Zwei Jahre McAllister - SPD stellt schlechtes Zeugnis aus




Heute ist Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister genau zwei Jahre im Amt. Die SPD-Landtagsfraktion hat diesen Jahrestag zum Anlass ge­nommen, um die Leistungen des Regierungschefs und seines Kabinetts zu würdigen. Frak­tionschef Stefan Schostok (Foto) zieht eine niederschmetternde Bilanz (wie immer ungekürzt und unkommentiert):

[image=5e1764c6785549ede64cce9a] „David McAllister ist es nicht gelungen der Landespolitik neue Impulse zu geben. Unter seinem Vorgänger war die Regierungspolitik zuletzt von Antriebslosigkeit geprägt. McAllister hat ihr keine neue Dynamik verleihen. In für Niedersachsen entscheidenden Politikfeldern zeich­net sich die von ihm geführte Landesregierung durch Ideenlosigkeit aus. Der für die Ener­giewende wichtige Ausbau der Erneuerbaren Energien in Niedersachsen stockt. In der Bil­dungspolitik setzt die Landesregierung ihren Konfrontationskurs trotz gegenteiliger Verspre­chen McAllisters fort. In der Finanzpolitik gibt es keinen sichtbaren Impuls, wie man die He­rausforderungen der Zukunft bewältigen will. Stattdessen konzentriert man sich auf eine Debatte über eine Nettoneuverschuldung ,Null‘ im Jahr 2017, die von politischem Kalkül und Wunschdenken geprägt ist und jeder fachlichen Grundlage entbehrt. Sozialpolitik findet bei McAllister de facto nicht statt. Die Innenpolitik ist zu einer Spielwiese persönlicher Vorlieben des Ministers Schünemann verkommen. Und bei der Aufarbeitung der Wulff-Affäre zeigt McAllister so wenig Aufklärungsbreitschaft, dass sein Verhalten schon selber als Skandal gelten muss. Der Ministerpräsident scheut die politische Auseinandersetzung. Offenbar ist sie ihm zu anstrengend und konfliktträchtig. Mit seinem Hang zu Selbstinszenierungen und zur Schönwetterpolitik bringt er aber das Land nicht voran. Wo entschlossenes Handeln nötig wäre, herrscht Stillstand. Und er ist nicht dazu in der Lage, begangene Fehler einzugestehen und sie abzustellen.“

Hier ausgewählte Kritikpunkte zur McAllister-Politik der vergangenen zwei Jahre in verschiedenen Politikfeldern:



Bildungspolitik

-       Das von McAllister versprochene Ende ideologischer Schulstrukturdebatten wurde im Gegenteil mit der Einführung einer neuen Schulform noch angeheizt. Der von ihm am 1. Juli 2010 angekündigter „Zukunftsvertrag Schule“ wurde still und leise beerdigt.

-       McAllister unterschätzt die Probleme, die sich aus dem Streit um Honorarverträge an Ganztagsschulen, der schlechten Situation bei der beruflichen Bildung sowie beim Krippenausbau ergeben. Er lässt alles laufen.

-       Die Ankündigung aus seiner Regierungserklärung, die Quote der Studierenden aus sogenannten bildungsfernen Schichten verbessern zu wollen, erschöpft sich in fünf kleinen Projekten mit einem Etat von einer Million Euro. Das größte Hemmnis aber, die Studiengebühren, lässt er unangetastet. Hier hat Niedersachsen schon fast ein Alleinstellungsmerkmal.



Finanzpolitik

-       Trotz erheblicher Steuermehreinnahmen in den vergangenen Jahren wächst die Staatsverschuldung in Niedersachsen kontinuierlich an. Sie wird im Januar 2013 die 60-Milliarden-Euro-Grenze durchbrechen.

-       Trotz der Ankündigung des Ministerpräsidenten in seiner Regierungserklärung vom 1. Juli 2010, alle Ausgaben des Landes auf den Prüfstand stellen zu wollen, steigen die Ausgaben des Landes immer noch schneller als die Einnahmen.

-       Vor dem Hintergrund der grundgesetzlichen Schuldenbremse verspricht die Landesregierung eine 180-Grad-Wende in ihrer Finanzpolitik, bleibt aber jede Erklärung schuldig, wie sie das schaffen will.



Wirtschaftspolitik

-       Der JadeWeserPort, Niedersachsens wichtigstes Wirtschafts- und Infrastrukturprojekt der vergangenen Jahrzehnte, musste wegen dilettantischen Krisenmanagements der Landesregierung einen großen Imageschaden hinnehmen. McAllister, der in seiner Regierungserklärung vom 1. Juli 2010 die wachsende Bedeutung der Häfen beschworen hatte, zieht viel zu spät die Notbremse. Der negative „mediale Gegenwert“ ist noch gar nicht zu beziffern.

-       Die Wirtschaftsförderung verkam unter McAllisters Vorgänger zu einem Selbstbedienungsladen für gute Freunde von Regierungsmitgliedern. McAllister hat es nicht vermocht, hier das Ruder herumzureißen. Die niedersächsische Wirtschaftsförderpolitik der CDU/FDP-Landesregierung trägt das Etikett „Vetternwirtschaft“.

