Der Innenminister Uwe Schünemann sprach gestern in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages über die Entwürfe der Brandschutz- und Rettungsdienstgesetze in Niedersachsen. Schünemanns Reaktionen auf die Entwürfe im Folgenden ungekürzt und unkommentiert.
Brandschutz – zum Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und FDP:
[image=5e1764ca785549ede64ccf5e]“Der demografische Wandel stellt unsere Gesellschaft in vielerlei Hinsicht vor große Herausforderungen. Das gilt auch für die Feuerwehren. So kam der Abschlussbericht über die „Sicherstellung des Brandschutzes unter besonderer Berücksichtigung des demografischen Wandels“ unter anderem zu dem Ergebnis, dass sich Teile des rechtlichen Rahmens überholt haben und diese teilweise anzupassen, zu erneuern und zu erweitern seien.
Noch gilt ohne jede Einschränkung: Der Brandschutz in Niedersachsen ist hervorragend aufgestellt. Die Feuerwehren nehmen ihre unverzichtbaren Aufgaben zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger im ganzen Land hoch motiviert, engagiert und oftmals unter Einsatz ihres eigenen Lebens wahr. Dabei soll es auch bleiben. Hierfür ist es notwendig, das Brandschutzgesetz jetzt zu ändern und so die gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass unsere Feuerwehren auch in Zukunft erfolgreich und hoch motiviert ihre Aufgaben erfüllen können. Noch können wir die Zukunft unserer Feuerwehren angesichts des bevorstehenden demografischen Wandels aktiv gestalten und müssen nicht reagieren.
In den vier Regionalkonferenzen mit Führungskräften der Feuerwehren konnte ich mir im vergangenen Jahr ein direktes Bild von der Stimmung bei den Feuerwehrfrauen und -männern im ganzen Land machen. Sie haben mir ihre Sorgen und Nöte ebenso mitgeteilt, wie ihre Wünsche an den Gesetzgeber. Ich will nur auf einige eingehen, die erfreulicherweise Niederschlag in den vorliegenden Gesetzentwurf gefunden haben: Die sogenannte Unvereinbarkeit zwischen Haupt- und Ehrenamt führte bislang immer wieder zu Diskussionen.
In der Tat ist es schwer verständlich, dass ein Beamter einer Berufsfeuerwehr sich nach geltender Rechtslage nicht ehrenamtlich als Führungskraft in der Freiwilligen Feuerwehr engagieren kann. Eine solche Einschränkung passt nicht mehr in die heutige Zeit. Deshalb ist es nur konsequent, dass sie im Gesetzentwurf nicht mehr enthalten ist.
Eine weitere Forderung war die Einführung der Doppelmitgliedschaft. Warum soll ehrenamtliches Engagement in der Feuerwehr vor Gemeindegrenzen halt machen oder allein vom Einwohnerstatus bestimmt sein? Der Entwurf folgt dieser Forderung: Wer an seinem Wohnort Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist, kann nun auch Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr an seinem Arbeitsort werden, um dort für Einsätze zur Verfügung zu stehen.
Auch war es an der Zeit, – und zwar unter Benennung der sprachlich fest verwurzelten Bezeichnungen – „Kinderfeuerwehren“ und „Jugendfeuerwehren“ im Gesetz zu verankern. Dies ist besonders wichtig, da vor dem Hintergrund des demografischen Wandels immer mehr Organisationen und Vereine um den Nachwuchs „konkurrieren“. Und zu verstecken brauchen sich die Feuerwehren mit ihrer erfolgreichen Kinder- und Jugendarbeit wahrlich nicht.
Gleichermaßen gilt dies für die Brandschutzerziehung und die Brandschutzaufklärung. Auch hier folgt das Gesetz einer erfolgreichen Praxis, ohne die Gemeinden zu einer zusätzlichen Aufgabe zu verpflichten. Die Bedeutung der Aufgabe, die Feuerwehrangehörige schon heute – insbesondere mit Unterstützung des Landesfeuerwehrverbandes und der Öffentlichen Versicherer – ehrenamtlich erfolgreich wahrnehmen, wird unterstrichen und entsprechend gewürdigt. Auf der anderen Seite stehen die Kommunen als Aufgaben- und als Kostenträger. Es liegt in der Natur der Sache, dass hier ein besonderer Blick den Kosten gilt. Deshalb ist es wichtig, dass der vorliegende Gesetzentwurf auch den Vorstellungen der Aufgabenträger Rechnung trägt.
Ich halte es für richtig, dass die Gemeinden die Befugnis erhalten, den „Verursacher“ besonderer Gefahren mit in die Pflicht zu nehmen. Ich bin mir sicher, dass die Verantwortlichen in den Gemeinden mit ihrer neuen Befugnis sorgfältig, ausgewogen und unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Unternehmen umgehen werden. Außerdem ist es zu begrüßen, dass Gemeinden sich Einsatzkosten in einem erweiterten Rahmen erstatten lassen können. Ich denke, dass dies gelungen ist, ohne dadurch am Grundsatz der Unentgeltlichkeit zu rütteln.
Abschließend möchte ich noch das Stichwort Altersgrenze aufgreifen. Der Entwurf hält an der Grenze von 62 Jahren für Mitglieder der Einsatzabteilungen der Freiwilligen Feuerwehren fest. Aus den vier Regionalkonferenzen im vergangenen Jahr mit Führungskräften der Feuerwehren und aus der Konferenz mit Hauptverwaltungsbeamten habe ich ein unterschiedliches Meinungsbild aufnehmen können. Es gibt gute Gründe für das Festhalten an der bisherigen Altersgrenze. Ebenso sind die Gründe für eine Anhebung nachvollziehbar. Am Ende der parlamentarischen Beratungen wird sich ein Meinungsbild herauskristallisiert haben, nur vermag ich hier und heute dies noch nicht vorherzusagen.
Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Gesetzesentwurf das Ehrenamt stärkt und fördert und dort, wo es erforderlich ist, auch entlastet. Er erweitert den Handlungsspielraum der Kommunen, ihre Feuerwehren bedarfs- und risikoabhängig aufzustellen.
Er erweitert den Rahmen hinsichtlich der Abrechnungsmöglichkeiten von Einsatzkosten und im Hinblick auf die Finanzierung eines bedarfs- und risikogerechten Brandschutzes.
Der Entwurf schafft einen stabilen in die Zukunft weisenden Rahmen für die flächendeckende Sicherstellung des Brandschutzes und der Hilfeleistung, ohne dabei von bewährten Grundsätzen und Strukturen – wie z.B. der Ehrenamtlichkeit – abzurücken.”
Rettungsdienst – zum Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD, FDP und CDU:
“Die Niedersächsische Landesregierung begrüßt die Novellierung des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes und den breiten Konsens, auf den der Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP hier im Landtag stößt. Ich freue mich über die Zustimmung der SPD-Fraktion! Insbesondere für das neue Konzessionsmodell bedeutet dies einen guten Start.
Es ist mir als Kommunalminister wichtig, festzustellen, dass mit dem neuen Konzessionsmodell der Gestaltungs- und Handlungsspielraum der zuständigen Rettungsdienstträger deutlich erweitert wird. Die kommunalen Rettungsdienstträger erhalten damit eine zusätzliche Option. Die im eigenen Wirkungskreis agierenden Rettungsdienstträger werden auch in Zukunft folgende Möglichkeiten haben:
Erstens: Die eigene Wahrnehmung des Rettungsdienstes
Zweitens: Die teilweise Beauftragung von Hilfsorganisationen oder privaten Anbietern
Drittens: Die vollständige Beauftragung von Hilfsorganisationen oder privaten Anbietern.
Neu ist, dass die Beauftragung nunmehr entweder im Rahmen des Submissionsmodells oder aber durch eine oder mehrere Konzessionen für den gesamten oder für Teile des Rettungsdienstbereichs erfolgen kann. In Niedersachsen wird es zukünftig möglich sein, aus zwei unterschiedlichen Modellen eines auszuwählen. Damit übernehmen wir bundesweit eine Vorreiterrolle.
Mit dem Konzessionsmodell wird den kommunalen Rettungsdiensträgern damit eine weitere Option eingeräumt, die neue Chancen eröffnet: Jeder Rettungsdienstträger kann in Zukunft unter Berücksichtigung der örtlichen Strukturen und Besonderheiten wählen, ob er den Rettungsdienst selbst wahrnimmt und/oder eines der beiden Modelle anwendet.
Die Vergabe von Konzessionen unterliegt – anders als die Beauftragung nach dem Submissionsmodell – nicht den strengen vergaberechtlichen Vorschriften. Gleichwohl muss natürlich auch eine Konzessionserteilung ermessensfehlerfrei erfolgen, d.h. es müssen nachvollziehbare Kriterien festgelegt werden. Bestimmte Grundsätze, wie Chancengleichheit, Nichtdiskriminierung und das Transparenzgebot, sind selbstverständlich zu beachten. Handlungsbedarf ist durch die beiden Urteile des EuGH vom 29.04.2010 zum sogenannten Submissionsmodell und vom 10.03.2011 zum sogenannten Konzessionsmodell entstanden. Daran darf ich noch einmal erinnern. Der Einfluss der EU auf die Länder und deren Gesetzgebung ist hier einmal mehr deutlich geworden.
Das Land hat sich daher – wie es im eigenen Wirkungskreis der Kommunen geübte Praxis ist – bei der Novelle nur auf die notwendigen Regelungen beschränkt. Dies sind insbesondere die Regelungen über die Plankosten in § 14 NRettDG. Hinzu kommt der neue § 15a NRettDG, der Vorgaben zu den Entgeltverhandlungen zwischen den Kostenträgern, den Konzessionären und den beteiligten Trägern des Rettungsdienstes enthält. Die Kommunen erhalten genügend Spielraum, um die Einzelheiten in den in eigener Verantwortung zu vergebenen Konzessionen zu regeln. Allerdings wird das Land, und das betone ich ausdrücklich, seine Kommunen insbesondere bei der Umsetzung des Modells weiterhin unterstützen.
So wird der Landesausschuss Rettungsdienst, in dem alle Beteiligten – dies sind die Rettungsdienst- und die Kostenträger, die Beauftragten und die Ärzteschaft – vertreten sind, schon zeitnah beginnen, Empfehlungen zu erarbeiten. Diese werden wie gewohnt im Ministerialblatt veröffentlicht. Diese Praxis funktioniert seit Jahren beim Submissionsmodell ausgezeichnet.
Der Gesetzentwurf enthält neben der Einführung des Konzessionsmodells zwei weitere wichtige Änderungen:
Zum Einen dient die Definition des Begriffes „Großschadensereignis“ der Klarstellung: Großschadensereignisse – bisher als sogenannte größere Notfälle im Gesetz bezeichnet – sind Bestandteil des Rettungsdienstes [vgl. § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1]. Zum Anderen haben wir auch eine Regelung in § 5 Abs. 1 NRettDG verankert, die es bei beiden Modellen in das Ermessen der kommunalen Träger stellt, „bei der Auswahl der Beauftragten die Eignung und Bereitschaft zur Mitwirkung am Katastrophenschutz sowie zur Bewältigung von Großschadensereignissen zu berücksichtigen“.
Mit dem zu beschließenden Gesetzentwurf gibt das Land den Rahmen vor, nun sind die kommunalen Träger am Zug.”
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