Wolfenbüttel: Stalking - Der "Weiße Ring Wolfenbüttel" hilft Betroffenen

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| Foto: Anke Donner)



In Deutschland werden jährlich rund 25.000 Menschen Opfer einer Straftat, die als Stalking bezeichnet wird (Quelle: Bundeskriminalamt). Mit Stalking wird das dauerhafte Nachstellen und Verfolgen einer Person gegen ihren Willen bezeichnet. Erst im März 2007 trat, mit Paragraph 238 des Strafgesetzbuches,das Stalking-Gesetz in Kraft, welches die Opfer schützen soll.

Der Grat ist schmal. Wann endet eine eher harmlose Belästigung und wann beginnt Stalking im Sinne von Paragraph 238? Und wo bekommt man Hilfe?

Eine die sich schon oft mit dem Thema auseinander setzten musste, ist Sigrid Greiner vom „Weißen Ring“ Wolfenbüttel. Seit 18 Jahren ist sie Außendienstellenleiterin des gemeinnützigen Vereins und hat schon einige Fälle von Stalking erlebt.

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Sigrid Greiner, "Weißer Ring e.V Wolfenbüttel" Foto: Anke Donner)



„Gott sei Dank waren es in all den Jahren nur 7 oder 8 Härtefälle, die ich begleitet habe“, erzählt sie unserer Online-Zeitung gegenüber. An einen Fall kann sie sich aber besonders gut erinnern. Das Opfer war damals eine junge Frau aus Wolfenbüttel, die über einen längeren Zeitraum von einem Mann verfolgt und belästigt wurde. „Die junge Frau aus Wolfenbüttel wurde massiv von einem Mann bedroht, beobachtet und verfolgt. Das ging soweit, dass sie aus ihrer Wohnung ausgezogen ist und nicht mehr arbeiten konnte“, erzählt Sigrid Greiner. Über Monate hinweg erhielt sie Anrufe und Briefe, die zeigten, dass sich der Täter in unmittelbarer Nähe aufhalten musste. Da er oftmals seinem Opfer in Briefen mitteilte, was es am entsprechenden Tag trug, wie seine Stimmung war und wann es das Haus verlassen hat. „Solche Informationen kann ein Täter nur wissen, wenn er sich im Umfeld des Opfers aufhält“, erklärt Greiner.


Die Wolfenbüttlerin hat dann aber genau richtig gehandelt. Sie hat Freunde, Familie und Kollegen über ihre Situation informiert, sich an den Weißen Ring gewand, eine Telefon-Fangschaltung eingerichtet und Kameras installiert. Sie konnte dem Täter damals durch die Videoüberwachung selber das Handwerk legen. Es war ein Mann aus dem Bekanntenkreis, den sie einmal flüchtig kennengelernt hatte.

Und so ist es oft. „Fast immer sind die Täter aus dem näheren Umfeld der Opfer. Und es sind mehr Männer, als Frauen, die einen anderen Menschen verfolgen und bedrohen“, erklärt Sigrid Greiner.

Anklage wurde in diesem Fall nicht erhoben, da nach Meinung der Staatsanwaltschaft kein öffentliches Interesse bestand. Das heißt, erst wenn eine massive Bedrohung und Gefahr für Menschen von dem Täter ausgeht, handelt die Staatsanwaltschaft. Den Opfern bleibt dann oft nur die zivilrechtliche Verfolgung des Täters.

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Helmut Orosz kennt das Gefühl, wenn man von Menschen belästigt und sogar verfolgt wird Foto:



Oft sind auch Personen des öffentlichen Lebens Opfer von Verfolgungen und Belästigungen. Der Wolfenbütteler Musiker Helmut Orosz kennt das Gefühl, wenn man belästigt wird. „Ich habe Fans, die an meiner Haustür klingeln und um ein Treffen bitten. Sogar bei meinen Eltern haben schon Leute angerufen und geklingelt. Das ist für meine Familie und mich sehr unangenehm. Manchmal denke ich, ich müsste gegen diese hartnäckigen Menschen etwas unternehmen“, erzählt „Helle“ unserer Online-Zeitung.

