Zweimal am Tag für eine Stunde mit dem Hund raus - Wie realistisch ist das?

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft plant eine neue Tierschutzhundeverordnung. regionalHeute.de fragte, was unsere Bundestagsabgeordneten davon halten.

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Kann man wirklich die Gassizeit für Hunde per Verordnung regeln? Symbolbild
Kann man wirklich die Gassizeit für Hunde per Verordnung regeln? Symbolbild | Foto: regionalHeute.de

Berlin. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat in dieser Woche eine Änderung der Tierschutzhundeverordnung angekündigt. Neben Beschränkungen der Hundezucht werden auch konkrete Vorgaben für die Hundehaltung von Privatleuten genannt. Etwa, dass man verpflichtet ist, seinem Hund zweimal am Tag mindestens eine Stunde Auslauf zu gewähren. regionalHeute.de wollte nun wissen, wie die Bundestagsabgeordneten aus unserer Region zu diesen Plänen stehen.


Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Braunschweig, sieht die Verordnung ambivalent. Insbesondere die konkreten Vorgaben zum "Gassigehen" und deren Kontrollierbarkeit hält er für unrealistisch.

„Im Grunde unterstütze ich die geplanten Änderungen der Tierschutz-Hundeverordnung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Die Verschärfung die Anforderungen an die Hundezucht, Ausstellungsverbote für Tier mit Qualmerkmalen wie beispielsweise kupierten Ohren, spezielle Regeln für Herdenschutzhunde, nachgeschärfte Transportregeln sowie das Verbot der dauerhaften Leinenhaltung von Hunden finde ich gut und richtig. Sie wird das Leben der betroffenen Hunde verbessern.

Was ich – auch als langjähriger begeisterter Hundehalter – aber bedauerlich und kritisch erachte, ist der Versuch, eine zeitliche exakt definierte Hundeauslaufregelung in der Tierschutz-Hundeverordnung zu verankern. Durch die notwendiger Weise zu führende Diskussionen werden die guten Regelungen und Absichten in den Hintergrund gerückt. Eine zeitlich konkrete und allgemein gültige Auslaufregelung für Hunde lässt sich auf dem Papier nicht vorschreiben und ist lebensfremd.

Kein Amt kann überprüfen, ob Hunde zweimal täglich für insgesamt mindestens eine Stunde Auslauf im Freien hatten. Diese Kapazitäten der Ämter sollten für die Überwachung der Halter und Züchter eingesetzt werden, die ihren Hunden kein artgerechtes Leben bieten.

- Carsten Müller, CDU-Bundestagsabgeordneter aus Braunschweig


Zudem ist die zweimal-eine-Stunde-Reglung auch nicht auf jeden Hund und jeden Besitzer anwendbar. Dazu sind die jeweiligen Situationen, Hunde und Besitzer zu unterschiedlich. Niemand kann einen alten und möglicherweise körperlich bereits eingeschränkten Hund zwingen, zweimal eine Stunde Gassi zu gehen. Auch für Welpen ist es viel besser mehrere Male kleine Runden zu drehen. Und schließlich kann man von einigen Menschen ebenso wenig verlangen, dass sie zweimal täglich für mindestens eine Stunde mit dem Hund rausgehen. Trotzdem können diese Hunde und Welpen ein gutes Leben führen. Ich bin überzeugt, dass die ganz überwiegende Mehrzahl der Hundebesitzer und Züchter sich bereits mit viel Liebe und Engagement um ihre Hunde kümmern und ihnen ein tolles und artgerechtes Leben bieten. Die versuchte Festschreibung von starren Zeiten bringt, auch wenn das Anliegen des Freilaufs der Tiere richtig und unstrittig ist, jedoch keine Verbesserung. Hier lenkt es die Diskussionen um diese wichtige Verordnung nur in eine falsche Richtung.“


Carsten Müller.
Carsten Müller. Foto: CDU



Die CDU-Bundestagsabgeordnete für Gifhorn und Peine Ingrid Pahlmann begrüßt den Gesetzesentwurf:

"Mit den geplanten Änderungen der Tierschutzhundeverordnung gehen wir einen weiteren Schritt auf dem Weg zur artgerechteren Haltung von Hunden. Entscheidende Verbesserungen sollen nicht nur im Bereich der gewerbsmäßigen und privaten Hundezucht erreicht werden, sondern auch bei privaten Hundehaltern. So sieht der Änderungsentwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vor, das Halten von sogenannten 'Kettenhunden' zu verbieten sowie Regelungen zum Auslauf genauer zu fassen. Ziel ist es dabei, isolierte Zwingerhaltungen zu reduzieren. Ich unterstütze daher den Vorstoß unserer Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner - denn eine artgerechte und dem Tierwohl dienende Haltung beginnt nicht erst beim gewerbsmäßigen Züchter oder bei der Haltung von Herdenschutzhunden, sondern bei allen Hundehaltern."

