Wenzel und Steinbrügge besuchen Endlager-Forschungsstätten


| Foto: Privat



Kreis Wolfenbüttel/ Schweiz. Mitglieder aus der Asse II-Begleitgruppe, dem Verein aufpASSEn und der AG Schacht Konrad haben den Niedersächsischen Umweltminister Stefan Wenzel bei seiner Informationsreise zu den Endlager-Forschungsstätten in der Schweiz begleitet. Neben der Energiepolitik der Schweiz und dem Steuerungselement der CO2-Abgabe standen die Speicherung von Energie in Pumpspeicher-Kraftwerken sowie die konzeptionelle Ausgestaltung der Atommüllendlagerung, die technischen Sicherheitsanforderungen eines Endlagers und der Beteiligungsprozess der Schweizer Bevölkerung im Mittelpunkt der Diskussionen. Hier wurden im Vergleich zu Deutschland deutliche Unterschiede offenbar.

In den Felslaboren Grimsel und Mont Terri, die im Granit bzw. im Opalinuston eingerichtet sind, wurden der Delegation aus Niedersachsen viele wissenschaftliche Arbeiten und Experimente der international besetzten Forschergemeinschaft vorgestellt. Ziel dieser Arbeiten ist es u.a., sowohl Kristallingesteine und Ton auf ihre Eignung als Wirtsgestein für ein Endlager, als auch Langzeitsicherheitsbedingungen zu untersuchen. Deutlich wurde, dass die Schweiz Deutschland im Forschungsbereich zwar weit voraus ist, dass viele wichtige Fragen aber noch offen sind.

Auch bei der konzeptionellen Ausgestaltung der nuklearen Entsorgung, die in der Schweiz gesetzlich festgelegt worden ist, gibt es Unterschiede. Zwar soll die Entsorgung in beiden Ländern in tiefen geologischen Wirtsgesteinen durchgeführt werden, doch in der Schweiz ist die Rückholbarkeit aller radioaktiven Abfälle bis zur endgültigen Schließung des Endlagers vorgeschrieben. Optional kann in der Schweiz zwischen der getrennten Unterbringung von hochradioaktiven sowie mittel- und schwachradioaktiven Abfällen, und einem sog. Kombilager, wo die Unterbringung aller Arten radioaktiver Abfälle an einem Standort in getrennten Lagerstätten geschehen kann, entschieden werden.

Im Unterschied dazu steht das deutsche Konzept der nicht-rückholbaren Endlagerung. Aktuell soll die Endlagerkommission Anforderungskriterien für eine Endlagerung erarbeiten. Die Fehler, die im Schacht Asse II gemacht wurden, müssen Konsequenzen haben, aus Sicht des Gesetzgebers jedoch ausschließlich für die Entsorgung hochradioaktiver Abfälle. Daran wird deutlich, so Dr. Christa Garms-Babke von der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, „dass die Bereitschaft, den Stand von Wissenschaft und Technik beim Endlager Konrad zu ignorieren größer zu sein scheint, als der politische Wille, den sanierungsbedürftigen Schacht Konrad auf der Grundlage der zu entwickelnden Anforderungskriterien neu zu bewerten. Die Möglichkeit einer Rückholung des Atommülls ist aus ethischer Sicht eine Mindestanforderung, um nicht ausschließbare Fehler korrigieren zu können“.

<a href= Störungszone im Opalinuston. ">
Störungszone im Opalinuston. Foto: Privat



Auf die Bedeutung der technischen und natürlichen Barrieren bei der Auswahl eines Endlagerbereiches tief in der Erde verweist Dipl.-Ing. Udo Dettmann von aufpASSEn. Vor allem dem Wirtsgestein als „natürliche Barriere“ komme eine ganz besondere Bedeutung zu. Und dafür ist es wichtig, dass dieses Gestein nicht gestört, nicht kaputt ist. In Mont Terri wurde beim Bohren des Stollens zufällig eine kleine Störung aufgeschlossen, die messtechnisch nicht gefunden wurde. „Zu klein, um in Messungen gefunden zu werden, doch genügend Potential, das ganze Endlagersystem absaufen zu lassen“ resümiert Dettmann. „Nur durch ein feinmaschiges Bohrschema in das schützende Gestein wäre sie auffindbar gewesen. Doch danach weiß ich eines ganz sicher: das Gestein ist kaputtgebohrt!“

