ACAB-Plakate im Stadion: Beleidigung oder Meinungsfreiheit?

Nach dem letzten Heimspiel der Eintracht, ermittelt die Polizei. Doch hat das überhaupt Aussicht auf eine Anklage?

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Archivbild | Foto: Vollmer

Braunschweig. Am vergangenen Samstag hatten die Fans von Eintracht Braunschweig mehrfach Plakate mit der Aufschrift "ACAB" gezeigt - eine Abkürzung, die für "All Cops are Bastards" (frei übersetzt: "Alle Polizisten sind Schweine") steht. Eintrachts Stadionsprecher Stefan Lindstedt hatte sich noch während des Spiels für den Verein von den Bannern distanziert, später folgte eine Stellungnahme auf der Internetseite. Die Polizei vermeldete am heutigen Montag, dass man Ermittlungen wegen des Verdachts einer Beleidigung aufgenommen habe. Doch ist "ACAB" wirklich eine Beleidigung? Es gibt ein höchstrichterliches Urteil, das zu einer anderen Einschätzung gekommen ist.



Eintracht Braunschweig sei durchaus bewusst, dass das Verhältnis zwischen aktiven Fanszenen und der Polizei bundesweit oftmals schwierig ist, das rechtfertige aber diese Aussagen in keinster Weise, heißt es auf der Eintracht-Homepage. Kritische Äußerungen seien im Eintracht-Stadion zugelassen, Beleidigungen und Diffamierungen nicht. Dies gelte auch gegenüber der Polizei. Gemeinsam mit Polizei und Ordnungsdienst sei die Entscheidung getroffen worden, die Banner nicht aus dem Block zu entfernen, um die Situation nicht eskalieren zu lassen. Eintracht Braunschweig wolle den Vorfall gemeinsam mit den entsprechenden Netzwerkpartnern aufarbeiten. Mögliche strafrechtliche Konsequenzen würden durch die Polizei geprüft.

"Meinungsfreiheit respektieren"


Doch dass hier überhaupt eine Beleidigung im strafrechtlichen Sinne vorliegt, zweifelt die Blau-Gelbe-Hilfe, ein Verein der sich für Fanrechte einsetzt, an. Man erinnert in einem Statement auf der eigenen Homepage an einen Fall aus dem Jahr 2016, in dem man einen Fan vertreten habe, der ebenfalls ein entsprechendes Plakat gezeigt haben soll. Die strafrechtlichen Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt. Auch ein von der Stadt Braunschweig verhängtes Bußgeld wegen Verletzung der Stadion-Ordnung musste er nicht bezahlen (regionalHeute.de berichtete). Und auch in Richtung des Vereins Eintracht Braunschweig findet man klare Worte: "Wir würden uns wünschen, dass Eintracht Braunschweig die Meinungsfreiheit respektiert und beim nächsten nicht gerechtfertigten Polizeieinsatz eine ähnlich schnelle Reaktion zeigt."

"Eingriff in die Meinungsfreiheit nicht gerechtfertigt"


Und tatsächlich gibt es ein Urteil des höchsten deutschen Gerichtes, dem Bundesverfassungsgericht (BVG), welches die Ansicht bestärkt, dass ACAB von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Im Jahr 2016 kassierte das BVG zwei Verurteilungen von Personen - beide auch im Kontext von Fußballspielen - die die Buchstaben "ACAB" gezeigt hatten. "Die Verurteilung wegen Beleidigung gemäß § 185 Strafgesetzbuch (StGB) setzt voraus, dass sich die Äußerung auf eine hinreichend überschaubare und abgegrenzte Personengruppe bezieht; ansonsten ist der Eingriff in die Meinungsfreiheit nicht gerechtfertigt", heißt es in einer damaligen Pressemitteilung des Gerichtes.

Nach der Ansicht des BVG reiche es nicht aus, dass die Polizeikräfte, die die Parole „ACAB“ wahrnehmen, eine Teilgruppe aller Polizistinnen und Polizisten bildeten. Vielmehr bedürfe es einer personalisierenden Adressierung dieser Parole, für die in den vom BVG behandelten Fällen nichts ersichtlich gewesen sei. Das Wissen, dass Polizei im Stadion sei und die Parole wahrnehmen würde, reiche hierfür nach verfassungsrechtlichen Maßstäben nicht.


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