Braunschweig. Die gestrige Bezirksratssitzung des Stadtbezirkes 112 im Waggumer Kulturzentrum sollte endlich Klarheit und Transparenz hinsichtlich der Angebotssituation von Kita- und Krippenplätzen in den Stadtteilen Bevenrode, Waggum und Bienrode schaffen. Hierzu wurde der Fachbereich Kinder, Jugend und Soziales eingeladen und auch betroffene Eltern aus den Ortschaften hatten die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Der Bezirksrat kämpe seit Langem gemeinsam vor allem um eine Verbesserung des Betreuungsangebotes im Krippenbereich, so Tobias Zimmer (FDP), Michael Berger (CDU), Tatjana Jenzen (BIBS) in einer gemeinsamen Pressemitteilung.
In den drei betroffenen Stadtteilen mit circa 6.800 Einwohnern stünden lediglich 13 Krippenplätze plus einige wenige Tagespflegestellen zur Verfügung. Gerade in den letzten Jahren sei der Bedarf aber überproportional angestiegen. Neue Baugebiete in Waggum und Bevenrode sowie die bauliche Nachverdichtungen (zahlreiche Reihen- und Mehrfamilienhäuser) hätten zusammen mit dem ohnehin kontinuierlichen demografischen Wandel eine hohe Nachfrage nach einer verlässlichen, wohnortnahen und qualitativ hochwertigen Betreuung verstärkt.
Mehrfach habe der Bezirksrat durch gemeinsame Anfragen und Anträge auf diesen Missstand hingewiesen und endlich eine klare Positionierung der Stadt eingefordert. Die städtische Vorhaltefläche im Waggumer Neubaugebiet "Vor den Hörsten" sei überdies optimal für eine zweizügige Krippe geeignet. Leider hätten die Stellungnahmen und Antworten des zuständigen Fachbereiches bisher nur Ratlosigkeit und Frustration ausgelöst.
30 Minuten Anfahrt müssten die Eltern hinnehmen
Der Fachbereich habe versucht, die bisherige Linie der Stadtverwaltung darzulegen und habe auf ein großflächiges Betreuungsangebot im nördlichen Stadtgebiet von Braunschweig verwiesen. Die Eltern hätten die Wahlfreiheit zwischen verschiedenen städtischen, kirchlichen oder auch freien Trägerschaften und man fokussiere sich nicht auf einen Stadtteil oder ein begrenztes Gebiet. Es sei den Eltern durchaus zuzumuten, einen Weg von 30 Minuten mit dem ÖPNV auf sich zu nehmen, um die Kinder unterzubringen. Des Weiteren gebe es im Stadtgebiet andere Stadtteile wie die Weststadt, die noch deutlicher unterversorgt sind.
FDP, CDU und BIBS sind damit nicht zufrieden. Die Eltern im Bezirk erwarteten trotz einer breitflächigen Anmeldung in unterschiedlichen Einrichtungen häufig Absagen. Frustrierende Wartezeit sowie Unsicherheit und finanzielle Schwierigkeiten würden entstehen.
Die Lebenswirklichkeit erlaube es nicht, dass Familien mit zwei oder drei Kindern unterschiedliche Einrichtungen (Kita, Krippe, Schule) anfahren und hierbei so lange Fahrzeiten auf sich nehmen. Bevenroder oder Waggumer Kinder unter drei Jahren hätten nahezu keine Chancen, eine Versorgung innerhalb der fünf Kilometer Grenzen zu erhalten. Die angrenzenden Stadtteile seien ebenso unterversorgt und somit entstünden auch dort keine verlässlichen Kapazitäten.
Im Stich gelassen
"Es verfestigt sich der Eindruck, dass die Eltern im Norden im Stich gelassen werden. Man setzt auf die Flexibilität und die Geldbörse der Eltern und hofft von städtischer Seite, dass durch erzwungene Teilzeit und lange Fahrwege die Stadt um den Bau einer weiteren Einrichtung herumkommt", so FDP, CDU und BIBS. Dies sei nicht das Verständnis einer kinder- und familienfreundlichen Kommunalpolitik.
"Aus unserer Sicht ist es fahrlässig und skandalös, dass wir in der zweitgrößten Stadt Niedersachsens mit einer potenten Wirtschaft und einem lebendigen Familienleben nicht endlich das Problem eines nachhaltigen und vollumfassenden Betreuungsangebotes ins Zentrum der politischen Entscheidungen setzen. Eine hochwertige Kinderbetreuung und ein gutes Bildungssystem sind die Grundlage für die Zukunft unserer Stadt."
FDP, CDU und BIBS fordern eine Abkehr von der 45-Prozent-Versorgungsquote. Diese sei angesichts massiver Inflation verbunden mit einem nie da gewesenen Mangel an Arbeitskräften überholt und müsse kontinuierlich auf 80 Prozent angehoben werden. "Nur, wenn die Politik diese Ziele setzt, kann die Verwaltung die notwendigen Schritte einleiten", so die Fraktionen.
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