Wolfenbüttel. Während im Bereich rund um die Schützenstraße derzeit Wolfenbüttels erste Fahrradzone entsteht, stoppte der Rat der Stadt mit den mehrheitlichen Stimmen von SPD und CDU am gestrigen Mittwoch eine zweite geplante Fahrradzone im Bibliotheksquartier.
Die Straßenzüge Lessingstraße, Leibnizstraße, Anna-Vorwerk-Straße, Sophienstraße und die Schützenstraße im Abschnitt zwischen Friedrich-Ebert-Straße und Sophienstraße sollten, so sah es eine Verwaltungsvorlage vor, künftig vorrangig dem Radverkehr dienen. Doch daraus wird nun nichts.
Kampf um die Fahrradzone
Dabei hatten sich Stadtbaurat Klaus Benscheidt, Alexandra Tomerius (BUW/FDP) und Stefan Brix (Bündnis90/Die Grünen/Die PARTEI) vor der Abstimmung im Rat noch einmal ordentlich für die Umsetzung der zweiten Fahrradzone ins Zeug gelegt. So verkündete Benscheidt kurzfristig, dass die Verwaltung die Pläne überarbeitet und reduziert habe und so die Kosten von zunächst 243.000 Euro auf 160.000 Euro senken konnte. Durch eine Fördersumme von 80.000 Euro hätte die Stadtkasse nur noch für die Hälfte der Kosten selbst aufkommen müssen.
Alexandra Tomerius mahnte, dass die im Raume stehende Fahrradzone als Verlängerung zur ersten Fahrradzone Schützenstraße zu sehen sei. Nur zusammen würden beide Zonen die gewünschte Wirkung vollumfänglich entfalten können. Stefan Brix erinnerte zudem, dass es der gemeinsame politische Wille war, zunächst drei Fahrradzonen, darunter eben jene im Bibliotheksquartier, in Wolfenbüttel zu planen. Tatsächlich hatte der Rat der Stadt dies in seiner Sitzung am 22. März 2023 einstimmig, also auch mit den Stimmen von SPD und CDU, beschlossen. In 2020, damals allerdings noch in anderer Besetzung, ließ die SPD sogar noch prüfen, alle Tempo-30-Zonen im Stadtgebiet in Fahrradzonen umzuwandeln.
Nach Brix' Bekunden hätten er und Tomerius sich im Vorfeld zusammengesetzt, um Kompromisse auszuarbeiten, die eine Mehrheit im Rat finden könnten, um das Blatt der sich anbahnenden Ablehnung zur Fahrradzone doch noch wenden zu können. So schlug man unter anderem eine einfachere Abgrenzung der Fahrradzone, weniger Markierungen, einen Verzicht auf die Vorfahrtsregelung und weniger entfallende Parkplätze vor. Doch all das half nichts.
Parkplätze würden wegfallen
Der CDU-Fraktionsvorsitzende Marc Angerstein stellte klar, dass seine Fraktion nicht gegen Fahrradzonen sei. Eigentlich sei das Bibliotheksquartier aufgrund der baulichen Situation und des Verhaltens der Radfahrer aber bereits eine Fahrradzone. Bei den Breiten der Straßen könnten schon heute keine Fahrradfahrer überholt werden. Man spare sich daher nun die Bezeichnung und 80.000 Euro an Ausgaben und wolle darüber hinaus erst einmal eine Evaluation der Fahrradzone Schützenstraße abwarten, bevor man weitere Fahrradzonen beantrage.
Ralf Achilles, Fraktionsvorsitzender der SPD, begründete die mehrheitliche Ablehnung seiner Fraktion unter anderem mit den zunächst abzuwartenden Auswirkungen durch die Parkplatzlösung für die Sportanlage Meesche. Die SPD habe sich immer für Fahrradfahrer eingesetzt, man müsse aber auch zur Kenntnis nehmen, dass in der Innenstadt kaum noch die Möglichkeit bestehe, ein Auto abzustellen, meint Achilles. "Es gibt viele Menschen, die in und um Wolfenbüttel herum leben und die mit dem Kraftfahrzeug in die Stadt müssen. Und die können auch nicht alle in das eine Parkhaus fahren, das immer präferiert wird", sagte er. Für die Fahrradzone hätten gleich mehrere Parkplätze in dem Gebiet entfallen müssen.
"Kommt doch mal wieder in unsere Realität zurück!"
"Leute hört ihr euch manchmal selber zu, wenn ihr sagt, es gibt in der gesamten Innenstadt keine Parkplätze? Das stimmt doch nicht!", hielt Leonhard Pröttel (Bündnis90/Die Grünen) entgegen. "Kommt doch mal wieder in unsere Realität zurück!" Niemand werde in der geplanten Fahrradzone beschränkt, sagt Pröttel. Er wolle nun jeden Tag dort langgehen und Videos zum Beweis fertigen.
Eine Fahrradzone Bibliotheksquartier ist jetzt erst einmal vom Tisch - und damit auch die Fördersumme von 80.000 Euro, die bei einer Umsetzung bis zum Ende des Jahres zur Verfügung gestanden hätte.