 

Sozialpolitik

-       Von Anfang an war Sozialpolitik für Ministerpräsident McAllister ein weißer Fleck in der politischen Landschaft. Es gibt keine mutigen, vorwärtsgerichteten, programmatischen Vorstöße, Initiativen oder sozialpolitische Grundsatzentscheidungen. Neue Akzente fehlen.

-       Der von McAllisters Sozialministerin Özkan im November 2011 vorgestellte „Pflegepakt“ bringt keine konkreten Änderungen, er strotzt aber vor Ankündigungen und Prüfaufträgen.

-       Die aktuelle Novelle des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes (NKHG) ignoriert die demografische Herausforderung und schreibt die Verteilung von Landesmitteln im stationären Bereich nach Gutsherrenart fort.

-       Nicht zuletzt: kein Wort zur Inklusion, keine Berücksichtigung der neuen Rechte der UN-Behindertenrechtskonvention beim Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetz.

-       In der Integrationspolitik versucht sich die Landesregierung mit der schottischen Herkunft des Ministerpräsidenten und dem türkischstämmigen Hintergrund der Sozialministerin öffentlich zu profilieren. Inhaltlich praktiziert die Landesregierung jedoch weiter eine Ausländerpolitik des vergangenen Jahrhunderts.



Innenpolitik

-       In der Ausländer- und Flüchtlingspolitik verfolgt Niedersachsen einen streng restriktiven Kurs, der seit Jahren Proteststürme provoziert. Von einem „Einreiseland Niedersachsen“ wie es McAllister in seiner Regierungserklärung vom 1. Juli 2010 beschwor, ist man meilenweit entfernt. Niedersachsen gilt gerade nicht als Positivbeispiel für eine zukunftsgerichtete, nachhaltige Einwanderungspolitik. Der Ministerpräsident setzt kein Stoppschild für den Innenminister.

-       Die Qualität ihrer Kriminalitätsbekämpfung bemisst die Landesregierung allein an der jährlichen Kriminalitätsstatistik, die in ihrer Aussagekraft allerdings fragwürdig ist.

-       Bei der Extremismusbekämpfung wird der Schwerpunkt auf islamistische und linksextremistische Umtreibe gesetzt. Die Gefahren des Rechtsextremismus werden nach wie vor unterbewertet.



Umweltpolitik

-       Im Gegensatz zur Zielsetzung aus der Regierungserklärung vom 1. Juli 2010 reduzieren sich die Chancen, Niedersachsen zum großen Gewinner des Energiewandels zu entwickeln. Der Offshore-Ausbau liegt weit hinter dem Plan. Es gibt keinen Masterplan. Im Gegenteil: Die Landesregierung schaut tatenlos zu, wie der einzige in Niedersachsen ansässige Offshore Wirtschaftsbetrieb in die Insolvenz gerät.

-       Beim Netzausbau fährt die Landesregierung unter McAllister einen Zickzack-Kurs. Noch im März 2012 wird der Netzbetreiber Tennet aufgefordert, seine Verpflichtungen einzuhalten. Ein Vierteljahr später hat McAllister erkannt, dass seine Forderung nicht umsetzbar ist, und wendet sich an die Kanzlerin, sie solle über Teilverstaatlichungen nachdenken.

-       Es gibt grundsätzlich keinen Plan, wie in Niedersachsen die Energiewende vollzogen werden soll. Die von McAllister aufgeworfene zentrale Frage nach Rahmenbedingungen und Maßnahmen bleibt auch nach zwei Jahren unbeantwortet. Er zeigt mit dem Finger nach Berlin und fordert. Als verantwortlicher Ministerpräsident ist von ihm keine Handlung, kein Engagement nachweisbar.

-       Die Anstrengungen Niedersachsens für den technologischen und wirtschaftlichen Wandel im Bereich der Erneuerbaren Energien haben sich im Vergleich zu den anderen Ländern vermindert. Im Haushalt wurden Kürzungen vorgenommen. Stattdessen gab man viel Geld für Werbeanzeigen aus, in denen Niedersachsen als „Vorreiter in der Finanzierung neuer Energien“ gepriesen wurde.



Rechtspolitik

-       McAllister hat zugelassen, dass Niedersachsen die Umsetzung des Verfassungsgerichtsurteils zur Sicherungsverwahrung bewusst zögerlich angegangen ist. Im Vordergrund stand in Niedersachsen die Richterschelte.

-       Bei der Vorratsdatenspeicherung verfolgte die Landesregierung jahrelang den Kurs, den Sicherheitsbehörden möglichst viele Möglichkeiten einzuräumen. Auch Gerichtsurteile des Europäischen Gerichtshofes änderten daran wenig. Anstatt sich auf Bundesebene für eine einvernehmliche Lösung einzusetzen, beschränkte sich Niedersachsen auf Angriffe auf die Bundesjustizministerin.



Europapolitik

-       Die Landesregierung hat kein Europa- bzw. EU-Strukturförderkonzept. Sie fördert hauptsächlich Freunde und die Lobbyisten, die am lautesten rufen. Außerdem wird die Förderung nicht an den Ausbau von gut bezahlter nachhaltiger Arbeit geknüpft. Vielmehr wird der Niedriglohnsektor bezuschusst und der Wettbewerb verzerrt.


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