstützung der Staatskanzlei unter Christian Wulff bei der Organisation der Edelparty „Nord-Süd-Dialog 2009“ im Rahmen einer normalen Schirmherrschaft bewege. „Dass diese Aktivitäten laut Herrn Möllring mit der Aussage der Landesregierung vom April 2010 zusammenpassen soll, der ,Nord-Süd-Dialog‘ sei eine Privatveranstaltung, an der das Land weder finanziell noch anderweitig beteiligt gewesen sei, ist grotesk. Der Deal war doch, Duz-Freund Manfred Schmidt veranstaltet eine große Show für Christian Wulff, sammelt mit tatkräftiger Hilfe der Staatskanzlei Sponsorengelder ein und darf den sechsstelligen Reingewinn behalten. Dass man diesen Kuhhandel 2010 nicht offenbaren wollte, kann ich sogar nachvollziehen. Dass es sich bei der bewussten Fehlinformation des Parlaments um einen Verfassungsbruch gehandelt hat, ist für jeden klar geworden. Dass aber die Regierung McAllister heute dieses offensichtliche Gebaren deckt, ist unverständlich“, sagte Schostok.

Ähnlich verräterisch waren die Auskünfte zum Spendensammelverein „Club 2013“. Die Aussagen des Ministers Möllring, der ,Club 2013‘ sei keine geschlossene Gesellschaft und die CDU sei nicht Einladender, ist durch öffentlich gewordene Dokumente und nicht zuletzt durch Aussagen bekannt gewordener Clubmitglieder belegt. Diese Leute tauchen nämlich inzwischen schamvoll ab und verweisen auf die CDU-Parteizentrale. Die könne nämlich Auskunft geben“, erläuterte Schostok. Möllring kündigt zudem an, er werde als Minister weiter an Treffen des Clubs 2013 teilnehmen. Das ist eine unzulässige Vermischung von Regierungs- und Parteiinteressen.

Besonders erstaunt sei man über den Freundschaftsbegriff gewesen, den Minister Möllring entwickelt habe, um die Fälle des Verdachts der Vorteilsnahme durch Herrn Ministerpräsident a.D. Wulff zu banalisieren. Schostok: „Die Quintessenz des Möllring‘schen Wertekanons lautet: Von Freunden kann man grundsätzlich nicht bestochen werden, denn Zuwendungen zählen in solchen Fällen dann zur Privatsphäre und dort ist alles erlaubt. Das gilt aber nur für Wulff, für seinen ehemaligen Sprecher Glaeseker nicht. Das ist abenteuerlich.“ Damit wird jede Vetternwirtschaft von Regierungsmitgliedern legitimiert.

Der SPD-Fraktionschef kündigte an, dass in den kommenden Tagen das Plenarprotokoll vom Donnerstagvormittag intensiv geprüft werde, auch rechtlich. Wir gehen den Weg der Aufklärung weiter, stetig und beharrlich. Der Versuch von Koalition und Landesregierung, nach dem Motto: ,Jetzt alle Fragen stellen und danach die Klappe halten‘ wird nicht aufgehen.

Der Fraktionsvorsitzende der Landtagsgrünen Stefan Wenzel erklärt:

“Die Tatsache, dass der Wegbereiter und engste Vertraute des ehemaligen Ministerpräsidenten Christian Wulff nunmehr unter den Tatverdacht der Bestechlichkeit ins Visier der Ermittlungsbehörden geraten ist, beschreibt eine neue Dimension der Verfehlungen in der Amtsführung des ehemaligen Ministerpräsident Wulff und der von ihm geführten Landesregierung.”

Zur zeitgleichen Fragestunde im Landtag erklärte Wenzel: “Der Kern der Fragen, nämlich ob es bei dem Geerkens-Scheck, den Kreditvergaben an Christian Wulff und im Zusammenhang mit seinen diversen Urlaubsaufenhalten sowie bei den anonymen Spenden einen Amtsbezug und eine Vorteilsannahme gegeben hat, ist immer noch nicht beantwortet. Wir werden deshalb weitere parlamentarische Möglichkeiten der Aufklärung prüfen. Dazu gehören der Antrag auf Akteneinsicht, Unterrichtungen im Haushaltsausschuss, Einsichtnahmen in die Bürgschaftsunterlagen und Aufträge an den Landesrechnungshof für gezielte Sonderprüfungen. Auch die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses rückt näher. Ohne Zweifel sind die rechtlichen Grenzen bei der Beantwortung einzelner Fragen zu berücksichtigen. Wir lassen jedoch nicht zu, dass diese Regelungen als Begründung dafür verwendet werden, die Aufklärung zu verweigern. Wenn diese Affäre nicht geklärt wird, verstärkt sich in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass im Niedersächsischen Parlament Vorgänge unter den Tisch gekehrt werden sollen. Das würde den Rechtsstaat weiter schwächen und die Politikverdrossenheit verstärken.”

Die Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Landtag, Kreszentia Flauger, erklärte:

„Wir begrüßen die staatsanwaltlichen Ermittlungen. Es ist bezeichnend für die ganze Affäre, dass nun auch noch Wulffs langjähriger Vertrauter und wichtigster Stratege unter Verdacht steht. Es wird deutlich, wie wichtig die Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der ‚Causa Wulff‘ ist. Nur so können Zeugen vorgeladen werden, die unter Eid aussagen. Wir fordern SPD und Grüne auf, ihren Worten Taten folgen zu lassen und der Einsetzung eines solchen Ausschusses zuzustimmen. Es ist Zeit, endlich Farbe zu bekennen“

Weitere Stellungnahmen liegen bisher nicht vor.


mehr News aus Wolfenbüttel


Themen zu diesem Artikel


SPD SPD Wolfenbüttel CDU Die Linke Justiz