Wie die Täter ticken, was in ihren Köpfen vorgeht und was sie mit ihren Verfolgungen bezwecken wollen, ist meist unklar. Verschmähte Liebe, Nichtakzeptanz einer beendeten Beziehung oder Vernarrtheit können der Auslöser für das obsessive Belästigen oder Verfolgen eines Menschen sein. Oft sind sich Täter  gar nicht darüber im Klaren, dass sie eine Straftat begehen. Und die Aufschlüsselung, ob und wann es sich um eine Nachstellung handelt, ist von Amtswegen auch nicht einfach.

Denn meist werden Straftaten, die mit dem Stalking einhergehen, schon über andere Straftatbestände sanktioniert. Erst wenn nicht von Hausfriedensbruch, Körperverletzung, Sachbeschädigung, Bedrohung und Beleidigung gesprochen wird, greift der Paragraph 238. Bis zum Jahr 2007 war alles was unter diese Tatbestände fiel, nicht Strafbar. Der Paragraph 238 schloss diese Lücke zwischen Beleidigung, Bedrohung oder Körperverletzung und der Tat, die für das Opfer weit mehr ist, als nur eine unangenehme Belästigung.

Stellt ein Opfer Strafanzeige, ist es in der Beweispflicht, dass sich seine Lebensumstände massiv geändert haben. Dazu zählen Wohnort- und Arbeitsstellenwechsel, Namensänderung und die Aufgabe von Freizeitaktivitäten. Nicht ausreichend sind die Anschaffung eines  Anrufbeantworters, der Wechsel von Telefonnummer oder Mail-Adresse sowie geringfügige Veränderungen im Tagesablauf.

Kommt es zu einer Verurteilung eines Täters wird Stalking mit Gefängnisstrafen bis zu drei Jahren, oder empfindlichen Geldstrafen bestraft.

Sigrid Greiner empfiehlt, dass sich Opfer einer Nachstellung ihren Familien und Freunden anvertrauen sollen. „Gemeinsam können dann Wege gefunden werden, gegen den Täter vorzugehen“, erklärt sie.

Hilfe bekommt man auch beim „Weißen Ring“. Die Opfer werden durch die schwere Zeit begleitet, bekommen ihre Rechte vermittelt und können sogar finanzielle Hilfe bekommen, um beispielsweise Anwaltskosten zu decken. „Der Weg ist manchmal schwer, weil auch wir belegen müssen, dass diese Art von Hilfe nötig ist“, so Sigrid Greiner.

Es sei aber immer ein guter Weg sich an den „Weißen Ring“ zu wenden. Da Opfer oft überfordert sind und nicht mit der Situation umzugehen wissen.

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Strafverfolgung abgelehnt. Da kein öffentliches Interesse besteht, bleibt dem Opfer oft nur die Zivilrechtliche Verfolgung des Täters Foto:



In akuten Fällen hilft auch die Polizei. Frank Oppermann, Pressesprecher der Polizei Wolfenbüttel, erklärt unserer Online-Zeitung während eines Telefongesprächs,  dass die Polizei nur in akuten Fällen eingreifen kann. „Wenn ein Mensch sich durch einen anderen bedroht fühlt und ihn dieser vor seiner Tür auflauert, kann die Polizei einen Platzverweis bewirken. Mehr kann die Polizei im ersten Moment nicht tun. Die nächste Maßnahme wäre dann die Bewirkung eines Nährungsverbotes. Die muss aber beim Amtsgericht gestellt werden“, erklärt der Polizeikommissar. Natürlich handelt die Polizei auch dann, wenn der Tatbestand der Körperverletzung erfüllt wurde. Die Polizei rät den Betroffenen oft dazu, sich an den „Weißen Ring“ zu wenden. Das bestätigt auch Sigrid Greiner.

„Wer einmal Opfer geworden ist, kann sich direkt an uns wenden, oder den Weg über die Polizei wählen. Hilfe bekommt man ganz sicher. Die Menschen dürfen keine Angst davor haben, sich jemanden anzuvertrauen. Stalking ist eine ernst zunehmende Angelegenheit, die nicht verharmlost werden darf.“

Hilfe bekommen Opfer einer Stalking-Attacke über den „Weißen Ring“ Wolfenbüttel unter der Rufnummer 05331 935685 oder über das bundesweite Opfer-Telefon unter der Nummer: 116 006


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