Cremlingen. Die Straßenausbaubeitrage in der Gemeinde Cremlingen sorgen weiter für Streit, eine Diskussion in den politischen Gremien wird es vorerst aber nicht geben. Die rot-grüne Mehrheit lehnte die Befassung mit einem Antrag zur Abschaffung der Beiträge in der Ratssitzung am Dienstag ab. Hierzu erreichten die Redaktion Pressemitteilungen sowohl der Gruppe SPD/Grüne, als auch der Gruppe Die Mitte (CDU, FDP, Haie), die den Antrag gestellt hatte.
„Die Straßenausbaubeitragssatzung wurde in der Vergangenheit ausführlich diskutiert und in der letzten Legislaturperiode zugunsten der Bürger verbessert. Der nun vorgelegte Antrag der Gruppe Die Mitte brachte keine neuen Aspekte zu diesem Thema. Daher haben wir diesen abgelehnt, auch um die Verwaltungskapazitäten zu schonen", so Dr. Peter Abramowski (SPD), Sprecher der Gruppe SPD/Grüne.
"Keine Vorschläge zur Finanzierung"
Sicherlich sei insbesondere bei sehr großen Grundstücken eine finanzielle Belastung gegeben. Die Gemeinde böte hier aber die Möglichkeit an, die Beiträge über längere Zeiträume zu zahlen. Zudem würden die betroffenen Bürger bei der Planung mit einbezogen und könnten Vorschläge einbringen. „Bei einem Entfall der Straßenausbaubeiträge wäre eine Kompensation nötig: Steuererhöhung, neue Schulden oder Entfall freiwilliger Leistungen – hier hat die Gruppe Die Mitte keine Vorschläge unterbreitet", ergänzt der stellvertretende Gruppensprecher Dr. Diethelm Krause-Hotopp (Grüne).
„Würden Grundstückseigentümer - die von einer Maßnahme am meisten profitieren - nicht mehr belastet, müssten alle Einwohnerinnen und Einwohner die Lasten tragen, auch wenn sie diese nie nutzen und auch keine Aufwertung des eigenen Vermögens erfahren. Diese Umverteilung wird von uns nicht mitgetragen“, so die finanzpolitische Sprecherin Mona Wikert (SPD).
"Zutiefst unsozialer Beitrag"
CDU, FDP und Haie sehen dies komplett anders. In einer gemeinsamen Pressemitteilung wird die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen als "zutiefst unsozialer Beitrag, der die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde über Gebühr belastet", bewertet. Gerade jetzt, wo jeder Einzelne mit den Folgen der hohen Inflation, den gestiegenen Energiepreisen und nicht zuletzt auch der mit der Ratsmehrheit beschlossenen Grundsteuererhöhung zu kämpfen habe, wäre die Abschaffung ein Zeichen in die richtige Richtung. Hinzu kämen in der Zukunft hohe Ausgaben für den von der Bundesregierung auferlegten Heizungswechsel.
Das Argument der fehlenden Gegenfinanzierung der entfallenden Beträge sei aus Sicht der Gruppe nicht stichhaltig. Bei einem Haushaltsvolumen von rund 25 Millionen Euro und einer Einnahme durch Straßenausbaubeiträge von voraussichtlich etwa 120.000 Euro (0,48 Prozent des Haushaltsvolumens) sollte das mit ein wenig Kreativität durchaus machbar sein, so die Gruppe. „Eine Finanzierung ist gesichert durch die erfolgte Erhöhung der Grundsteuer und durch Streichung weniger freiwilliger Leistungen. Der Umfang ist geringer als die jährlichen Kosten, die für das Begegnungszentrum (160.000 Euro jährlich) ausgegeben werden", erklärte Hermann Büsing (CDU) bei der Antragsbegründung.
"Diskussion nicht zu Ende geführt"
Bürgermeister Detlef Kaatz selbst habe ausgeführt, dass die Diskussion zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge vor Jahren nicht zu Ende geführt worden sei und dass damals nicht bekannt sein konnte, was bundespolitisch läuft und deshalb hier nicht beraten werden konnte. „Das wäre jetzt die Chance gewesen, gemeinsam mit einer breiten Mehrheit die Abschaffung der Beiträge zu diskutieren und einen vernünftigen Weg zu finden“, so der Gruppenvorsitzende Tobias Breske. „Leider wurde diese Möglichkeit schon vor der eigentlichen Beratung von der Ratsmehrheit aus SPD und GRÜNEN beerdigt. Das ist für mich nicht nachvollziehbar."
Diese Entscheidung sei laut der Gruppe Die Mitte auch bei den zahlreich anwesenden Bürgerinnen und Bürger, die die Einwohnerfragestunde der Ratssitzung genutzt hätten, um auch ihre Argumente für die Abschaffung der Zahlungen vorzubringen, auf Unverständnis gestoßen. Schilderungen von Zahlungsbescheiden über bis zu 17.000 Euro und der Angst, dafür die Altersvorsorge oder das als junge Familie gerade erst erstandene Einfamilienhaus in Gefahr zu bringen, seien ungehört geblieben. Insbesondere der Umstand, nicht einmal bereit zu sein, über den neuen Antrag überhaupt in Ausschüssen und Rat zu diskutieren, sei als mangelndes Demokratieverständnis kritisiert worden.
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