Dr. Ralf Krupp, Geologe aus der Asse II-Begleitgruppe, interessierte sich insbesondere für die Auswirkungen von Wasser auf die Atommüllbehälter. Bei jeder genannten Kombination von Wirtsgestein und Behältermaterial wurde ihm
bestätigt, dass durch Korrosion der Metalle Wasserstoff entsteht. „Die gebildeten Mengen Wasserstoff können einen hohen Gasdruck aufbauen, der ab einem bestimmten Punkt das Grundwasser verdrängt. Die radioaktiv kontaminierten Lösungen und Gase können unter ungünstigen Umständen bis in die Biosphäre gelangen“ so der Wissenschaftler.

Im politischen System der Schweiz sind Volksentscheide ein wichtiger integraler Bestandteil. Und damit ist auch die Motivation viel höher, sich auch mit komplexen Themen auseinander zu setzen. Doch dabei fiel auf, dass seitens der
Bürgerinnen und Bürger insbesondere Interesse an den potenziellen übertägigen Anlagen von Endlagern geäußert wurde, mit Fokus auf den äußeren Sicherheitszäunen und die Verkehrsanbindung. „Natürlich interessiert die Anwohner, welchen Belastungen sie während der Einlagerungszeit ausgesetzt sind“, so die Landrätin Christiana Steinbrügge. „Zugleich darf diese Diskussion nicht von den großen Fragen und Herausforderungen wie der Langzeitfolgenabschätzung beim Betrieb von Zwischen- und Endlagern ablenken“.

<a href= Gebannt bei den Vorträgen, um gleich in die Diskussion einzusteigen (in der 1. Reihe sitzend, v.l.n.r.): Marcos Buser vom Institut für nachhaltige Abfallwirtschaft der Schweiz, Nds. Umweltminister Stefan Wenzel, Christiana Steinbrügge (Landrätin von Wolfenbüttel & Vorsitzende der Asse II-Begleitgruppe [A2B]), Martina Lammers (Kreistagsabgeordnete aus Lüchow-Dannenberg, Vorsitzende des Atomausschuss des Kreistages
Lüchow-Dannenberg), Heike Wiegel (Kreistagsabgeordnete von WF, Vorstandsmitglied aufpASSEn & A2B-Mitglied). ">
Gebannt bei den Vorträgen, um gleich in die Diskussion einzusteigen (in der 1. Reihe sitzend, v.l.n.r.): Marcos Buser vom Institut für nachhaltige Abfallwirtschaft der Schweiz, Nds. Umweltminister Stefan Wenzel, Christiana Steinbrügge (Landrätin von Wolfenbüttel & Vorsitzende der Asse II-Begleitgruppe [A2B]), Martina Lammers (Kreistagsabgeordnete aus Lüchow-Dannenberg, Vorsitzende des Atomausschuss des Kreistages
Lüchow-Dannenberg), Heike Wiegel (Kreistagsabgeordnete von WF, Vorstandsmitglied aufpASSEn & A2B-Mitglied). Foto: Privat

Zusammenfassend stellt die Kreistagsabgeordnete und Vorstandsmitglied im Verein aufpASSEn Heike Wiegel klar: „In Deutschland wurde bisher viel zu wenig in anderen Gesteinsarten für die Lagerung des Atommülls geforscht. Viel zu
früh hat man auf die Endlagerung im Salz gesetzt. Das größte Problem der Endlagerung ist Wasser und damit verbunden die Korrosion des Atommüllbehälter und die Ausbreitung der radioaktiven Schadstoffe. Dies wurde immer
wieder unterschätzt. Wichtig wäre, das Wissen und die Erfahrungen aus der Schweiz in der Arbeit der Endlagerkommission mit zu berücksichtigen.“

Das Fazit der Informationsreise an die Endlagerkommission lautet zum einen, dass alle Arten radioaktiver Abfälle in die konzeptionelle Neugestaltung der deutschen Atommüllentsorgung einbezogen werden, dass die Rückholbarkeit
der Abfälle festgelegt und ein zeitlicher Rahmen definiert wird. Zum anderen Vorschläge, wie und mit welchem Grad der Verbindlichkeit die Bevölkerung in den Standort-Auswahlprozess einbezogen wird.


mehr News aus Wolfenbüttel


Themen zu diesem Artikel


Störung