Vorwurf der Kinder-Diskriminierung: Stadtbad-Chef wehrt sich

In einem offenen Brief kritisiert ein Leser einige Vorschriften und Regelungen im Stadtbad als nicht kinderfreundlich. Die Stadtbetriebe Wolfenbüttel widersprechen.

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Das Stadtbad Okeraue. (Archivbild)
Das Stadtbad Okeraue. (Archivbild) | Foto: Julia Fricke

Wolfenbüttel. Kürzlich wurde die Stadt Wolfenbüttel erneut vom Niedersächsischen Wirtschaftsministerium als besonders kinder- und familienfreundlich ausgezeichnet. Einem Leser stieß diese Meldung sauer auf, insbesondere weil dort das Stadtbad Okeraue als besonders familienfreundlicher Betrieb genannt wird. Nach Ansicht des Lesers könnte nichts weiter von der Realität entfernt sein, denn seiner Meinung nach würden Kinder in diesem Stadtbad diskriminiert. In einem Schreiben, das unter anderem auch an unsere Redaktion ging, begründet der Leser seine These. Die Stadtbetriebe Wolfenbüttel widersprechen dieser Ansicht vehement.



Nach Ansicht des Lesers würden drei Punkte für die Diskriminierung von Kindern im Stadtbad sprechen: Kinder, die nicht in Begleitung Erwachsener sind, müssten das Bad abends zu bestimmten Zeiten verlassen. Für Kinder gebe es keine verbilligten Kurzzeitkarten, und allgemein seien die Preise teurer als in anderen Bädern der Region. Außerdem hätten Kinder unter 16 Jahren keinen Zutritt zur Sauna, was in der Region ebenfalls beispiellos sei. Knut Foraita, Geschäftsführer der Stadtbetriebe und Erster Stadtrat der Stadt Wolfenbüttel, äußert sich in einem Schreiben, das unserer Redaktion ebenfalls vorliegt, zu den Vorwürfen.

Aufgefordert, das Wasser zu verlassen


Um 18 Uhr würden Kinder unter 12 Jahren, die nicht in Begleitung Erwachsener das Stadtbad besuchen, aufgefordert, das Wasser zu verlassen. Kinder unter 14 Jahren müssten laut Badeordnung um 20 Uhr gehen, kritisiert der Leser. Begründet werde dies profan mit „Jugendschutz“, obwohl das Jugendschutzgesetz keine derartigen Regelungen vorsehe. Zudem werde diese Regelung den Kindern an der Kasse aus eigener Erfahrung regelmäßig nicht mitgeteilt, wenn sie zum Beispiel erst nach 16:30 Uhr das Stadtbad betreten. Sie würden also streng genommen "auch noch über den Tresen gezogen".

"Tatsächlich orientieren wir uns an den Regelungen des § 11 des Jugendschutzgesetzes, die für Kinobesuche von Kindern und Jugendlichen unter 14 Jahren eine zeitliche Begrenzung bis 20 Uhr vorsehen", klärt Knut Foraita auf. Die frühere zusätzliche zeitliche Begrenzung für Kinder und Jugendliche unter 12 Jahren sei offenbar zwischenzeitlich entfallen. Daher werde man intern diskutieren, ob und gegebenenfalls unter welchen Rahmenbedingungen diese Altersbeschränkung auch im Stadtbad Okeraue entfallen könne.

Im Dunkeln nach Hause


Generell habe der Jugendschutz die Aufgabe, jedwede örtliche oder sächliche Gefährdungspotenziale für Kinder und Jugendliche zu betrachten und gegebenenfalls zu deren Schutz mit Bestimmungen zu versehen. Da der Stadtbadbetrieb auch über die Wintermonate gehe, seien insbesondere die Stunden ab Einbruch der Dunkelheit auch dahingehend zu werten, dass nach dem Stadtbadbesuch noch der Heimweg anzutreten ist. Ein Verlassen des Beckens gegen 20 Uhr könne also durchaus dazu führen, dass das Kind oder der Jugendliche erst gegen 21 Uhr zu Hause eintrifft, bei Wohnorten außerhalb Wolfenbüttels sogar noch später, gibt Foraita zu bedenken.

In Sachen Informationen an der Kasse, sei das Personal nochmals angewiesen worden, auf die zeitliche Begrenzung bei unbegleiteten Minderjährigen hinzuweisen. Die Formulierung „über den Tresen gezogen“ halte der Geschäftsführer aber für unangemessen.

Kein Bedarf an Kurzzeittickets


Die Kritik, dass es keine verbilligten Kurzzeitkarten für Kinder gibt, entkräftet Knut Foraita zum einen damit, dass die Tageskarte für Kinder mit 4,50 Euro unter dem Preis des Sportschwimmertarifs für Erwachsene von 5 Euro liege. Zum anderen sehe man nicht den Bedarf für ein zeitlich verkürztes Ticket. "Kinder und Jugendliche halten sich nach eigenständigen zeitlichen Möglichkeiten und Kriterien im Bad auf. Das kurze und knackige ein paar Bahnen Ziehen ist den meisten Kindern und Jugendlichen dabei meist nicht zu eigen; sie wollen vorwiegend Freunde treffen und ihre Freizeit verbringen", ist sich der Stadtrat sicher. Der Behauptung, dass das Stadtbad für Kinder teurer sei, als andere Bäder der Region, widerspricht Foraita mit Verweis auf die Wolfenbüttel-Card.

Den Blicken ausgesetzt


Dass Kinder und Jugendliche, auch in Begleitung der Eltern, nicht in die Sauna dürfen, habe nichts damit zu tun, dass diese möglicherweise durch unangemessenes Verhalten stören könnten, betont Knut Foraita. Es gehe darum, diese zu schützen. Bei der Entscheidung habe die Sorge im Vordergrund gestanden, dass unbekleidete Kinder und Jugendliche den Blicken erwachsener unbekleideter Menschen ausgesetzt sind und umgekehrt. Es gehe hier vornehmlich um den Schutz derjenigen Minderjährigen, denen das Selbstbestimmungsrecht über ihren (nackten) Körper aus Altersgründen noch nicht unumwunden zugetraut werden könne.

Doch auch die Erwachsenen bräuchten Sicherheit, angesichts der mitunter strafrechtlichen Tragweite eventuell vorgeworfener Delikte, sich bei ihrem Saunabesuch nicht der Gefahr auszusetzen, einen verbotenen Blick auf ein unbekleidetes Mädchen oder einen nackten Jungen getätigt oder eine kritische Grenze des körperlichen Abstands unterschritten zu haben. Daher gelte das Verbot auch für Kinder in Begleitung der Eltern. Man habe für diese Regelung durchaus positive Resonanz der Besucher erhalten.


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