Ingrid Pahlmann.
Ingrid Pahlmann. Foto: Tobias Koch



Falko Mohrs, SPD-Bundestagsabgeordneter für Wolfsburg und Helmstedt, geht die neue Tierschutzhundeverordnung in manchen Teilen nicht weit genug.

"Die sogenannte `Gassigeh-Verordnung´ ist eine Sommerlochverkürzung eines eigentlich wichtigen Themas. Grundsätzlich finde ich es
richtig, das Augenmerk auf die gute Haltung von Hunden zu richten. Gesetzgeberischen Handlungsbedarf in der Hundehaltung gab es, weil sich immer noch zu viele Menschen, die sich ein Haustier anschaffen, offensichtlich der Tragweite ihrer Entscheidung für ihren Alltag mit einem Hund nicht bewusst sind. Ich befürchte, dass gerade jetzt in Corona-Zeiten manch eine Entscheidung unüberlegt getroffen wird.

Der gute Start in ein Hundeleben ist wichtig. Das Verbot von Qualzuchten, der reinen Kettenhaltung und das angemessene Platz- und Betreuungsangebot für Hündinnen und ihre Welpen werden durch die neue Verordnung sichergestellt. Diese Regelungen für die Hundezucht sind kontrollierbar. Jeder Mensch, der sich einen Hund anschaffen möchte, trägt aber auch eine Verantwortung, nicht Kunde von Züchtern mit zweifelhaften Methoden zu werden. Es gibt genügend seriöse, die das Tierwohl - und nicht den reinen Profit - im Auge haben.

Was die Dauer der Gassi-Geh-Runde angeht, hängt diese ja auch von der Rasse ab - und liegt sinnvollerweise teils auch über einer Stunde. Die ganz große Mehrheit der Hundebesitzer wird aus Liebe zu ihrem Hund aus freien Stücken mehr täglichen Auslauf ermöglichen. Wie so oft im Leben geht es auch an dieser Stelle um die schwarzen Schafe."

Mindestens genauso wichtig wie die Punkte der Tierschutzhundeverordnung sind für mich allerdings auch andere Aspekte des Tierschutzes: Kastenhaltung, Kükenschreddern, Tiertransporte, die die Ministerin leider nicht mit dem gleichen Nachdruck angeht.]Mindestens genauso wichtig wie die Punkte der Tierschutzhundeverordnung sind für mich allerdings auch andere Aspekte des Tierschutzes: Kastenhaltung, Kükenschreddern, Tiertransporte, die die Ministerin leider nicht mit dem gleichen Nachdruck angeht.

- Falko Mohrs, SPD Bundestagsabgeordneter für Wolfsburg und Helmstedt.


Falko Mohrs.
Falko Mohrs. Foto: SPD Wolfsburg



Dr. Roy Kühne, CDU-Bundestagsabgeordneter für Goslar, sieht eher keinen Handlungsbedarf:

„Jeder, der sich wirklich ernsthaft mit Hunden beschäftigt, weiß, dass das aktive Tiere sind, die viel Bewegung benötigen. Mit der neuen Verordnung sollen deshalb die bereits ohnehin bestehenden Regelungen zum für Hunde erforderlichen Auslauf im Freien konkretisiert werden, um nicht artgerechte Haltungsbedingungen zu vermeiden. Ich gehe aber davon aus, dass der Umgang des Großteils der Hundebesitzer mit seinen Hunden sehr verantwortungsbewusst und liebevoll ist. Daher denke ich, dass in den allermeisten Fällen für ausreichend Auslauf, also mindestens zweimal am Tag und für insgesamt eine Stunde, gesorgt ist."

Dr. Roy Kühne
Dr. Roy Kühne Foto: Büro Dr. Roy Kühne



Auch die Bundestagsabgeordneten Hubertus Heil (SPD), Victor Perli (Die Linke), Pia Zimmermann (Die Linke) und Jens Kestner (AfD) wurden angefragt. Von ihnen kam bis zur gesetzten Frist keine Antwort. Diese werden gegebenenfalls nachträglich eingefügt.


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